o. Univ.-Prof. Christian Nowotny

Institut für Zivil- und Unternehmensrecht

Wirtschaftsuniversität Wien

 

 

 

 

Betr.:          Anmerkungen zur Novelle PSG

 

1.     § 1 Abs 1 Z 2 ist weiterhin unklar; der Tatbestand „die Geschäfte eines Unternehmens führen“ hat bereits bisher Abgrenzungsprobleme geschaffen, wenn es um die Leitung von Beteiligungsunternehmen mit konzernaler Ausrichtung gegangen ist. Gemeint war und ist, dass die Privatstiftung nicht Unternehmer im Sinne des § 1 UGB sein darf, Nebengeschäfte ausgenommen. Vorgeschlagen wird folgender Text: „Das Betreiben eines Unternehmens“.

 

In Z 3 sollte es heißen: „unbeschränkt haftende Gesellschafterin einer eingetragenen Personengesellschaft oder …“

 

2.     In § 15 sollte vorgesehen werden, dass bei einem Stiftungsvorstand, der zumindest aus drei Personen besteht, ein Mitglied auch eine Person nach Abs 2 sein kann, nicht aber Vorsitzender. Damit könnte der in Praxis beobachtete Konflikt der Nachfolgegeneration mit vom Stifter eingesetzten Vorstand zumindest geglättet werden. Ebenso wäre es für Mitarbeiter-Stiftungen wichtig, dass auch ein Mitarbeiter – obwohl potentiell Begünstigter – dem Vorstand angehören kann.

 

3.     Die Vorschriften zur Rechnungslegung bedürfen sowohl einer konzeptionellen als auch einer rechtstechnischen Überarbeitung.

Dazu folgende Anmerkungen/Überlegungen:

 

a)     § 18 Abs 1 stellt – größenabhängig – jede Privatstiftung hinsichtlich des Einzelabschlusses und Konzernabschlusses einer Kapitalgesellschaft gleich, obwohl ihr der unmittelbare Betrieb eines Unternehmens untersagt ist. Der Text enthält zwar die Einschränkung, dass dies „unter Bedachtnahme darauf, dass eine Privatstiftung nicht Unternehmer ist“ umzusetzen ist, doch wird damit erhebliche Rechtsunsicherheit geschaffen. Jedenfalls sollten die Bestimmungen des Anhangs zum Einzelabschluss entfallen. Es ist ausreichend, auf § 236 zu verweisen, zumal ohnedies angeordnet wird, dass stiftungsbezogene Geschäfte und die Lage des Stiftungsvermögens nach den GoB ersichtlich zu machen sind. Da nunmehr die Rechnungslegung von der Größe abhängig ist, wäre in den Übergangsbestimmungen klarzustellen, ob bei der erstmaligen Anwendung von einer kleinen Stiftung auszugehen ist bzw ob die Erfüllung der Größenmerkmale in den beiden Vorjahren (also 2016 und 2017) maßgeblich ist.

b)     Das Konzept des Novellierungsvorschlages besteht darin, dass zwar der Einzelabschluss nicht offenzulegen ist, aber gewisse Transparenzangaben davon unabhängig zu veröffentlichen sind. Dies betrifft den Beteiligungsspiegel (Abs 5) sowie alle Geschäfte der Privatstiftung mit Tochterunternehmen und jene der Tochterunternehmen untereinander, soweit diese nicht im Anhang des Tochterunternehmens enthalten sind (Abs 7). Des Weiteren ist bei von der Stiftung beherrschten Unternehmen das jeweilige Tochterunternehmen mit Sitz im Inland dazu verpflichtet, im Anhang alle Geschäfte mit der Stiftung und nahestehenden Unternehmen offenzulegen, unabhängig von der Marktüblichkeit. Das inländische Tochterunternehmen ist befreit, soweit diese Geschäfte in einem veröffentlichten Dokument der Stiftung ersichtlich sind (Abs 8).

Mit dieser Regelung wird in die Interessenlage der Minderheitsgesellschafter von den betroffenen Tochterunternehmen eingegriffen, insbesondere aber auch in die Eigeninteressen des Tochterunternehmens, wenn dieses börsennotiert ist und damit wegen der Rechtsform des Mutterunternehmens, auf deren Wahl das Tochterunternehmen keinerlei Einfluss hat, Informationen offenlegen müssen, die andere Unternehmer (Mitbewerber!) nicht offenlegen müssen. Diese Regelung ist gleichheitswidrig und geht weit über das Ziel hinaus, eine verbesserte Transparenz zu bewirken. Zu beachten ist vor allem, dass nach dem vom Verweis erfassten § 238 Abs 1 Z 12 UGB nicht nur das Bestehen derartiger Geschäfte offenzulegen ist, sondern auch Wert, Umfang, Art der Beziehung und Personen. Des Weiteren ist diskriminierend, dass davon nur Inlandstöchter erfasst werden und nicht solche im Ausland. Es wird daher angeregt, diese Regelung ersatzlos zu streichen. Sollte die Privatstiftung einen Konzernabschluss und Konzernlagebericht veröffentlichen, so sind ohnedies die nach dem Gesetz geforderten related party-Angaben aufzunehmen, wobei es keinen Grund gibt, den Eigentümer „Privatstiftung“ anders zu behandeln als andere Gesellschafter.

c)      Muss die Privatstiftung einen Konzernabschluss und Konzernlagebericht erstellten (abhängig von dem Überschreiten der maßgeblichen Größenkriterien), so ist sie zur Offenlegung im Sinne von § 280 UGB verpflichtet (Abs 5). Nach dem Verweis in Abs 1 gelten die für die Vollkonsolidierung maßgeblichen Vorschriften. Dies bedeutet auch, dass das von der Privatstiftung direkt oder indirekt gehaltene Vermögen einzubeziehen wäre. Damit wird eine Privatstiftung anders behandelt, als natürliche Personen und echte Personengesellschaften, die Beteiligungen an Tochterunternehmen halten. Das Ungleichgewicht versucht das Gesetz mit zwei Regelungen zu mildern. Nach Abs 3 wird das Vollständigkeitsgebot des § 253 UGB durchbrochen, indem in den Konzernabschluss der Privatstiftung bestimmte Beteiligungen, welche die Verwaltung eigenen Liegenschaftsvermögen zum Gegenstand haben, nicht einzubeziehen sind. Ebenso ist hinsichtlich der in den Konzernabschluss einzubeziehenden Tochterunternehmen nur das damit unmittelbar im Zusammenhang stehende Vermögen zu konsolidieren. Damit ist wohl gemeint, dass das sogenannte „Privatvermögen“ auch nicht mittelbar über den Konzernabschluss der Privatstiftung offengelegt werden muss. Rechtstechnisch wäre dies klarer und besser damit auszudrücken, dass jenes Vermögen der Privatstiftung von dem Konzernabschluss und Lagebericht auszuklammern ist, welches die Privatstiftung zulässigerweise, also ohne Verletzung von § 1 Abs 2 Z 2 und 3, unmittelbar halten kann. Dazu zählen eben nicht nur Liegenschaften, sondern etwa auch reine Vermögensveranlagungen. Abgesehen von dieser Ungereimtheit ist aber die Regelung rein rechtstechnisch nicht umsetzbar. Denn der Konzernabschluss geht vom Bild des Einheitsunternehmens aus, sodass es nicht möglich ist, aus dem Einheitsunternehmen Vermögensteile oder Teile von Rechtsbeziehungen zu trennen, ohne dass damit Unklarheiten und erhebliche Beeinträchtigungen des „true and fair view“ entstehen können. Hat beispielsweise eine nach dem Entwurf nicht zu konsolidierende liegenschaftsverwaltende Tochter der Privatstiftung Forderungen (zB aus Vermietung) gegen eine voll zu konsolidierende Tochter, so wäre diese Forderung aus dem Konzernabschluss der Privatstiftung auszuklammern, wohl aber die Verbindlichkeit im Konzernabschluss der Tochtergesellschaft auszuweisen. Der sicherlich gut gemeinte Abs 3 ist in einer rechtlich einwandfreien Form nicht umsetzbar.

Als weitere „escape-Möglichkeit“ sieht Abs 3 eine Befreiung von    der Aufstellung eines Konzernabschlusses der Stiftung selbst vor, wenn eine Kapitalgesellschaft einen Konzernabschluss veröffentlicht, an der die Stiftung zumindest mit 90 % beteiligt ist und der alle einzubeziehenden Tochterunternehmen der Privatstiftung erfasst. Die Befreiung bezieht sich nach dem Wortlaut nur auf den Konzernabschluss und nicht den Konzernlagebericht der Stiftung selbst. Falls dies nicht so gemeint ist, wäre dies klarzustellen. Des Weiteren ist nicht einzusehen, warum die Mindestbeteiligung bei 90 % liegen muss. Dies bedeutet, dass Stiftungen, wollen sie diese Befreiungsmöglichkeit in Anspruch nehmen, alle Beteiligungen an Tochterunternehmen, die unter dieser Schwelle liegen, auf eine dafür eigens geschaffene Holdinggesellschaft ausgründen müssten, was wiederum mit Belastungen, insbesondere auch steuerlichen (siehe Grunderwerbssteuer) verbunden ist.

 

Insgesamt ist festzuhalten, dass die vorgeschlagenen Rechnungslegungsvorschriften und die damit verbundenen Abgrenzungsprobleme bei den Offenlegungspflichten die Privatstiftung diskriminieren und erheblich belasten. Der gewünschte Effekt, dass eine Privatstiftung auch Vermögensveranlagungen in unternehmerischen Beteiligungen tätigt, wird damit konterkariert. Vielmehr wird ein Anreiz geschaffen, bei bestehenden Privatstiftungen den Weg in liberalere Rechtsordnungen einzuschlagen, selbst wenn dies mit Belastungen verbunden sein sollte. Die hier geschaffenen neuen Belastungen werden durch gewisse Flexibilisierungen in der Governance der Privatstiftung keineswegs aufgewogen.

 

4.     Es wird angeregt, für die neue Meldepflicht des Stiftungsprüfers nach § 21 Abs 4 eine längere Übergangsfrist zu gewähren, da die erforderlichen Anpassungen an die neue Rechtslage erst hergestellt werden müssen und auch zu bedenken ist, dass die nunmehr vorgesehene interne Rotation in vielen Fällen nicht umgesetzt werden kann, weil häufig kleine Prüfungsgesellschaften als Stiftungsprüfer bestellt sind, die keine interne Rotationsmöglichkeit haben.

 

5.     Zur Neuregelung des Aufsichtsorgans sowie zur Befreiung nach § 22 Abs 3 ist nochmals darauf hinzuweisen, dass die Voraussetzung, wonach alle inländischen Tochtergesellschaften mittelbar durch eine Kapitalgesellschaft beherrscht werden müssen, an der die Privatstiftung zumindest zu 90 % beteiligt ist, überschießend ist und die Herstellung dieser Ausnahme mit Kosten verbunden ist. Auch die Beherrschung dieser Tochtergesellschaft durch die Privatstiftung über eine Mehrheitsbeteiligung (siehe § 244 Abs 2 UGB) muss ausreichen.

 

6.     § 33 Abs 2 sollte auch im Sinne der Rechtsprechung die Regelung dahingehend erweitert werden, dass auch eine Änderung zur Anpassung und Ergänzung von Bestimmungen in Betracht kommt, die sich auf Grund der bisherigen Gegebenheiten bei einer Stiftung als unzweckmäßig oder de facto kaum umsetzbar erwiesen haben oder eine Änderung und Anpassung an die neuen gesetzlichen Möglichkeiten, auf die mangels Kenntnis bei der Einrichtung der Privatstiftung nicht Bedacht genommen werden konnte.

 

7.     In § 33 Abs 3 ist darauf hinzuweisen, dass die neuen Rechnungslegungsvorschriften die gewünschte Ausrichtung auf die Förderung von Unternehmensgründungen konterkarieren; ebenso müsste geprüft werden, ob nicht bei der angestrebten Fremdfinanzierung ein Konflikt mit dem Erfordernis einer Bankkonzession besteht.

 

8.     In § 41 wird eine Datenübermittlung an das BMF und die Statistik Österreich geregelt. Diese Bestimmung ist an sich überflüssig, da das BMF über diese Daten ohnedies auf Grund der Abgabenerklärungen verfügt. Daher ist der Verdacht naheliegend, dass damit Informationen über das Stiftungsvermögen insgesamt gesammelt werden sollen, um damit die Grundlage für eine neue Besteuerung, etwa ein Erbschaftssteueräquivalent nach deutschem Vorbild, zu schaffen. Im Zusammenhang mit den neuen Offenlegungspflichten wird damit der Eindruck verstärkt, dass es hier nicht um die Transparenz im Interesse des Gläubiger- und Anlegerschutzes geht (der bei Privatstiftungen ohnedies keine Bedeutung hat), sondern um das Sammeln von Informationen aus rein politischen, nicht von Sachkräften getragenen Wünschen.

 

Alternativvorschlag zu § 18

(1)   Der Stiftungsvorstand hat die Bücher der Privatstiftung zu führen. Die §§ 189 bis 216, § 221 Abs 1 bis 4 und 6, §§ 222 bis 227, §§ 231 bis 234, § 236 sowie § 242 sind auf die Privatstiftung sinngemäß anzuwenden. In einem gesonderten Tätigkeitsbericht ist auf die Erfüllung des Stiftungszweckes einzugehen. Die wesentlichen Geschäfte und die Lage der Privatstiftung sind dort klar und übersichtlich darzustellen. Wesentliche Geschäfte der Privatstiftung mit einem Mitglied des Stiftungsvorstandes sowie mit Tochtergesellschaften der Privatstiftung sind in diesem Bericht anzuführen, auch wenn sie marktüblich sind.

(2)   Unverändert gegenüber dem Entwurf.

(3)   Die Privatstiftung hat einen Konzernabschluss und Konzernlagebericht aufzustellen, wofür die §§ 244 bis 266 UGB sinngemäß anzuwenden sind. Im Anhang sind die wesentlichen Geschäfte der Privatstiftung mit Tochterunternehmen, auch wenn diese marktüblich sind, anzugeben. Die Privatstiftung ist von der Aufstellung eines Konzernabschlusses und Konzernlageberichtes befreit, wenn ein Tochterunternehmen nach § 189a Z 7 UGB einen solchen aufstellt und offenlegt und in diesem Konzernabschluss die wesentlichen Geschäfte der Privatstiftung mit den in den Konzernabschluss einbezogenen Tochtergesellschaften dargestellt werden, auch wenn diese Geschäfte marktüblich sind.

(4)   Entfällt.

(5)   Der Tätigkeitsbericht der Privatstiftung sowie gegebenenfalls ein von ihr erstellter Konzernabschluss und Konzernlagebericht sind vom Stiftungsvorstand spätestens neun Monate nach dem Ende des Geschäftsjahres beim Firmenbuchgericht einzureichen und in den nicht öffentlichen Teil der Urkundensammlung aufzunehmen. Im Firmenbuch ist das Datum der Übermittlung einzutragen. In einem gesonderten Dokument, welches in den öffentlichen Teil der Urkundensammlung aufzunehmen ist, ist ein Verzeichnis aller Tochterunternehmen der Privatstiftung unter Bedachtnahme auf § 242 UGB elektronisch zu übermitteln. Diese Unterlagen können auch durch den Stiftungsprüfer gemeinsam mit dem Bericht nach § 21 Abs 4 eingereicht werden. Sind keine Tochterunternehmen vorhanden, ist darauf hinzuweisen. Der Stiftungsvorstand ist zur zeitgerechten Befolgung dieser Bestimmungen vom Gericht durch Zwangsstrafen von € 700,00 bis € 3.600,00 anzuhalten. § 24 Abs 2 bis 5 FBG und § 285 UGB sind anzuwenden.

(6)   Entfällt.

(7)   Entfällt.

(8)   Wenn eine Privatstiftung oder eine rechtsfähige Stiftung nach ausländischem Recht ein Unternehmen im Sinne des § 244 UGB beherrscht, haben das oder die Tochterunternehmen mit Sitz im Inland im Anhang ihre wesentlichen Geschäfte mit der Stiftung und anderen nahestehenden Unternehmen im Sinne der gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2003 übernommenen internationalen Rechnungslegungsstandards nach § 238 Abs 1 Z 12 UGB auch dann offenzulegen, wenn die Geschäfte marktüblich und wesentlich sind.

 

§ 41

(1)   Der Stiftungsvorstand hat dem für die Erhebung der Körperschaftssteuer der Privatstiftung zuständigen Finanzamt die Summe der im Geschäftsjahr getätigten Zuwendungen an Begünstigte und die unter den folgenden Positionen der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesenen Beträge zu übermitteln: …

(2)   Der Stiftungsvorstand hat die Übermittlung innerhalb einer Frist von 12 Monaten nach dem Bilanzstichtag elektronisch vorzunehmen. Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, den Inhalt und das Verfahren der elektronischen Übermittlung mit Verordnung festzulegen.