Prof. Dr. Waldegger Siegfried

Kinderklinik Innsbruck

Anichstr. 35

A-6020 Innsbruck

 

 

An die Begutachtungsstellen des

Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen

und des Parlaments, per e-Mail an

vera.pribitzer@bmgf.gv.at und

begutachtungsverfahren@parlament.gv.at

 

 

Innsbruck, am 17. Mai 2017

 

 

 

 

 

Stellungnahme zum Entwurf des Primärversorgungsgesetzes 2017

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

 

Ich nehme zum Entwurf des PVG 2017 als davon betroffener Kinder- und

Jugendarzt wie folgt Stellung:

 

Derzeit erfolgt die Primärversorgung von Kindern und Jugendlichen durch

Ärztinnen und Ärzte für Allgemeinmedizin und für Pädiatrie. In beiden

Arztgruppen gibt es zunehmende Probleme in der Nachbesetzung von

Kassenstellen, die Ursachen sind ähnlich. In der Pädiatrie sind bereits viele

Kassenstellen unbesetzt, es werden Verträge zurückgelegt und die

Altersstruktur lässt eine weitere Zunahme des Problems erwarten.

Ursache der Entwicklung sind eine sehr hohe zeitliche und persönliche

Belastung bei oft unbefriedigender Honorarsituation und ein Mangel an

Möglichkeiten, mit neuen Organisationsformen diesen Problemen zu

begegnen. Der vorliegende Entwurf des PVG beinhaltet positive Ansätze wie

die Schaffung von multiprofessionellen, interdisziplinären Teams und die

Zusammenarbeit mehrerer Ärztinnen und Ärzte in verschiedenen Formen.

Damit sollen laut Vorblatt explizit Rahmenbedingungen geschaffen werden, die

zu einer Attraktivierung der Niederlassung führen, aber leider nur für die

Allgemeinmedizin.

Da diese Verbesserungen für uns Pädiaterinnen und Pädiater als

Primärversorger für die Altersgruppe 0-18 Jahre nicht vorgesehen sind, wird es

zu einem weiter sinkenden Interesse an Kassenverträgen kommen, was die

Situation für die noch vorhandenen Kolleginnen und Kollegen mit Verträgen

weiter verschärft. Die vorgesehene Möglichkeit der Mitwirkung von

Pädiaterinnen und/oder Pädiatern im Kernteam einer PV-Einheit nur in

Verbindung mit Ärztinnen und/oder Ärzten für Allgemeinmedizin bei

unverändertem Versorgungsauftrag für alle Altersstufen ist keine geeignete

Lösung.

Durch die einseitige Änderung des grundsätzlich bewährten dualen

Versorgungssystems würde es zu einer markanten Verschlechterung der

Versorgungsqualität für Kinder und Jugendliche kommen, da Ärztinnen und

Ärzte für Allgemeinmedizin für diese Altersgruppe eine deutlich geringere

Ausbildung haben.

Somit würde das im Gesetz gestellte Ziel einer qualitativ hoch stehenden

Versorgung nicht nur nicht erreicht werden, sondern würde das Gesetz im

Gegenteil zu einer Verschlechterung beitragen.

Ich schlage vor, im PVG die Möglichkeit zu schaffen, dass Kinder- und

Jugendärztinnen und -ärzten unter Einschränkung des Versorgungsauftrages

auf die Altersgruppe von 0-18 Jahren die gleichen Organisationsformen und

Rahmenbedingungen wie den Ärztinnen und Ärzten für Allgemeinmedizin offen

stehen.

 

Hochachtungsvoll,

 

Prof. Dr. Siegfried Waldegger