Stellungnahme zum Entwurf des Primärversorgungsgesetzes 2017 und des Gesundheitsreformumsetzungs-gesetzes 2017

 
 

 

 

 

 

 

 


Wien, am 17. Mai 2017

 

 

 

Der ÖZIV Bundesverband – eine Interessenvertretung für Menschen mit Behinderungen - erlaubt sich, zu oben angeführtem Entwurf folgende Stellungnahme abzugeben mit der eindringlichen Bitte, dieser die notwendige Achtung und Ernsthaftigkeit teil werden zu lassen und im Interesse der betroffenen Menschen die geplante Gesetzesänderung zu korrigieren.

 

Als Verein, der sich für Menschen mit Behinderungen einsetzt, treten wir für die Ermöglichung einer selbstbestimmten und gleichberechtigen Lebensführung von Menschen mit Behinderungen ein, arbeiten an einem Abbau von Barrieren und Vorurteilen und befürworten den Inklusionsgedanken. Wir treten für bedarfsgerechte Angebote für Menschen mit Behinderungen ein und verfolgen so das langfristige Ziel, Menschen mit Behinderungen eine umfassende Teilhabe an der Gesellschaft in allen Facetten zu ermöglichen.

 

Inhaltlich wollen wir zum Entwurf folgendermaßen Stellung nehmen:

 

 

I.            Zu Artikel 1

 

a.   § 4 PVG – Anforderungen an die Primärversorgungseinheit:

 

Im weiteren Gesetzwerdungsprozess ist sicher zu stellen, dass die angeführten Anforderungen dahingehend präzisiert werden, dass sie den Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen entsprechen.

Insbesondere bei der Ausgestaltung von telemedizinischen, telefon- und internetbasierten Diensten gem. Z 4 ist darauf Bedacht zu nehmen, dass diese Dienste von Menschen mit Behinderungen genutzt werden können, daher kommunikative Barrieren beseitigt werden.

Auch sollte Z 7 (bedarfsgerechte Sprachdienstleistungen) dahingehend ergänzt werden, dass dies auch die österreichische Gebärdensprache und verständliche Sprache mitumfasst.

 

 

 

b.   § 12 PVG – Bezeichnungsschutz und Informationspflicht:

 

Es muss sicher gestellt werden, dass die genannten Informationen allen Menschen gleichermaßen zugänglich sind und daher auch in Braille, Gebärdensprache, verständlicher Sprache und anderen alternativen Kommunikationsformen zur Verfügung gestellt werden. Dies beinhaltet unter anderem auch einen barrierefreien Zugang zum Inhalt der Website der jeweiligen Primärversorgungseinheit.

Angemerkt sei weiters, dass es offensichtlich zu einem Schreibfehler im Gesetzesentwurf gekommen ist, da ein § 6 Abs. 1 Z 1 lit. d, auf welchen verwiesen wird, nicht existiert. Dieser legistische Fehler ist zu beseitigen.

 

 

II.         Zu Artikel 3:

 

§ 342 Abs. 1 Z 9 ASVG - Inhalt der Gesamtverträge:

 

§ 342 ASVG legt fest welche Gegenstände im Gesamtvertrag zwischen dem Hauptverband und den Ärztekammern zu regeln sind. Z 9 lautet wie folgt: „Regelungen über die Sicherstellung eines behindertengerechten Zuganges zu Vertrags-Gruppenpraxen nach den Bestimmungen der ÖNORM B 1600 „Barrierefreies Bauen“ sowie der ÖNORM B 1601 „Spezielle Baulichkeiten für behinderte und alte Menschen.“

In dem vorliegenden Gesetzesentwurf wird diese Bestimmung gestrichen und das damit begründet, dass die Übergangbestimmung betr. bauliche Maßnahmen im Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG) ausgelaufen ist.

Dies Argumentation ist jedoch vollkommen verfehlt, da das BGStG erst dann zur Anwendung kommt, wenn es bereits zu einer Diskriminierung gekommen ist. Weiters sieht das BGStG keinen Beseitigungsanspruch vor.

Die UN-BRK verpflichtet den Bund jedoch dazu, bereits bei der Gesetzgebung dafür Sorge zu tragen, dass das in der UN-BRK normierte Menschenrecht auf „Zugänglichkeit“ sofort mit Inkrafttreten der gesetzlichen Bestimmung gewährleistet ist.

Nur ein Verweis auf die ÖNORM stellt bauliche Barrierefreiheit bereits bei der Eröffnung der Primärversorgungseinheit sicher und entspricht damit den Vorgaben der UN-BRK.

                  

Aus den oben angeführten Gründen hat daher die Streichung der Z 9 zu unterbleiben.

 

                  

Der ÖZIV Bundesverband hofft, mit dieser Stellungnahme auf bestehende Verpflichtungen gegenüber Menschen mit Behinderungen aufgrund der UN-BRK derart hingewiesen zu haben, dass notwendige Anpassungen Eingang in die Gesetzesänderung finden.

Abschließend wird mitgeteilt, dass die gegenständliche Stellungnahme dem Präsidium des Nationalrates elektronisch übermittelt wurde.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Dr. Julia Jungwirth

ÖZIV Bundesverband