An die Begutachtungsstellen des

Bundesministeriums für Bildung

sowie die Abgeordneten des Nationalrats

Wien, April 2017

 

Stellungnahme der Elterninitiative VS Kunterbunt 1170 Wien

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Als Eltern von SchülerInnen der VS Kunterbunt, Halirschgasse 25, 1170 Wien, begrüßen wir grundsätzlich, dass es zu Veränderungen in den Strukturen des Bildungssystems der Pflichtschulen kommen wird, um die Zukunft unserer Kinder zu sichern. Da der vorliegende Entwurf und die aus dem Verhandlungszusammenhang bekannten Informationen jedoch abseits der geäußerten positiven Ziele auch viele Möglichkeiten eröffnen eine budgetgetriebene Verschlechterung der Personalressourcen herbeizuführen, möchten wir für unsere Kinder die Stimme erheben und mit dieser gemeinsamen Stellungnahme zum geplanten Autonomiepaket unsere Sorge Ausdruck verleihen.

 

Grundsätzlich möchten wir festhalten, dass es sich bei dieser Bildungsreform um eine Verwaltungsreform mit Sparmaßnahme unter dem getarnten Titel „Schulautonomiepaket“ handelt, die keinesfalls als „Bildungsreform“  betitelt werden kann!

Die durchaus positiv zu betrachtende Zusammenlegung von Bundes- und Länderkompetenzen in den Bildungsdirektionen und die damit verbundene Verwaltungseinsparung und Angleichung ist sicherlich ein begrüßenswerter Ansatz.

Grundsätzlich ist eine wirkliche Schulautonomie eine wünschenswerte Entwicklung, jedoch steht dieser der Entwurf in vielen Punkten eindeutig entgegen.

Gerade auch gut funktionierende Schulversuche, die bis dato autonom gestaltet werden konnten, werden auf Grund dieses „Autonomiepaketes“ nicht mehr realisierbar sein.

Es kann keine autonome und individuelle Entwicklung geben, wenn aus wirtschaftlichen Überlegungen Clustergrößen bis zu 2500 Kindern und  über 170 Lehrpersonen  an bis zu 8 Standorten entstehen sollen. Der Clusterentwurf  würde zwar vor allem in ländlichen Gebieten einen Schulerhalt von kleinen Standorten ermöglichen, allerdings in der angedachten Dimension steht wohl die Einsparung von Direktionsposten im Fokus. Aus unserer Sicht ist aber der direkte persönliche Kontakt aller Schulpartner für einen Lernerfolg und eine positive Persönlichkeitsentwicklung unabdingbar. Auch die Frage wie ein Clusterleiter die nötige Teamentwicklung und Qualitätssicherung  über bis zu 8 Standorte und über 170 Personen leiten soll, ist nicht nachvollziehbar.

Wir fordern daher eine deutliche Senkung der Clustergrößen und eine Aufwertung der Stunden für die Standortleitungen, um den Aufgaben der persönlichen Betreuung entsprechen zu können.

Ebenfalls fehlt in diesem Zusammenhang eine Berücksichtigung der immer stärker werdenden Notwendigkeiten soziale Problemstellungen im Schulalltag lösen zu können.

Der Entwurf verspricht zwar unter dem Titel der Autonomie auf regionale und demografische Unterschiede Rücksicht nehmen zu können, jedoch scheint dieser Spielraum aufgrund einheitlicher finanzieller Gegebenheiten nur sehr beschränkt zu sein. Individuelle Fördermaßnahmen für eine Zielgruppe gehen zwangsläufig auf Kosten anderer Kinder.

Die ersatzlose Abschaffung der Klassenschülerhöchstanzahl von 25, die Schließung der Zentren für Inklusion und Sonderpädagogik mit der daraus resultierenden Inkludierung der Kinder mit SPF in den Regelklassen und vermehrter Aufnahme von Kindern unterschiedlichster Herkunft und Migrationshintergrund, führt zu einer drastischen Qualitätsverminderung des Unterrichtes für alle Kinder und birgt die Gefahr, dass die Schwächsten nicht mehr genügend gefördert und die Guten nicht mehr gefordert werden können.

Eine autonome Regelung geringerer Schülerhöchstzahlen für Klassen mit lernschwachen Kindern oder Kinder mit besonderen Bedürfnissen zu führen, würde zwangsläufig zu einer Erhöhung der Schülerzahlen in den regulären Klassen führen.

Wir fordern daher die Festlegung eines Bewertungsschlüssels zur Berücksichtigung eines erhöhten Betreuungsaufwands egal aus welchem Titel (Behinderung, Fluchthintergrund, Sprachdefizit, Lernschwäche etc.),  um eine Schlechterstellung der restlichen Kinder zu vermeiden.

In diesem Zusammenhang scheint auch die Zentralisierung der SPF Einstufung, fragwürdig. Für viele Familien wird es dadurch zu weiten Anreisen und unangenehmen Testungen durch Fremde kommen. Da der Entwurf von einer Reduktion der SPF Zahlen ausgeht, ist auch mit restriktiveren Entscheidungen zu rechnen. Dies scheint umso unrealistischer als durch gesellschaftliche Faktoren die Anzahl von SPF Kindern steigend ist.                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              

 

Unter dem geplanten „Autonomiepaket“ sehen wir eine eklatante Verschlechterung in allen Punkten für alle Betroffenen. Sprich LehrerInnen, Eltern und speziell SchülerInnen insbesondere im Hinblick auf Kinder mit sonderpädagogischen Ansprüchen durch den heimlichen Wegfall des §27a! Wir beanstanden die Wegreduzierung der Ausbildung zum Sonder- und Heilpädagogen und den daraus resultierenden Wegfall der Integrationsklassen mit geringerer SchülerInnenanzahl und die Möglichkeit sich in einem geschützten Rahmen gemeinsam zu entwickeln und sich gegenseitig zu fördern.

 

Wir hoffen mit unserer Stellungnahme auf ein offenes Ohr und einen offenen Diskurs mit den Betroffenen.

 

Mit freundlichen Grüßen,

Martina Kuzmich

Nicole Rastelli

Mag. Fiona Rathmanner

Walter Rohringer

Rudolf Thiel

Ursula Thiel