FSG - Fraktion Sozialdemokratischer LehrerInnen an AHS

 

Stellungnahme zum „Autonomiepaket“

(Dienstrechtsnovelle 2017 / Bildungsreform)

 

In offener Frist übermittelt die FSG-AHS ihre Stellungnahme zu den oben genannten Entwürfen.

 

Grundsätzliches:

 

1)    Ressourcen

Der Entwurf reiht sich (leider) in die lange Liste jener sogenannten Schulreformen der letzten 20 Jahre ein, die vorgeblich eine Verbesserung des Unterrichts und damit eine deutliche Hebung der Bildungsqualität zum Zweck hatten. Dass sie diese Ziele nicht zu erreichen vermochten, beweist u.a. die Aussage der Bildungsministerin, die die Ergebnisse der österreichischen SchülerInnen bei den letzten PISA-Tests als „inakzeptabel“ bezeichnete.

Ihre eigentlichen Ziele erreichten die diversen „Reformen“ der diversen Ministerinnen allerdings punktgenau und in erklecklichem Ausmaß: Das österreichische Schulwesen wurde mit jeder „Schulreform“ billiger, die Ausgaben für das Schulwesen, gemessen am BIP, wurden von 4,2 % im Jahr 1999 auf nur mehr 3,2% im Jahr 2013 sehr deutlich zurückgefahren. (Der OECD-Schnitt liegt bei 3,8%.) Die FinanzministerInnen der letzten 2o Jahre haben den österreichischen Schulen zu geringe Ressourcen zur Verfügung gestellt, das Bildungsbudget ist seit vielen Jahren krass unterdotiert. Angesichts der neuen Herausforderungen (Flüchtlingsstrom, Integration, Globalisierung…) halten wir es für fahrlässig, an der Bildung zu sparen statt unsere Jugend tatsächlich zukunftstauglich ausbilden zu können.

Da der Entwurf unter  dem Gesamtmotto „Kostenneutralität“ steht und das Finanzministerium befürchtet, die Umstellung der Landesschulräte auf die neuen Bildungsdirektionen würde Mehrkosten verursachen, ist anzunehmen, dass für den Unterrichtsbetrieb künftig weniger Ressourcen zur Verfügung stehen. Das kann unser Bildungswesen wieder billiger machen, aber schwerlich verbessern.

 

2)    Autonomie

 

Bei Mangel an Ressourcen kann es durchaus sinnvoll sein, die Entscheidungen, was mit dem Wenigen gemacht werden soll, möglichst subsidiär den betroffenen Schulen zu überlassen. Dazu würde es eines für Österreichs Bildungswesen untypischen Verzichts auf Überreglementierung bedürfen, gepaart mit einer Art „finnischen“ Vertrauens in die Lehrer- und Schulpartnerschaft. Dazu kann sich dieser Entwurf nicht durchringen.

Mitbestimmungsmöglichkeiten der Schulpartner werden vielmehr vermindert. Obwohl in den Medien anders dargestellt, liegt etwa die Entscheidung, ob eine Schule „verclustert“ werden soll, keineswegs bei den Schulpartnern.

Autonomie, wie wir sie schätzen würden, sieht eindeutig anders aus.

 

Klassenschülerhöchstzahlen:

 

Schon derzeit sitzen an den AHS rund 43.000 SchülerInnen in Klassen, die die derzeit gültige Klassenschülerhöchstzahl von 25 überschreiten. Dieser unbefriedigende Zustand wird nun durch eine „Schulreform“ legalisiert. De facto wird das nur eine Folge zeitigen: Die Klassen und Lerngruppen werden künftig größer.

Das wird weder die Unterrichtsqualität erhöhen, die Individualisierung erleichtern oder die Integration zugewanderter, behinderter oder verhaltensauffälliger Kinder verbessern. Aber hier könnte sich durchaus Potential zu Einsparungsmaßnahmen verstecken.

 

Cluster:

Cluster, also die organisatorische Zusammenlegung von Schulen unter eine gemeinsame Leitung, ist durchaus sinnvoll, wenn es darum geht, kleine und kleinste Schulstandorte in Randregionen aus regionalpolitischen Erwägungen zu erhalten und dennoch nicht zu teuer werden zu lassen.

Die Zusammenlegung von mittelgroßen bis großen Schulen zu Einheiten „bis zu 2500 SchülerInnen“ entbehrt pädagogisch wie organisatorisch unserer Meinung nach jeglicher Sinnhaftigkeit. Warum sollten 4 Gymnasien mit jeweils 600 SchülerInnen besser funktionieren als derzeit, wenn ein „Clusterleiter“ nur in einem der 4 Standorte auch ständig vor Ort vorhanden ist? Was ist der pädagogische oder organisatorische Mehrwert? Ist die Einsparung von 3 Direktorengehältern (minus der Reisespesen zwischen den Standorten) die zunehmende Anonymisierung zu einem Großbetrieb mit Filialen, bei dem der Chef wohl kaum die Mehrheit seiner MitarbeiterInnen kennen wird, wirklich wert?

In Ballungszentren, wo es kaum Klein- oder Kleinstschulen gibt, sind Cluster entbehrlich bis kontraproduktiv.

Ministerin Hammerschmid wurde in den Medien mehrfach mit dem Satz zitiert, die Schulen suchen sich aus, ob sie verclustert werden wollen oder nicht. Im Gesetzesentwurf steht anderes. Wir hätten gerne, dass das Wort der Ministerin Gesetz wird.

 

Bildungsdirektionen:

 

Diese Umbenennung der Landesschulräte ist ein typisches Produkt der verkrampften föderalistischen Struktur des österreichischen Bildungswesens, in dem Bund und Bundesländer um Einfluss auf das Schulwesen ringen. Das schafft teilweise rechtlich originelle Konstruktionen, Weisungsketten der speziellen Art und laut Finanzministerium Kosten – aber keinen Bürokratieabbau. Ein Nutzen für die Schülerinnen und Schüler ist für uns nicht erkennbar.

 

Leitungsfunktionen:

 

Die derzeitige Gesetzeslage stellt sicher, dass SchulleiterInnen, die den Ansprüchen ihrer Schulpartner oder des Amtes nicht genügen, innerhalb der ersten vier Jahre abberufen werden können. Dass eine solche Abberufung bislang äußerst selten vorgekommen ist, erscheint uns  als positives Zeichen dafür, dass DirektorInnen ihre Sache doch recht gut machen dürften. Wir lehnen deshalb eine prinzipielle Befristung von Schulleiterstellen, die ohne Begründung erfolgen kann, ab. Das kann politische Eingriffsmöglichkeiten ermöglichen, die wir nicht wollen. Wer vier Jahre lang bewiesen hat, dass er/sie eine Schule anstandslos leiten kann, sollte das im Sinne seiner/ihrer Schule auch weiterhin tun.

Die vorgesehene Zusatzausbildung für Schulleiterinnen scheint uns mit 60 ECTS-Credits ein wenig überzogen zu sein.

 

Supportpersonal:

 

Der Entwurf schafft bestenfalls ein wenig mehr Verwaltungspersonal auf Kosten von Direktoren vor Ort oder größerer Klassen. An Österreichs Schulen fehlt aber vor allem auch qualifiziertes Supportpersonal (siehe TALIS-Studie). Wir benötigen dringend SchulpsychologInnen, SozialarbeiterInnen, LegasthenietrainerInnen, muttersprachliche ÜbersetzerInnen zur Integration von Flüchtlingskinder und ähnliches mehr. Und das vor Ort, an den Schulen.

 

Positives:

 

Wir begrüßen ausdrücklich die Verbesserung der dienstrechtlichen Situation junger Mütter durch die maximale Dauer befristeter Dienstverhältnisse (§ 38 Abs. 3 VBG).

Dass nicht mehr schulpflichtige Schüler als außerordentliche Schüler ein freiwilliges zehntes Schuljahr absolvieren können, halten wir nicht nur im Hinblick auf die Integration nicht mehr schulpflichtiger jugendlicher Flüchtlinge für sehr sinnvoll.

Unsere Zustimmung finden auch die verstärkten Möglichkeiten für die Schulärztinnen sowie die deutlich verbesserte Rechtssicherheit für LehrerInnen bei der Betreuung chronisch kranker Kinder.

 

 

Für die FSG-AHS:

 

Mag. Michael ZAHRADNIK (Wien)

Mag. Harald ZINIEL  (Burgenland)

Mag. Hannes AUBLINGER  (Burgenland)

Mag. Hermann MITTERSAKSCHMÖLER (Salzburg)

Mag. Markus ASTNER (Tirol)

Mag. Ulla ZEDROSSER-GRUBER (Kärnten)

Mag. Isabella KAISER (Wien)

MMag. Patricia GSENGER (Niederösterreich)

Mag. Heidi PETERMICHL (Oberöstereich)