Sehr geehrte Damen und Herren!

Mit großer Sorge beobachten wir die geplanten Maßnahmen, die aus unserer Sicht nichts mit Bildungsreform – also positive, direkt beim Kind ankommenden Veränderungen zu tun haben.

Vielmehr befürchten wir ein „stilles“ Einsparungskonzept, das bisher sehr gut funktionierende Supportmaßnahmen (Beratungslehrer, Psychagogen, Autistenhilfe, I-Lehrer - um nur einige zu nennen) untergräbt. Die geplante Abschaffung von ZIS und SES bedeuten nicht nur für Lehrer und Lehrerinnen in Ballungszentren ein schier untragbares Szenarium – auch für betroffene Kinder und deren Eltern, die ganz bewusst einen geschützten Rahmen gesucht haben, bedeutet dies, sich in einem Schulsystem zurechtfinden zu müssen, das ihnen aufgrund der Klassengrößen diesen Rahmen nicht bieten kann. Der im Autonomiepaket beinhaltete mögliche Unterricht in Sequenzen von mehr als 25 SchülerInnen kann so nur als Hohn verstanden werden. Kämpfen in Wien doch die NMS mit steigenden Zahlen von Flüchtlingskindern, Schulverweigerern und einer nicht unerheblichen Zahl von sozial schwerst benachteiligten Kindern. Diesen Kindern hilft ganz bestimmt keine „Vorlesung“ im klassen-oder gar jahrgangsübergreifendem Rahmen – ganz im Gegenteil: Hier sind Kleingruppen gefragt, um auf die individuellen Bedürfnisse eingehen zu können!

In unserer Funktion als SchulleiterInnen stehen wir für 250-400 SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern tagtäglich zur Verfügung. Wie eine seriöse, individuelle Betreuung im Rahmen von Clusterschulen funktionieren soll, wo der Clusterleiter nicht vor Ort ist und der päd. Leiter den größten Teil seiner Lehrverpflichtung im Unterricht steht, ist rätselhaft und beinhaltet für uns, dass unsere bisherige Arbeit äußerst missachtet wird, da in Zukunft obsolet.

Als LeiterInnen in einem Wiener Inspektionsbezirk, indem seit mehr als 20 Jahren eine Förderkommission über die beste Beschulung von Kindern mit besonderen Bedürfnissen entscheidet, sind wir auch besonders darüber bestürzt, wie in den Medien bzgl. SPF-Vergabe berichtet und somit purer Populismus betrieben wird. Durch regionale Entscheidungen konnten bislang optimale Lösungen für die Schüler/innen gefunden werden. Wir bezweifeln, ob diese Qualität bei zentralen Entscheidungen aufrechterhalten werden kann.

 

Wir sind nicht gegen Veränderungen per se – es gibt genügend verbesserungswürdige „Baustellen“ im österreichischen Schulsystem – doch fragen wir uns, welchen Personen solch fragwürdige Beschlüsse einfallen – wir bezweifeln, dass es sich bei diesen sogenannten BildungsexpertInnen um Personen handelt, die gleichzeitig tagtäglich Schulalltag erleben und bewältigen!

Warum werden nicht LehrerInnen/LeiterInnen zur Entwicklung eines sinnvollen Bildungsreformpaketes hinzugezogen – denn das sind schließlich die SpezialistInnen, die tagtäglich ihr Bestes tun, um unsere Jugend zu selbständig und (eigen)verantwortlich denkenden Menschen zu begleiten!

 

Brigitte Hönninger, Angelika Riedl, Ulrike Kopriva, Andreas Szelinger, Manfred Baumgartner

Leiterinnen und Leiter von Neuen Mittelschulen aus dem 16.IB