Leiter Allgemeine Ambulanz und Notfallambulanz
Univ. Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde
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An die Begutachtungsstellen des
Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen
und des Parlaments, per e-Mail an
begutachtungsverfahren@parlament.gv.at
Graz, 12.05.2017
Stellungnahme
zum Entwurf des Primärversorgungsgesetzes 2017 – PVG 2017
Ich nehme zum Entwurf des PVG 2017 als davon betroffener Kinder- und Jugendarzt wie folgt Stellung:
Derzeit erfolgt die Primärversorgung von Kindern und Jugendlichen durch
Ärztinnen und Ärzte für Allgemeinmedizin und für
Pädiatrie. In beiden Arztgruppen gibt es zunehmende Probleme in der
Nachbesetzung von Kassenstellen, die Ursachen sind ähnlich. In der
Pädiatrie sind bereits viele Kassenstellen unbesetzt, es werden
Verträge zurückgelegt und die Altersstruktur lässt eine weitere
Zunahme des Problems erwarten.
Ursache der Entwicklung sind eine sehr hohe zeitliche und persönliche Belastung bei oft unbefriedigender Honorarsituation und ein Mangel an Möglichkeiten, mit neuen Organisationsformen diesen Problemen zu begegnen. Der vorliegende Entwurf des PVG beinhaltet positive Ansätze wie die Schaffung von multiprofessionellen, interdisziplinären Teams und die Zusammenarbeit mehrerer Ärztinnen und Ärzte in verschiedenen Formen. Damit sollen laut Vorblatt explizit Rahmenbedingungen geschaffen werden, die zu einer Attraktivierung der Niederlassung führen, aber leider nur für die Allgemeinmedizin.
Da diese Verbesserungen für uns Pädiaterinnen und Pädiater als
Primärversorger für die Altersgruppe 0-18 Jahre nicht vorgesehen
sind, wird es zu einem weiter sinkenden Interesse an Kassenverträgen
kommen, was die Situation für die noch vorhandenen Kolleginnen und
Kollegen mit Verträgen weiter verschärft. Die vorgesehene
Möglichkeit der Mitwirkung von Pädiaterinnen und/oder Pädiatern
im Kernteam einer PV-Einheit nur in Verbindung mit Ärztinnen und/oder
Ärzten für Allgemeinmedizin bei unverändertem Versorgungsauftrag
für alle Altersstufen ist keine geeignete Lösung.
Durch die einseitige Änderung des grundsätzlich bewährten dualen
Versorgungssystems würde es zu einer markanten Verschlechterung der
Versorgungsqualität für Kinder und Jugendliche kommen, da
Ärztinnen und Ärzte für Allgemeinmedizin für diese
Altersgruppe eine deutlich geringere Ausbildung haben.
Auch ist eine Zunahme des Patientenzustroms auf die ohnehin schon überlasteten
Spitalsambulanzen zu befürchten. Zur Entlastung der selben braucht es eine
qualitativ hochwertige Primärversorgung, die wiederum nur durch Ärzte
mit entsprechender Ausbildungsqualität gesichert werden kann.
Somit würde das im Gesetz gestellte Ziel einer qualitativ hochstehenden
Versorgung nicht nur nicht erreicht werden, sondern würde das Gesetz im
Gegenteil zu einer Verschlechterung beitragen.
Ich schlage vor, im PVG die Möglichkeit zu schaffen, dass Kinder- und
Jugendärztinnen und -ärzten unter Einschränkung des
Versorgungsauftrages auf die Altersgruppe von 0-18 Jahren die gleichen
Organisationsformen und Rahmenbedingungen wie den Ärztinnen und
Ärzten für Allgemeinmedizin offenstehen.
Dr. Gerald Wendelin