Prof. MMag. Mag.iur. Gertraud Salzmann

Vorsitzende der AHS-Landesleitung Salzburg

VCL-Obfrau Landesverband Salzburg                                 

 

 

Stellungnahme zum Bildungsreformgesetz 2017

 

In offener Begutachtungsfrist nehme ich zum gegenständlichen Entwurf wie folgt Stellung. Mit der Veröffentlichung meiner Stellungnahme auf der Homepage des Parlaments erkläre ich mich ausdrücklich einverstanden.

 

Das Bildungsreformgesetz 2017 ist ein weiterer Versuch, die Bildung in unserem Land zu reformieren und zwar „kostenneutral“. Das wird aber so nicht funktionieren!

Das Schulwesen ist in Österreich seit Jahren massiv unterfinanziert. In den letzten 20 Jahren reduzierte sich der Anteil des BIP, der dem Schulwesen zur Verfügung gestellt wird, von 4,3 % auf 3,2 %, somit um ein Viertel. Der OECD-Mittelwert liegt immerhin bei 3,8 %. Den ÖsterreicherInnen wurde wiederholt verkündet, „Österreich leiste sich ein teures Bildungssystem“, allein die Fakten sprechen das Gegenteil! Um lediglich den OECD-Mittelwert zu erreichen, braucht das österreichische Schulsystem zwei Miilliarden € jährlich mehr an Budget. Diese zusätzliche Investition käme unseren Kindern, der Generation, die Österreich morgen führen und leiten soll, zugute! Selbst der Rechnungshof kritisiert die geplante „Kostenneutralität“ des vorliegenden Paketes, da er sie für nicht durchführbar hält.

Das vorliegende Gesetzeswerk ist in erster Linie ein Verwaltungsstrukturpaket, aber keine Reform der Bildung. Gerne zeige ich dies an einigen Punkten auf.

Die Aufhebung der Klassenschüler/innenhöchstzahlen und Teilungs-zahlenverordnung ist entschieden abzulehnen. SchülerInnen und LehrerInnen wollen keinen Unterricht in größeren Gruppen, da dadurch die Qualität des Unterrichtsertrages gefährdet ist und auch die räumlichen Kapazitäten in den Schulen dafür meist nicht vorhanden sind. Würde die derzeit gesetzlich vorgeschriebene Teilungszahl in allen Klassen eingehalten werden, würde das Mehrkosten von ca. 100 Mio. € pro Jahr bedeuten – wohlgemerkt: nur um die geltenden Gesetze einzuhalten! Ca. 30 - 40 % der AHS / BMHS überschreiten jährlich österreichweit die geltenden Klassenschülerhöchstzahlen. Anstatt den Schulen die notwendigen Ressourcen zu geben, hebt man nun die Klassenschülerhöchstzahl- und Teilungszahlenverordnung auf.

 

 

Schulen können und dürfen nicht nach überwiegend wirtschaftlichen Gesichtspunkten geführt werden, sondern pädagogische Gesichtspunkte und somit die möglichst beste Ausbildung für unsere Kinder müssen Vorrang haben!

In den letzten Jahren wurden ohnedies zahlreiche Stunden zu Lasten der Schüler/innen gekürzt, was v.a. auch das Angebot der Freigegenstände und unverbindlichen Übungen betraf. Eine kostenneutrale Umverteilung von Ressourcen hin zu Brennpunktschulen und somit auf Kosten von anderen Schulen kann niemals akzeptiert werden. Schüler/innen sollen entsprechend ihrer Talente, ihren Schwächen und Stärken gefördert werden (können), sei es in Volksschulen, in NMS, in sonderpädagogischen Zentren, in der AHS-Langform oder in den Schulen der BMHS! Dazu braucht es auch eine ausreichende Finanzierung aller Schulen. Wer Autonomie haben will, muss auch die nötigen Ressourcen zur Verfügung stellen! Sonst wird Autonomie sehr schnell zur Mangelverwaltung, dazu müssen uns unsere Kinder zu schade sein.

Jede Schule braucht auch ihre/n Direktor/in. Direktor/innen erfüllen wesentliche pädagogische Aufgaben und sind wichtige Ansprechpartner vor Ort für Eltern, Schüler, Lehrer und darüber hinaus für die Menschen in den Gemeinden. Schulcluster sind nur bei kleinen Schulen denkbar, um deren Bestand zu sichern. Ein Zusammenschluss von verschiedenen Schularten ist problematisch, da die Eigenständigkeit der jeweiligen Schulprofile und Ausbildungsziele gefährdet sein kann. Jedenfalls darf eine Clusterung nur freiwillig durchgeführt werden, wie BM Dr. Sonja Hammerschmid dies auch mehrfach versprochen hat.

Die Beschränkung der Mitbestimmungsrechte des demokratischen Gremiums der Schulpartnerschaft ist nicht akzeptabel. Zumindest die Beibehaltung der jetzigen, gesetzmäßigen schulpartnerschaftlichen Einbindung in wesentliche Entscheidungen ist Basis einer weitergehenden, bestens funktionierenden Einbindung von SchülerInnen, Eltern und LehrerInnen zum Wohl und im Interesse der besten Bildung, die wir ermöglichen wollen.

Österreich hat ein gut funktionierendes, differenziertes Schulsystem, in dem unsere Kinder bestmöglich gefördert und gefordert werden. Vielfalt, Chancengerechtigkeit sowie die Beibehaltung und der Ausbau der schulautonomen Schwerpunkte sind eine wesentliche Stärke unserer gut etablierten Schullandschaft in Österreich, um die uns viele Länder beneiden!

Pädagoginnen und Pädagogen leisten in den Schulen täglich unermüdlich eine wertvolle Arbeit, sie engagieren sich oft über das geforderte Maß hinaus für die beste Bildung unserer Kinder. Sie freuen sich über jede sinnvolle Qualitätsverbesserung unter pädagogischen Aspekten unter Einbeziehung der Betroffenen als Experten in Bildungsfragen!

 

Mit freundlichen Grüßen

Prof. MMag. Mag.iur. Gertraud Salzmann