Stellungnahme zu Bildungsreformgesetz 2017 – Schulrecht (299/ME)

Beibehaltung des §27a

Sehr geehrte Damen und Herren!

Wien ist anders. Das öffentliche Wiener Pflichtschulsystem ist anders.

Für die Wiener Pflichtschulen würde das Autonomiepaket eine Reihe von gravierenden Verschlechterungen bedeuten, erfuhr ich auf der gestrigen Informationsveranstaltung der Wiener Pflichtschullehrer!

 

Das öffentliche Wiener Pflichtschulsystem hat in den letzten Jahrzehnten sehr erfolgreich aus Sonderschulen hochspezialisierte Zentren für Inklusion und Sonderpädagogik (ZIS) und dazugehörige ambulante Unterstützungssysteme entwickelt, die gewährleisten, dass die inklusive Beschulung von Kindern mit besonderen Bedürfnissen aller Art zu 90% in Regelklassen gelingt!

 

Unsere 8 Wiener Zentren für integrative Betreuungsformen von Kindern und Jugendlichen mit besonderen sozialen und emotionalen Bedürfnissen haben bestens vernetzt in den Regionen mit Kliniken, Amt für Jugend und Familie, Institut für Erziehungshilfe usw. große Erfahrung und Kompetenz für diese komplexe Aufgabe erworben.

Uns geht es um Kinder, die gar keine Lobby hinter sich haben, für deren Verbleib in der Regelschule wir tagtäglich kämpfen:

Kinder mit besonderen emotionalen und sozialen Bedürfnissen, also Kinder mit massiven emotionalen und/oder sozialen Verhaltensauffälligkeiten!

 Das sind Kinder mit psychologischen und psychiatrischen Diagnosen (AD(H)S, Mutismus und Autismus, Störung des Sozialverhaltens, Depression, Angststörungen usw.), Kinder mit sozialen und emotionalen Störungen, Kinder in Krisensituationen, traumatisierte Kinder, Kinder aus disfunktionalen Familien (Vernachlässigung, Misshandlung, Missbrauch), entwicklungsverzögerte Kinder, Kinder mit Wahrnehmungs­defiziten, Kinder psychisch kranker Eltern, fremduntergebrachte Kinder, Kinder und Jugendliche, die unter psychischen Entwicklungsstörungen leiden usw. usw. usw.

 

Wir BeratungslehrerInnen und PsychagogInnen brauchen dringend auch weiterhin regional kundige und fachlich kompetente Verantwortung und Vernetzung unserer ZIS vor Ort, damit die Prävention und die Förderressourcen, tatsächlich bei den Kindern ankommen!!!!

Die beabsichtigten zentralen Strukturen (Bildungsdirektion und Pädagogischer Dienst) können diese Qualität in einer Großstadt im Größenausmaß der Bundeshauptstadt niemals gewährleisten!!!!

Wenn Lehrerinnen und Schulleiterinnen nicht mehr weiterwissen, braucht es eine Außensicht: Clearing, Beratung, Bereitstellung von Supportpersonal.

Für diese anspruchsvolle Aufgabe der BeratungslehrerInnen und PsychagogInnen brauchen wir die Zugehörigkeit, Fachaufsicht, Fortbildung, Supervision, Vernetzung und Verantwortung unseren speziellen ZIS!!!

 Durch diese Organisationsform wird nämlich gewährleistet, dass wir eine hilfreiche „Außensicht“ auf die Problemsituation einbringen können und gleichzeitig durch die Fachkenntnis des Systems Schule von innen die nötige Praxisnähe und Akzeptanz der KollegInnen haben.

 Damit diese Qualität, die sich in Wien über viele Jahre etabliert und bewährt hat, nicht verlorengeht brauchen wir weiterhin unsere 8 regional zuständigen ZIS, die unseren fachlichen Austausch, Supervision, Fortbildung, in hervorragender Weise sicherstellen.

 

Ich fordere Sie deshalb auf, den §27 so zu adaptieren, dass die Wiener Zentren für Inklusion und Sonderpädagogik in ihrer bewährten, regional zuständigen Form weiterarbeiten können, als Garanten und Experten für Inklusion vor Ort

und nicht in die zentrale Bildungsdirektion eingebunden werden!!!!!!

 

Mit der Bitte um Kenntnisnahme und freundlichen Grüßen

Mag. Ilse Graf-Maier

Pädagogin, Psychologin,

Beratungslehrerin,

Beratungsteam Schulstart,

ZIS 9 Galileigasse