SR. Dipl.Päd. OLfWE

Rosemarie Schaidreiter

Mühlbacherstraße 65

5500 Bischofshofen

 

 

 

 

Bundesministerium für Bildung
Minoritenplatz 5
1010 WIEN

 

 

 

Betreff:      Zahl: BMB-12.660/0001-Präs. 10/2017

Bildungsreformgesetz 2017  –  Schulrecht

STELLUNGNAHME

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Zum Begutachtungsentwurf betreffend das Bildungsreformgesetz 2017 erlaube ich mir folgende Stellungnahme:

 

Bei dem unter dem Begriff „Autonomiepaket“ vorgelegten Paket zur Bildungsreform handelt es sich – anders als von der Politik der Öffentlichkeit vermittelt – in weiten Teilen um ein Struktur- und Verwaltungspaket, dessen Maßnahmen unter dem Diktat der Kostenneutralität stehen.

Die geplanten Gesetzesänderungen im Bereich der Sonderpädagogik tragen keinesfalls zur Verbesserung der Lernsituation von Schüler/innen bei. Eltern und Schulleitungen werden Rechte entzogen, ein bewährtes regionales pädagogisches Supportsystem durch ein zentralistisches Verwaltungssystem ersetzt.

 

In der Konzeption des vorgelegten Schulrechtspakets sind umfassende Organisations- und Verwaltungsänderungen vorgesehen, welche tief in schulorganisatorische Verfassungsbestimmungen eingreifen. Zugleich finden sich berechtigte Interessen von

 

 

Schüler/innen, Lehrer/innen, Schulleitungen und Eltern im vorliegenden Entwurf nicht wieder.

 

§ 27a SchOG – Wegfall der Zentren für Inklusiv- und Sonderpädagogik

 

Die Streichung des § 27a SchOG bewirkt, dass die Zentren für Inklusiv- und Sonderpädagogik (ZIS) aufgelöst werden. Diese Aufgaben sollen zukünftig zentralistisch von der Abteilung Pädagogischer Dienst in der Bildungsdirektion wahrgenommen werden.

Dass hier (sonder-)pädagogische Fachkräfte zum Einsatz kommen wird nur noch als Möglichkeit angeführt. Damit besteht die Gefahr, dass pädagogische Fragestellungen ausschließlich unter juristischen und ökonomischen Gesichtspunkten entschieden werden. Die pädagogische Bewertung der individuellen Bedürfnislage des Kindes ist so nicht mehr gewährleistet. Die fachlich fundierte Bereitstellung und Koordination sonderpädagogischer Maßnahmen und somit auch die Sicherstellung einer bedarfsorientierten, an regionale Erfordernisse angepassten Ressourcenzuteilung, ist nicht mehr gegeben. Diese hochprofessionelle Tätigkeit muss im Sinne der betroffenen Kinder weiterhin von den Experten/innen der regionalen Zentren für Inklusiv- und Sonderpädagogik ausgeübt werden.

 

Ein wichtiges und gut funktionierendes Supportsystem für Landeslehrer/innen, die an allgemein bildenden Schulen für Schüler/innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf zusätzlich eingesetzt werden (§ 27a Abs.3), wird damit eliminiert. In Hinblick auf ein inklusives Schulsystem ist die Sicherstellung erforderlicher Qualitätskriterien sonderpädagogischer Förderung dadurch massiv gefährdet.

 

Sowohl Erziehungsberechtigte, als auch Lehrer/innen und Schulleiter/innen verlieren durch den Wegfall der Zentren für Inklusiv- und Sonderpädagogik ihre fachlich hochkompetenten Ansprechpartner/innen in der Region.

 

Die Streichung des Paragraphen 27a SchOG führt zu einem nicht vertretbaren Qualitätsverlust in der Begleitung von Schüler/innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf und gefährdet ihre - wie in der UN-Konvention gefordert - vollwertige Teilhabe an der Gesellschaft.

 

Alle Zentren für Inklusiv- und Sonderpädagogik (ZIS) müssen daher in ihrer jetzigen Form als Kompetenzzentren erhalten bleiben!

 

 

§ 8 SchPflG – Schulbesuch bei sonderpädagogischem Förderbedarfs

 

Durch den Entfall der bisherigen Verfahrensbestimmungen zur Antragstellung wird die alleinige Entscheidung über die Aufnahme eines entsprechenden Verfahrens zur Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs in die Zuständigkeit von Verwaltungsbeamten übertragen. Eltern und Schulleiter/innen wird dadurch das Recht entzogen, einen Antrag auf Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs zu stellen. Unter dem Deckmantel von Objektivität und Praktikabilität werden die bisher bestehenden Möglichkeiten einer Antragstellung ausgeschaltet, Eltern und Schulleitungen ihrer Handlungsmöglichkeiten zum Wohl des Kindes beraubt.

 

Die bisher verpflichtende Einholung eines sonderpädagogischen Gutachtens wird fakultativ. Die für die Zuerkennung des sonderpädagogischen Förderbedarfs unabdingbare (sonder-)pädagogische Expertise ist nicht mehr gewährleistet.

 

Implizites Ziel dieser „Reform“ ist es, die Anzahl der Schüler/innen mit sonderpädagogischen Förderbedarf zu senken. Nur ein nicht näher definierter Teil der so eingesparten Ressourcen soll jenen Kindern zugutekommen, denen zwar kein

sonderpädagogischer Förderbedarf zuerkannt wird, die für einen Schulabschluss jedoch auf Unterstützung angewiesen sind.

 

Eine solche Sparmaßnahme auf dem Rücken der Schwächsten der Gesellschaft ist aus unserer Sicht diskriminierend und unverantwortlich.

 

Die von uns angesprochenen Gesetzesänderungen erfüllen nicht im Mindesten den Anspruch an eine seriöse Bildungspolitik und tragen keinesfalls zu einer Verbesserung der Rahmenbedingungen für Eltern, Schüler/innen und Lehrer/innen bei. Sie werden von uns daher entschieden abgelehnt.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Rosemarie Schaidreiter