72/SPET XXV. GP

Eingebracht am 28.09.2015
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Stellungnahme zu Petition

 

GZ. BMF-310212/0007-1/4/2015

Bezugnehmend auf das Schreiben vom 7. Juli 2015, ZI. 17010.0020/35-L1.3/2015, zur Petition Nr. 52/Pet. vom 17. Juni 2015 betreffend, „Änderung des derzeit geltenden Pensionskassengesetzes (PKG) zur Sicherung der Pensionskassen-Pensionen von Pensionisten und Anwartschaftsberechtigten", wird aus der Sicht des Bundesministeriums für Finanzen Folgendes mitgeteilt:

In einem kapitalgedeckten System ist die Höhe der Pension von der Höhe des angesparten Kapitals abhängig. Je länger der Ansparzeitraum ist, umso höher wird das zur Verfügung stehende Kapital sein bzw. kann der monatlich erforderliche Sparbeitrag niedriger sein. Da die Zinserträge zur Wiederveranlagung zur Verfügung stehen, wird das angesparte Kapital durch den sogenannten „Zinseszinseffekt" zusätzlich erhöht. Aus diesen grundsätzlichen finanzmathematischen Tatsachen kann nicht eine Unwirksamkeit der 3. Säule geschlossen werden. Die individuelle Gestaltung der persönlichen Altersvorsorge, insbesondere wann mit dem Ansparen begonnen wird und wie viel monatlich einbezahlt werden soll, bleibt den Betroffenen im Rahmen der Privatautonomie selbst überlassen.


Das Pensionskassensystem sieht grundsätzlich ein beitragsorientiertes oder ein leistungs­orientiertes System vor, das einer arbeitsrechtlichen Grundlagenvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer(-vertretung) bedarf. Bei einem leistungsorientierten System wird in der Regel auch eine im Pensionskassengesetz (PKG) vorgesehene Nachschusspflicht des Arbeitgebers zu vereinbaren sein, dies liegt aber ebenfalls an der vertragsrechtlichen Gestaltung der Zusage. Die angesprochene Übertragung von direkten Leistungszusagen in die Pensionskasse wurde in vielen Fällen mit einer Nachschusspflicht des Arbeitgebers verbunden. Aus der Tatsache, dass in einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum auf Grund von Vereinbarungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmer(-vertretern) vermehrt direkte Leistungszusagen in eine beitragsorientierte Pensionskassenzusage umgewandelt wurden, kann wohl nicht der Schluss gezogen werden, dass das Pensionskassensystem grundsätzlich unwirksam sei. Das PKG sieht sehr wohl Möglichkeiten zur Sicherung der Ansprüche der Begünstigten vor (z.B. Nachschusspflicht des Arbeitgebers), diese wurden aber in den bezughabenden Verträgen nicht vereinbart.

Eine Performance von fast 4% p.a. über die letzten 15 Jahre, die von mehreren Kapital­marktkrisen geprägt war, kann natürlich als zu wenig dargestellt werden, objektiv betrachtet erscheint diese Performance aber durchaus respektabel zu sein und liegt jedenfalls über der Inflationsrate.

Wie bereits mehrmals dargestellt, stellt der Rechnungszins eine versicherungsmathematische Größe zur Kalkulation dar. Ein hoher Rechnungszins bewirkt eine höhere Anfangspension mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für Pensionskürzungen, ein niedrigerer Rechnungszins bewirkt eine niedrigere Anfangspension mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für Pensionserhöhungen. Auch die Berücksichtigung demographischer Änderungen (z.B. Lebenserwartung) wirkt sich unmittelbar in der Höhe der Anfangspension aus. Selbstverständlich wird in der Lebensversicherung bei einer „Garantie der Sterbetafel" ein entsprechender Sicherheitszuschlag eingepreist, der die Anfangspension reduziert.

Der Rechnungszins ist selbstverständlich disponibel und könnte - sofern vertraglich vereinbart - im Einvernehmen auch abgesenkt werden. Ein gesetzlicher Eingriff in bestehende Verträge ist aber verfassungsrechtlich bedenklich und wäre aus der Sicht des Bundesministeriums für Finanzen nicht zu befürworten. Für Neuverträge wurde der Rechnungszins seit 2003 durch Verordnung der Finanzmarktaufsicht begrenzt und beträgt aktuell 3%, für die Sicherheits-VRG beträgt er 1,75%.


Gemäß § 2 PKG hat die Pensionskasse einen Mindestertrag zu garantieren. Es besteht die Möglichkeit, in der arbeitsrechtlichen Grundlagenvereinbarung, die zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer(-vertretung) abzuschließen ist, den Mindestertrag auszuschließen. Weiters hat der Begünstigte seit 2013 auf individueller Basis die Möglichkeit, in die sogenannte Sicher- heits-VRG zu wechseln. In diesem System wird die Anfangspension durch die Pensionskasse garantiert. Weiters besteht seit 2013 auch die individuelle Möglichkeit, zwischen verschiedenen Veranlagungsstrategien zu wählen, womit in der Regel eine konservativere oder risikoreichere Veranlagungsform zur Verfügung stehen wird.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Pensionskassengesetz in den letzten Jahren wiederholt novelliert und den geänderten Anforderungen und Gegebenheiten angepasst wurde. Es stehen zahlreiche Wahlmöglichkeiten zur Verfügung, die dem kollektiven Gedanken folgend, zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer(-vertretung) einheitlich zu vereinbaren sind. Seit 2013 gibt es aber zusätzlich auch individuelle Wahlmöglichkeiten für die Begünstigten, in diesem Zusammenhang wurden auch umfangreiche Informations­pflichten als Grundlage für eine Entscheidung des Einzelnen vorgesehen.

Die in der Petition angesprochenen Forderungen sind aus der Sicht des Bundesministeriums für Finanzen großteils bereits erfüllt und können im Rahmen der betrieblichen Autonomie vereinbart werden. Eine grundsätzliche gesetzliche Verpflichtung wäre als nicht zeitgemäß und Rückschritt gegenüber der bestehenden Rechtslage abzulehnen.

28.09.2015

Für den Bundesminister:

i.V. Edith Wanger

(elektronisch gefertigt)