68/SPET XXV. GP

Eingebracht am 24.08.2015
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Stellungnahme zu Petition

 

 

Gz BKA-600.076/0013-V/5/2015

Abteilungsmail slv@bka.gv.at

bearbeiter Mag. Dr. Florian HERBST

Pers. E-mail Florian.HERBST@bka.gv.at

Telefon +43 1 531 15-204252

Ihr Zeichen 17010.0020/35-L1.3/2015

An die

Parlamentsdirektion

 

Per E-Mail:

NR-AUS-PETBI.Stellungnahme@parlament.gv.at

 

Antwort bitte unter Anführung der GZ an die Abteilungsmail

 

 

 

 

Petition betreffend Stimmrecht für Pensionisten in den Organen der Selbstverwaltung im Bereich der Krankenversicherung; 40/PET

 

 

In der im Betreff genannten Petition wird die Forderung erhoben, dass den Verwaltungskörpern der Krankenversicherungsträger auch Pensionisten angehören und dass das Recht zur Entsendung von Versicherungsvertretern um Pensionisten erweitert wird. Den Gebietskrankenkassen sollen in Zukunft ein Drittel Pensionistenvertreter angehören.

Begründet wird diese Forderung damit, dass gemäß Art. 120c Abs. 1 B‑VG die Organe der Selbstverwaltungskörper aus dem Kreis ihrer Mitglieder nach demokratischen Grundsätzen zu bilden seien.

Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst nimmt dazu wie folgt Stellung:

Art. 120c Abs. 1 lautet:

„(1) Die Organe der Selbstverwaltungskörper sind aus dem Kreis ihrer Mitglieder nach demokratischen Grundsätzen zu bilden.“

 

Diese Bestimmung wurde gemeinsam mit den übrigen Bestimmungen betreffend die nichtterritoriale Selbstverwaltung mit dem Bundesverfassungsgesetz BGBl. I Nr. 2/2008 eingeführt. Im entsprechenden Ausschussbericht (AB 370 BlgNR XXIII. GP 5) wird dazu ausgeführt:

„In Art. 120c Abs. 1 wird im Hinblick auf die dem Selbstverwaltungsbegriff nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes innewohnende Befugnis zur Bestellung der eigenen Organe aus der Mitte der Verbandsangehörigen das Erfordernis der demokratischen Organkreation verankert; angemerkt wird, dass er es ermöglicht, jedes Mitglied des Selbstverwaltungskörpers – ungeachtet seiner Staatsangehörigkeit – zum Organwalter zu bestellen.“

 

Soweit ersichtlich haben weder der Verfassungsgerichtshof noch die jüngere Lehre Bedenken gegen die Organisation der Krankenversicherungsträger erhoben, wie sie in der Petition dargestellt werden.

Nach Ansicht des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst sind diese Bedenken auch nicht begründet (so im Ergebnis auch Rill/Stolzlechner, Art. 120a B‑VG, in Kneihs-Lienbacher [Hrsg.] Rill-Schäffer-Kommentar. Bundesverfassungsrecht, 6. Lfg, 2010, Rz. 2, und wohl auch Korinek/Leitl-Staudinger, in Tomandl [Hrsg.], System des österreichischen Sozialversicherungsrechts, 23. Lfg., 494): Die Einführung von Bestimmungen betreffend die nichtterritoriale Selbstverwaltung durch das Bundesverfassungsgesetz BGBl. I Nr. 2/2008 sollten die Zulässigkeit der nichtterritorialen Selbstverwaltung positivieren. Zuvor wurde ihre Zulässigkeit auf Grund der vom B‑VG vorgefundenen historischen Rechtslage begründet. Es ist kein Grund ersichtlich, dass mit der Einführung des Art. 120c Abs. 1 B‑VG die Unzulässigkeit der Organisation eines Selbstverwaltungskörpers (etwa eines Krankenversicherungsträgers) bewirkt werden sollte.

Bei Einführung der Bestimmungen betreffend die nichtterritoriale Selbstverwaltung konnte auf Textvorschläge des Österreich-Konvents zurückgegriffen werden (siehe AB 370 BlgNR XXIII. GP 5). Art. 120c Abs. 1 B‑VG entspricht im Wesentlichen dem vom Ausschuss VII des Österreich-Konvents vorgeschlagenen Art. Z Abs. 1 (über den jedoch kein Konsens gefunden wurde), der folgenden Wortlaut hat:

„(1) Die Organe der Selbstverwaltungskörper sind aus dem Kreis der ihnen angehörenden Personen nach demokratischen Grundsätzen zu bilden.“

 

Im Ausschussbericht 3/AUBK wird dazu ausgeführt:

Zu Art. z:

Im Abs. 1 wurde im Hinblick auf die dem Selbstverwaltungsbegriff nach ständiger Rechtsprechung des VfGH innewohnende Befugnis zur Bestellung der eigenen Organe aus der Mitte der Verbandsangehörigen das Erfordernis der demokratischen Organkreation bewusst angeführt. Ein Abgehen von der herrschenden Auffassung in Lehre und Rechtsprechung ist nicht beabsichtigt. Die Selbstverwaltung bleibt daher auch künftig sowohl in der Form der direkten als auch der indirekten (sog. „abgeleiteten“) Selbstverwaltung mit indirekter Organbestellung zulässig (VfGH 10.10.2003, G 222/02, G 1/03). Der Kreis, aus dem die Organe berufen werden können, wird so wie im geltenden Recht derart verstanden, dass auch Vertreter bestimmter juristischer Personen damit erfasst sind (vgl. etwa § 420 ASVG und die korrespondierenden Bestimmungen im GSVG, BSVG, B-KUVG).

 

Die hier in Rede stehende, in § 420 ASVG vorgesehene Bildung der Organe der Selbstverwaltungskörper wurde demnach als „demokratischen Grundsätzen“ entsprechend angesehen. Auch dies spricht gegen die in der Petition vertretene Auffassung.

Dies schließt jedoch umgekehrt nicht aus, dass § 420 ASVG in der Weise geändert wird, wie dies in der Petition gefordert wird.

 

 

21. August 2015

Für den Bundesminister für

Kunst und Kultur, Verfassung und Medien:

HESSE

 

 

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