An die Begutachtungsstellen des

Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen und des Parlaments  p.a.

vera.pribitzer@bmgf.gv.at und

begutachtungsverfahren@parlament.gv.at                                                                                                                                    Graz, 21. Mai 2017

 

Stellungnahme

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ich nehme zum Entwurf des PVG 2017 als davon betroffener Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde (= Pädiater) wie folgt Stellung:

 

Derzeit erfolgt die Primärversorgung von Kindern und Jugendlichen durch Ärztinnen und Ärzte für Allgemeinmedizin und durch Fachärzte für Kinder- und Jugendheilkunde. In beiden Arztgruppen gibt es zunehmende Probleme in der Nachbesetzung von Kassenstellen, die Ursachen sind ähnlich. In der Kinder- und Jugendheilkunde sind bereits viele Kassenstellen unbesetzt, es werden Verträge zurückgelegt und auf Grund der Altersstruktur ist eine weitere Zunahme des Problems erwarten.

Ursache dieser Entwicklung sind höchstwahrscheinlich die sehr hohe zeitliche und persönliche Belastung bei zunehmend unbefriedigender Honorarsituation und ein Mangel an Möglichkeiten, mit neuen Organisationsformen diesen Problemen zu begegnen. Der vorliegende Entwurf des PVG beinhaltet sehr positive Ansätze wie die Schaffung von multiprofessionellen, interdisziplinären Teams und die Zusammenarbeit mehrerer Ärztinnen und Ärzte in verschiedenen Formen. Damit sollen laut Vorblatt explizit Rahmenbedingungen geschaffen werden, die zu einer Attraktivierung der Tätigkeit im primärversorgenden niedergelassenen Bereich führen, aber leider nur für 1 der beiden die Kinder und Jugendlichen primärversorgenden Arztgruppen - die ÄrztInnen für Allgemeinmedizin.

 

Da diese Verbesserungen für uns Pädiaterinnen und Pädiater als Primärversorger für die Altersgruppe 0-18 Jahre nicht vorgesehen sind, wird es zu einem weiter sinkenden Interesse an Kassenverträgen kommen, was die Situation für die noch vorhandenen Kolleginnen und Kollegen mit Verträgen weiter verschärft. Die vorgesehene Möglichkeit der Mitwirkung von Pädiaterinnen und/oder Pädiatern im Kernteam einer PV-Einheit nur in Verbindung mit Ärztinnen und/oder Ärzten für Allgemeinmedizin bei unverändertem Versorgungsauftrag für alle Altersstufen ist keine geeignete Lösung.

 

Da ich als ehemaliger Ausbildender im Fach Kinder- und Jugendheilkunde weiß, wie viele Kenntnisse Ärzte und Ärztinnen für Allgemeinmedizin während einer ursprünglich noch 6-, dann 5- und schließlich 4-monatigen Ausbildung zu erwerben im Stande sind, bin ich mir sicher, dass es durch die einseitige Änderung des grundsätzlich bewährten dualen Versorgungssystems zu einer markanten Verschlechterung der Versorgungsqualität für Kinder und Jugendliche kommen würde, da Ärztinnen und Ärzte für Allgemeinmedizin für diese Altersgruppe eine deutlich geringere, im Rahmen der neuen ÄAO auf 3 Monate (!) reduzierte Ausbildung haben.

 

Somit würde das im Gesetz gestellte Ziel einer qualitativ hoch stehenden Versorgung nicht nur nicht erreicht werden, sondern würde das Gesetz im Gegenteil zu einer Verschlechterung der ärztlichen Versorgung von Kindern und Jugendlichen beitragen.

Nicht zuletzt würden dies auch dem Gleichheitsgrundsatz bezüglich der Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen deutlich widersprechen!

 

 

Ich schlage vor, im PVG die Möglichkeit zu schaffen, dass FachärztInnen für Kinder- und Jugendheilkunde unter Einschränkung des Versorgungsauftrages auf die Altersgruppe von 0 - 18 Jahren die gleichen Organisationsformen und Rahmenbedingungen wie den Ärztinnen und Ärzten für Allgemeinmedizin offenstehen.

 

 

 

 

Univ. Prof. Dr. Johann Deutsch

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