Sehr geehrte Damen und Herren,

als Sonderschullehrerin an einer inklusiv-geführten Schule möchte ich hiermit zum Autonomiepaket Stellung beziehen.

Als ich im Herbst am Campus Seestadt zu arbeiten begann, fiel mir gleich zu Beginn auf, wie viel Wert auf das Wohl der Kinder gelegt wird. Sie sind das Herz der Schule und bringen die Klassenzimmer zum Leben. Jedes Kind auf seine Art. Darum gibt es an dieser Schule mehrere Arten von Klassen, um für jedes Kind individuell die bestmögliche Lernumgebung zu schaffen.

So ein System benötigt Ressourcen und erfahrenes Personal.

Im Autonomiepaket finden sich Punkte, dessen Auswirkung mir Sorgen bereiten, da sich dadurch die Qualität der Bildung der SchülerInnen und die Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte erheblich verschlechtern können.

SchülerInnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf brauchen, wie schon der Name sagt, Förderung. Und zwar brauchen sie in gewissen Bereichen mehr Unterstützung als andere Kinder. Dies erfordert nicht nur Geduld und Zuversicht, sie benötigt auch eine adäquate Lernumgebung, fachlich kompetentes Personal und zeitliche Ressourcen.

Durch die Aufhebung der SchülerInnenhöchstzahl (§14) kann es zu Überfüllungen in den Klassen kommen, was erhebliche Auswirkungen auf  die Entwicklung und das Lernen aller Kinder haben kann. Und wie sollen dann Kinder, die schon erschwerte Bedingungen für das Lernen mitbringen, in einer überfüllten Klasse zu ihrem Recht auf Bildung gelangen?

Ein weiterer Punkt ist die Einrichtung von Fachschulen für pädagogische Assistenz (Schulorganisationsgesetz § 63bc), eine grundsätzlich wünschenswerte Idee. Wenn ich aber bedenke, dass das Lehramt zur Allgemeinen Sonderschule abgeschafft wurde und künftig PrimarstufenlehrerInnen das gesamte Volksschul- und Sonderschulwissen abdecken sollen, dann wirkt die Einrichtung dieser Fachschule wie ein Rückschritt. Sollen diese pädagogischen AssistentInnen ohne Hochschulausbildung in Zukunft für SchülerInnen zuständig sein, die mit einer höheren Klassengröße nicht zurechtkommen, die mehr Unterstützung beim Lernen, der persönlichen Entwicklung und bei der Bewältigung des Schulalltags benötigen? Werden diese Kinder dann vom Unterricht mit den anderen Kindern exkludiert und von AssistentInnen betreut werden, da die KlassenlehrerInnen trotz ihrer Bemühungen nicht mehr jedem Kind gerecht werden können? Und werden diese Kinder dann womöglich vom Unterricht befreit, weil sie unter solchen Bedingungen „nicht mehr tragbar“ sind? Dann würde ich hier einen riesigen Rückschritt sehen, der auf Kosten der Kinder geht – und somit auch auf Kosten der Zukunft unserer Gesellschaft.

Der Paragraf § 27a ermöglichte bisher unter anderem, dass SchülerInnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf in allgemeine Schulen integriert werden können. Die Zentren für Inklusiv- und Sonderpädagogik stellten nicht nur das ausgebildete Personal, sondern auch mobile Hilfe und fachliche Unterstützung zur Verfügung. Durch die Aufhebung dieses Paragrafs wird sich definitiv die Qualität der Integration dieser Kinder verschlechtern, und wir entfernen uns wieder von dem Gedanken der Inklusion.

Mit freundlichen Grüßen,

Hannah Krenn-Grabner, BEd.