LEOPOLD-FRANZENS-UNIVERSITÄT

 

INNSBRUCK

 

INSTITUT FÜR ZIVILGERICHTLICHES VERFAHREN

 

o. UNIV.-PROF. DR. BERNHARD KÖNIG

 

A-6020 INNSBRUCK, am 10.7.2017

INNRAIN 52

TEL. 0512 / 507-8152 u. 8153

FAX 0512 / 507-2827

URL http://info.uibk.ac.at/zivilverfahren

 

 

An das

Bundesministerium für Justiz

Museumstraße 7

1070 Wien

 

 

 

Betrifft: Bundesgesetz, mit dem das Privatstiftungsgesetz und das Gerichtsgebührengesetz geändert werden (Privatstiftungsgesetz-Novelle 2017 – PSG-Nov 2017).

Bezug: Schreiben vom 30.6.2017, BMJ–Z 10.065/0020-I 5/2017.

 

 

 

Ich nehme Bezug auf die Zumittlung des oben angeführten Entwurfes eines Bundesgesetzes, mit dem das Privatstiftungsgesetz und das Gerichtsgebührengesetz geändert werden (Privatstiftungsgesetz-Novelle 2017 – PSG-Nov 2017) und erlaube mir, zu einigen Bestimmungen wie folgt Stellung zu nehmen:

 

A. Allgemeines:

 

Die „Stärkung der Einflussmöglichkeiten der Begünstigten“ und das „wesentliche Bestreben dieser Novelle ..., den Einfluss des Stifters und seiner Rechtsnachfolger, damit der Familie, auf die Privatstiftung zu erhalten“ (Erläuterungen S. 1, 2), ist ein vehement vertretenes desideratum der potentiellen „Konsumenten“ des PSG. Ob angesichts der damit im Zusammenhang vorgeschlagenen (einschneidenden) Änderungen des PSG etwa (bestehende oder künftige)  steuerliche Bevorzugungen im Vergleich zu „normalen“ Gesellschaften gerechtfertigt werden können, ist unter Gleichheitsgesichtspunkten zumindest zweifelhaft. Ohne solche Bevorzugungen wird aber die österreichische Privatstiftung nicht nur neben dem „traditionellen Stiftungsland, dem Fürstentum Liechtenstein“ (Erläuterungen S. 2) wenig attraktiv sein (siehe Erläuterungen S. 1: „Die PSG-Novelle 2017 verfolgt [das Ziel], für ausländisches Kapital und ausländische Investoren einen attraktiven Rechtsträger für die Verwaltung in- und ausländischen Vermögens zur Verfügung zu stellen“).

 

B. Im Einzelnen:

 

1. Zu § 9 PSG:

 

a) Bereits die geltende Fassung des § 9 PSG ist

zumindest irreführend. § 9 Abs 1 PSG idgF zählt jene Inhalte auf, die die Stiftungserklärung zu enthalten „hat“. Der Einleitungssatz zu § 9 Abs 2 PSG idgF lautet, dass die Stiftungserklärung die dann folgenden Inhalte enthalten „kann“. Erst dem § 10 Abs 2 PSG ist zu entnehmen, dass das „kann“ für einen Teil der angeführten Inhalte (für die Angaben § 9 Abs 2 Z 1 bis 8) auch ein „muss“ ist.

 

b) Daher sollte § 9 PSG – dem Inhalt entsprechend – drei Absätze erhalten:

 

§ 9 Abs 1: „(1) Die Stiftungserklärung hat jedenfalls zu enthalten: ...“

[Inhalt: Ziffern 1 bis 7 idFd ME].

§ 9 Abs 2: „(2) Die Stiftungserklärung hat darüber hinaus bei sonstiger Unwirksamkeit der entsprechenden Anordnungen zu enthalten: ...“

[Inhalt: Ziffern 1 bis 8 des § 9 Abs 2 PSG idFd ME].

§ 9 Abs 3: „(3) Die Stiftungserklärung kann weiters insbesondere enthalten: ...“ [Inhalt: Ziffern 9 bis 14 des § 9 Abs 2 idgF].

 

c) Wird diese transparente Lösung übernommen, ist § 10 Abs 2 PSG wie folgt zu fassen:

„(2) Enthält die Stiftungsurkunde die Angabe, dass eine Stiftungszusatzurkunde errichtet ist oder werden kann (§ 9 Abs 2 Z 7), so können die in § 9 Abs 3 genannten Regelungen ausschließlich in der Stiftungszusatzurkunde beurkundet werden. Die Stiftungsurkunde braucht dem Firmenbuchgericht nicht vorgelegt werden.“

 

 

 

 

2. Zu § 9 Abs 2 Z 4 PSG idFd Entwurfes:

 

Die obligatorische Formalisierung für Aufsichtsorgane, die „freiwillig“ eingerichtet werden, ist nicht sinnvoll. Die „Muss“-Bestimmung ist den Fällen vorzubehalten, in denen die Bestellung des Aufsichtsorgans obligatorisch ist (§ 22 Abs 2 PSG idFd ME) oder in denen – im Fall der freiwilligen Einrichtung – dem Aufsichtsorgan die in § 25 Abs 3 Z 2 PSG idFd ME genannten Befugnisse zukommen. Ein darüber hinaus gehende Offenlegung in der Stiftungserklärung ist auch unter dem Aspekt der „governance überschießend.

§ 9 Abs 2 Z 4 PSG ist daher wie folgt zu fassen:

„4. im Fall der notwendigen Bestellung eines Aufsichtsorgans oder im Fall einer sonst vorgesehenen Bestellung eines Aufsichtsorgans, wenn dieses Aufsichtsorgan mit den Befugnissen gemäß § 25 Abs 3 Z 2 versehen ist, Regelungen über die Errichtung, Zusammensetzung und Aufgaben des Aufsichtsorgans sowie über die Bestellung, Abberufung und Funktionsdauer seiner Mitglieder.“

 

3. Zu § 35 PSG idFd Entwurfes:

 

Die beabsichtige Anpassung an das IRÄG 2010 sind zu begrüßen. Freilich sollte dabei einerseits auch die Wortwahl des IRÄG 2010 verwendet werden: Ein „Sanierungsverfahren“ wird nicht in ein „Konkursverfahren“ übergeleitet, sondern im Rahmen des einheitlichen Insolvenzverfahrens wird die Bezeichnung „Sanierungsverfahren“ in die Bezeichnung „Konkursverfahren“ abgeändert (§ 167 Abs 3 und 4 IO; Konecny in Konecny [Hrsg], IRÄG 2010 [2010] 5 f). Ebenso sollte im Sinn eines „Wortwahl-Gleichklangs“ Übereinstimmung mit der jüngsten einschlägigen Gesetzesänderung (zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts, dort § 1208 Z 3 ABGB) hergestellt werden. Andererseits sollte (wie in § 1208 Z 3 ABGB) auch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass Insolvenzverfahrenseröffnungsbeschlüsse sofort – ungeachtet eines eingelegten Rechtsmittels – wirksam sind und daher die (bedingte) Auflösung der Privatstiftung (erst) mit Rechtskraft eintreten soll (siehe auch die Formulierung in § 35 Abs 1 Z 3 PSG idFd ME).

 

§ 35 Abs 1 Z 2 PSG ist daher wie folgt zu fassen:

„2. über das Vermögen der Privatstiftung rechtskräftig das Konkursverfahren eröffnet oder die Bezeichnung Sanierungsverfahren in Konkursverfahren abgeändert worden ist; ...“

 

4. Zu § 25 Abs 5 und 6 PSG idFd Entwurfes:

 

Die dort vorgesehenen Formalisierungen machen für obligatorische Aufsichtsorgane Sinn und sollten auf solche beschränkt werden. Ein ausdrücklicher Ausschluss in der Stiftungserklärung („Soweit die Stiftungserklärung nicht anderes vorsieht ...“) für die übrigen Fälle ist vermeidbarer Formalismus, § 25 Abs 4 PSG idFd ME ist dafür ausreichend.

 

5. Zu § 25 Abs 7 PSG idFd Entwurfes:

 

Die vorgeschlagene Fassung wäre ein (neuer) Quell für Streitigkeiten und verfehlt den Zweck (Erläuterungen S. 12), „die Gerichte bei internen Streitigkeiten der Stiftung zu entlasten“. Völlig ungeklärt ist nämlich, ob jede Pflichtverletzung eine 6-monatige „Schonfrist“ auslöst (so der Wortlaut „Bei Pflichtverletzungen ...“, anders freilich die Erläuterungen S. 12).

Nach der vorgeschlagenen Regelung wird im Streitfall stets das Gericht (ex post) zu entscheiden haben, ob es sich um eine „grobe Pflichtverletzung“ gehandelt hat, die eine sofortige Abberufung gerechtfertigt hat oder ob es sich nur um eine solche „grobe Pflichtverletzung“, die erst nach der „Schonfrist“ eine Abberufung gerechtfertigt hätte, gehandelt hat. Dies trägt daher unnötig zur Rechtsunsicherheit bei.

§ 25 Abs 7 PSG idFd ME hat daher zu entfallen.

 

 

          

       (o. Univ.-Prof. Dr. Bernhard König)