Elisabeth Fuchs

Lobmeyrgasse 5/41

1160 Wien

 

Stellungnahme zum Bildungsreformgesetz 2017 – Schulrecht (299/ME)

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Einige der in diesem Bildungsreformgesetz verankerten Maßnahmen sind für Ballungsräume und für Wien - die einzige Millionenstadt in Österreich -  nicht zielführend bzw. umsetzbar:

Ø  Die Bildung von Clustern mag durchaus eine sinnvolle Maßnahme sein, Klein- und Kleinstschulen besser und effizienter zu administrieren und organisieren und somit erhalten zu können. In Wien gibt es kaum einen Schulstandort mit weniger als 200 Schülern und Schülerinnen – im Gegenteil, meist sind es auch in Volksschulen wesentlich mehr. Die Einsparung von Direktoren und Direktorinnen und Ersetzung durch eine Bereichsleitung  mit wenigen Freistellungsstunden führt zwangsweise zu einem Verlust an Schulqualität und Entwicklungsarbeit. Die Überlegung zeigt deutlich auf, wie wenig über die tagtägliche Arbeit von Schulleitern und Schulleiterinnen bekannt ist. Das zeigt sich auch darin, dass administrative Unterstützung nur für Schulclusterleitungen angedacht ist, Schulleitungen von Einzelstandorten werden -  unabhängig von der Größe -  weiterhin keine solche Unterstützung bekommen werden.

Ø  Ebenso ist nicht nachvollziehbar, warum es ausschließlich getrennte Bundes- und Landesschulcluster geben soll, wenn das Ziel die bessere Kooperation von verschiedenen Schularten ist.

Ø  Der vorliegende Gesetzesentwurf stellt  die ganztägigen geführten Pflichtschulen in Wien vor große Schwierigkeiten. Die verschränkte Form der Ganztagsschule (GTVS/GTNMS) ist durch nicht mehr umsetzbar, und die nicht verschränkte Form (OVS/OMS), wird zur Verschränkung gezwungen.

Ø  Die Verlagerung vieler Entscheidungskompetenzen in die geplanten Bildungsdirektionen könnte dazu führen, dass pädagogische Entscheidungen in Zukunft nicht mehr von PädagogInnen getroffen werden. Vor allem die Abschaffung der Zentren für Inklusiv- und Sonderpädagogik (ZIS) in ihrer jetzigen Form als Kompetenzzentren ist entschieden abzulehnen!

Ø  Die bedarfsgerechte Ressourcenverteilung ist ein bedeutender Schritt in Richtung Chancengerechtigkeit – allerdings nur mit einer gleichzeitigen Erhöhung der Ressourcenzuteilung.

Ø  Die flexible Gestaltung von Klassen- und Gruppengrößen würde in Wien dazu führen, dass die Klassenschülerhöchstzahl von 25 überschritten werden muss.

Eine temporäre Veränderung der Schüleranzahl für die Dauer einer oder mehrerer  Unterrichtsstunden jedoch ist bereits jetzt ohne Gesetzesänderung möglich.

Das trifft auch auf andere pädagogische  Maßnahmen des Bildungsreformgesetzes zu, wie zum Beispiel die Auflösung der 50 Minuten – Einheiten oder der flexible Einsatz von Unterrichtsformen. Beides ist in vielen Schulen bereits seit längerer Zeit gelebte Praxis.

Es ist zu begrüßen, dass SchulleiterInnen mehr Mitbestimmungsrecht bei der Auswahl der LehrerInnen erhalten. Im Zuge des drohenden LehrerInnenmangels in den kommenden Jahren wird es aber weiterhin einer Regulierung bedürfen, die in Wien durch die PflichtschulinspektorInnen erfolgt, damit auch Standorte, mit schwierigeren Rahmenbedingungen jene  Lehrerinnen bekommen, die sie dringend brauchen.

Über weite Strecken in dieses Bildungsreformgesetz keine pädagogische Reform, die eine die direkte Verbesserungen für die SchülerInnen bringt, sondern eine Struktur- und Verwaltungsreform,  die dazu führt, dass wesentliche Entscheidungen im Bildungsbereich  in Zukunft nicht  mehr von PädagogInnen sondern von Verwaltungspersonal und Juristen getroffen werden.

Ich erkläre mich mit einer Veröffentlichung dieser Stellungnahme auf der Homepage des Österreichischen Parlaments ausdrücklich einverstanden.

Elisabeth Fuchs