13/SPET XXV. GP

Eingebracht am 12.08.2014
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Stellungnahme zu Petition

 

SEKTION III-RECHTschwarz

 

GZ.: BMI-LR2220/0614-III/5/2014BMI-LR2220/0614-III/5/2014

 

 

Wien, am 08. August 2014

 

An die

Parlamentsdirektion

 

Per E-Mail: NR-AUS-PETBI.Stellungnahme@parlament.gv.at

 

 

Dr. Richard Melichar
BMI - III/5 (Abteilung III/5)
Minoritenplatz 9 , 1014 Wien

Tel.:  +01 53126 37763776
Richard.Melichar@bmi.gv.at
WWW.BMI.GV.AT
DVR: 0000051

 

 

                       

Betreff:

Parlament der Republik Österreich; Petition betreffend "Gegen Unmenschlichkeit" Nr. 19/ Pet. XXV.GP.-NR. vom 28.5.2014; GZ: 17010.0020/20-L1.3/2014; Stellungnahme an die Parlamentsdirektion.

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Unter Bezugnahme auf die Petition betreffend "Gegen Unmenschlichkeit" Nr. 19/ Pet. XXV.GP.-NR. vom 28.5.2014 (GZ: 17010.0020/20-L1.3/2014), die aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen dem Bundesministerium für Inneres mit dem Ersuchen um Stellungnahme vorgelegt wurde, darf wie folgt Stellung genommen werden:

 

Einleitend ist anzumerken, dass es zwischen den Initiatoren der „Initiative gegen Unmenschlichkeit“ und Vertretern des Bundesministeriums für Inneres am 17. Februar und 3. April 2014 bereits 2 Gesprächsrunden zwecks gegenseitigen Gedankenaustauschs gab. Vereinbart wurde im Rahmen der sachlichen und konstruktiven Gespräche, dass man weiterhin in Kontakt bleiben wird.


Zu Punkt 1 (Nichtabschiebung gut integrierter Personen und Familien)

 

Die österreichische Rechtslage nimmt bereits hinlänglich auf den Integrationsgrad und den familiären Zusammenhalt von Drittstaatsangehörigen im Rahmen des Asyl- und Fremdenwesens Bezug. In jedem fremdenrechtlichen Verfahren (asylrechtlicher, fremdenpolizeilicher oder aufenthaltsrechtlicher Natur) sind humanitäre Umstände zu berücksichtigen und werden die Kriterien des verfassungsrechtlich verankerten Europäischen Menschenrechtskonvention (Art. 8) zum Schutz des Privat- u. Familienlebens genau geprüft, gewürdigt und entsprechend berücksichtigt. Sollte ein Asylantrag abgelehnt werden, werden im Rahmen der Rückkehrentscheidung unter anderem die Art und die Dauer des bisherigen Aufenthalts, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens und der Grad der Integration entsprechend gewürdigt.

 

Wenn festgestellt wurde, dass eine Ausweisung/Rückkehrentscheidung aufgrund des Rechts auf Privat- und Familienleben auf Dauer unzulässig ist, ist ein Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen von Amts wegen zu erteilen.

 

 

Zu Punkt 2 (Zugang zum Arbeitsmarkt nach 6 Monaten)

 

Grundlage für den Arbeitsmarktzugang von Asylwerbern in der Europäischen Union ist die sogenannte Aufnahmerichtlinie, die einen Zugang für Asylwerber zum Arbeitsmarkt spätestens nach 9 Monaten vorsieht, sofern noch keine erstinstanzliche Entscheidung erlassen wurde und die Verzögerung nicht dem Antragsteller zu Last gelegt werden kann.

 

Zudem ist darin auch vorgesehen, dass beispielsweise eigenen Staatsangehörigen und EU Bürgern Vorrang eingeräumt werden kann (Arbeitsmarkprüfung).

 

In Österreich haben Asylwerber entgegen der Praxis vieler anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union bereits nach 3 Monaten nach Zulassung des Verfahrens und einer Arbeitsmarktprüfung effektiven Zugang zum Arbeitsmarkt. Die Aufnahme einer Lehrstelle nach Arbeitsmarktprüfung ist für unter 25-Jährige seit April 2013 möglich. 

 

Dieses System entspricht dem EU Durchschnitt und hat sich bewährt. Deutschland, Großbritannien und Frankreich erlauben den Zugang zum Arbeitsmarkt mit Beschäftigungsbewilligung und Arbeitsmarktprüfung erst nach 12 Monaten.


Die Arbeitsmarktprüfung sowie die Ausstellung einer Beschäftigungsbewilligung in Österreich fallen in die Zuständigkeit des Arbeitsmarktservices (AMS) und werden derzeit die verfügbaren Kontingente zur Arbeitsaufnahme von Asylwerbern (Saisonniers, Erntehelfer)  nicht ausgeschöpft.

 

Subsidiär Schutzberechtigte und Asylberechtigte sind ab Feststellung des Schutzbedarfes  österreichischen Staatsangehörigen gleichgestellt und haben somit einen sofortigen Zugang zum Arbeitsmarkt.

 

 

Zu Punkt 3 (Grundversorgung nach menschlichen Bedürfnissen)

 

Im Rahmen der Grundversorgung werden hilfs- und schutzbedürftigen Fremden durch Bund und Länder Leistungen gewährt, durch die insbesondere jene Bedürfnisse gedeckt werden, die für ein menschenwürdiges Leben in Österreich erforderlich sind. Der Bund leistet diese Versorgung grundsätzlich für Asylwerber im Zulassungsverfahren, die Unterbringung und Versorgung der übrigen hilfs- und schutzbedürftigen Fremden fällt in den Zuständigkeitsbereich der Länder.

 

Im Rahmen der Zuständigkeit des Bundes erfolgt in den Betreuungsstellen des Bundes jedenfalls eine umfassende und professionelle Betreuung der betroffenen Personen. Dabei werden nach Möglichkeit individuelle Bedürfnisse der Betroffenen berücksichtigt und wird Eigenverantwortlichkeit unterstützt. So ist Ziel der Betreuung unbegleiteter minderjähriger Fremder die Vorbereitung auf eine selbständige Lebensführung. In allen Betreuungsstellen des Bundes stehen professionelle und engagierte Betreuer, die über entsprechende Ausbildungen und Qualifikationen verfügen, den betroffenen Personen zur Seite.

 

Hinsichtlich der Unterbringung und Versorgung in Quartieren der Länder darf darauf hingewiesen werden, dass der Vollzug der Grundversorgung in den Bundesländern in deren Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich liegt.

 

Zu Punkt 4 (Übersichtgliche Überarbeitung der Asyl- und Fremdengesetze)

 

Die österreichische Gesetzeslage basiert zu einem großen Teil auf den Vorgaben der auf EU-Ebene beschlossenen Rechtsakte, die von Österreich verpflichtend in das nationale Recht umzusetzen sind. Darüber hinaus muss fortlaufend eine Adaptierung der Rechtslage gemäß der Fortentwicklung der österreichischen und internationalen Rechtsprechung erfolgen.


Das aktuelle Regelungswerk steht in vollem Einklang mit allen nationalen und internationalen Vorgaben und hat sich in der Praxis europaweit als eines der effektivsten und qualitativ hochwertigsten Systeme im Asyl- und Fremdenbereich bewährt. Das Bundesministerium, für Inneres ist stetig bemüht die Gesetzeslage im Sinne eines effizienten und qualitätsvollen Asylsystems weiterzuentwickeln. Dabei wird auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Schutzbedarf und Missbrauchsbekämpfung besonders Wert gelegt.

 

Ein Asylwerber hat in verschiedenen Verfahrensstadien die Möglichkeit kostenlose und unabhängige Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen. Somit steht das österreichische System der Rechtsberatung in vollem Einklang mit den Vorgaben der EU Rechtsakte. 

 

Im Zulassungsverfahren ist einem Asylwerber ein qualifizierter Rechtsberater amtswegig zur Seite zu stellen. Dieser hat die Aufgabe den Asylwerber über das Asylverfahren und die Aussichten auf Zuerkennung eines internationalen Schutzstatus zu beraten. Im zugelassenen Verfahren kann eine beratende Unterstützung an den Außenstellen eingerichtet werden. Die dort tätigen Rechtsberater unterstützen und beraten Asylwerber kostenlos, wobei es keinen Rechtsanspruch auf diese beratende Unterstützung gibt. Im Berufungsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ist jedem Asylwerber ein Rechtsberater kostenlos und von Amts wegen zu Seite zu stellen. Diese beraten und unterstützen den Asylwerber beim Einbringen der Beschwerde und im Beschwerdeverfahren selbst, sowie bei der Zurverfügungstellung eines Dolmetschers. Das Gesetz sieht gewisse Anforderungen vor, die für die Ausübung von Rechtsberatung erfüllt sein müssen, wie der Abschluss eines Studiums bzw. eine gewisse Erfahrung im Fremdenrechtsbereich. Rechtsberater sind unabhängig und haben ihre Aufgaben weisungsfrei wahrzunehmen. Sie haben objektiv zu beraten und sind der Amtsverschwiegenheit verpflichtet.

 

Zu Punkt 5 (Europaweit gleiche Standards)

 

Europa leistet seit vielen Jahren einen wichtigen Beitrag zum internationalen Flüchtlingsschutz. 2013 wurde mit rund 437.000 Asylanträgen in der EU ein Höchststand der letzten Jahre erreicht, der die Mitgliedstaaten vor besondere Herausforderungen stellt.

 

Durch den im Juni 2013 erfolgten Beschluss über die Etablierung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems konnten die über Jahre fortlaufenden Verhandlungen abgeschlossen werden. Nunmehr liegen Neufassungen der Statusrichtlinie, der Verfahrensrichtlinie und der Aufnahmerichtlinie vor, die von den Mitgliedstaaten binnen 2 Jahren umzusetzen sind. Zusätzlich wurden die Dublin III Verordnung und die EURODAC Verordnung mit unmittelbarer Wirksamkeit beschlossen. Ziel des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems ist, dass Asylanträge europaweit nach den gleichen Vorgaben behandelt werden. Es darf weder bei den Aufnahmebedingungen noch bei der Entscheidungsfindung einen Unterschied machen, in welchem Mitgliedstaat der Asylantrag gestellt wird. Unter anderem soll das Gemeinsame Europäische Asylsystem dazu führen, dass es vergleichbare Standards in allen Mitgliedstaaten gibt und andere Mitgliedstaaten an die hohen Qualitätsvorgaben in Österreich herangeführt werden. Durch diesen Abbau von Unterschieden in den Mitgliedstaaten sollen die Pull Faktoren verringert und eine gleichmäßige Verteilung der Asylwerber in der EU unterstützt werden.

 

Absolute Priorität hat daher die vollständige Umsetzung der Rechtsakte in allen Mitgliedstaaten. Der Europäischen Kommission kommt hierbei bei der Prüfung der Umsetzung als Hüterin der Verträge eine zentrale Rolle zu.

 

Für die Bundesministerin:

 

MinRat Hilbert Karl

 

 

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