82/SPET XXV. GP

Eingebracht am 11.01.2016
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Stellungnahme zu Petition


An den

Ausschuss für Petitionen und

Bürgerinitiativen

des Nationalrates

Parlament

1017 Wien

per mail:

NR-AUS-PETBLStellunanahme@parlament.av.at

Wien, 11. Jänner 2016

53/PET Bundesbesoldungsreform 2015

82/BI Mitgliedschaft Österreichs bei der EURATOM

87/BI Flucht beginnt mit Krieg. Für humanitäre Hilfe und menschliches Vorgehen der EU und ihrer Mitgliedsstaaten

Zu der im Betreff genannten Petition bzw. Bürgerinitiativen übermittelt das Bundeskanzleramt folgende Stellungnahme:

Zu Petition Nr. 53:

Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 11. November 2014, Rechtssache Schmitzer C-530/13, die im Jahr 2010 zur „Reparatur“ des Vorrückungsstichtages geschaffenen Bestimmungen im Besoldungsrecht des Bundes zur Anrechnung von Vordienstzeiten vor Vollendung des 18. Lebensjahres erneut für altersdiskriminierend erkannt. Die durchgeführten Analysen haben zu dem Schluss geführt, dass eine weitgehend budgetneutrale Sanierung der Rechtswidrigkeit nur durch eine umfangreiche Reform des Besoldungsrechts möglich ist. Zugleich sollte – insbesondere im Hinblick auf die anhängigen Verfahren betreffend eine Anrechnung von Vordienstzeiten - möglichst zeitnah Rechtssicherheit für die Dienstbehörden geschaffen werden.

Daher wurde innerhalb von zwei Monaten die Bundesbesoldungsreform 2015 entwickelt, welche den Vorrückungsstichtag und die früheren Bestimmungen zur Vorrückung aufhebt und deren Anwendung in Zukunft ausdrücklich verbietet. An ihre Stelle tritt ein neues, erheblich vereinfachtes System der Vordienstzeiten- Anrechnung - gemeinsam mit einer entsprechenden Anpassung des gesamten

Dienst-und Besoldungsrechts (Gehalts-Tabellen, Zulagen, Amtstitel usw.). Dieses neue Besoldungssystem ist verbunden mit zahlreichen Überleitungsbestimmungen, die sicherstellen sollen, dass die bereits im Dienststand befindlichen Bundesbediensteten keine Verluste aus der Reform erleiden. Die Komplexität der Überleitungs-Bestimmungen lässt sich einerseits auf die Bemühungen zurück führen, Verluste für Bedienstete zu vermeiden, andererseits auf das Bemühen, durch logisch präzise Bestimmungen eine weitestgehende Automatisierung der Überleitung zu ermöglichen: Als Folge des umfangreichen Regelwerks kann davon ausgegangen werden, dass bis zu 95% der Bediensteten automatisiert übergeleitet werden

können.

Die Reform wurde am 11. Februar 2015 - exakt drei Monate nach dem auslösenden Urteil - verlautbart und trat am darauffolgenden Tag in Kraft (BGBl. I Nr. 32/2015).

Wegen der hohen Geschwindigkeit des Gesetzgebungsprozesses konnten in der Erstfassung der Reform einige Sonderfälle noch nicht ausdrücklich geregelt werden und waren auch vereinzelt legistische Ergänzungen notwendig. Diese Änderungen wurden nun im Rahmen der Dienstrechts-Novelle 2015 (DRN 2015) vorgenommen, zusätzlich erfolgten auch zahlreiche Klarstellungen. Darüber hinaus wurde eine zusätzliche Wahrungszulage ab der nächsten Vorrückung eingeführt

(„Wahrungszulage 2“).

Mit dieser neuen Wahrungszulage wird im Ergebnis die nächste Vorrückung der Höhe nach gewahrt, insgesamt bleibt damit der prognostische Lebensverdienst für die übergeleiteten Bediensteten nahezu unverändert. Der grundlegende Regelungsmodus der Bundesbesoldungsreform 2015 bleibt von der DRN 2015 sowohl hinsichtlich des neuen Besoldungssystems als auch hinsichtlich der Überleitung unberührt. Die im Jänner 2015 im Nationalrat beschlossenen Bestimmungen und die Änderungen im Rahmen der DRN 2015 sind daher gesamthaft als einheitliche Reform zu betrachten. Aus diesem Grund treten die

Änderungen mit demselben Datum wie die ursprüngliche Fassung in Kraft - also rückwirkend zum 12. Februar 2015.

Durch diese gesetzgeberischen Maßnahmen wurde sichergestellt, dass die im Rahmen der Bundesbesoldungsreform 2015 übergeleiteten Bediensteten durch die Überleitung keine Schmälerung ihrer Erwerbsaussichten erfahren!

Zu Bürgerinitiative Nr. 82:

Betreffend einen Austritt aus dem EAGV (Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft) wird erneut darauf verwiesen, dass das Völkerrechtsbüro im Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres sowie der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes zum Schluss gekommen sind, dass „eine isolierte Austrittsmöglichkeit aus der Europäischen Atomgemeinschaft auch mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon nicht besteht.“ Das diesbezügliche Gutachten wurde 2011 an die im Nationalrat vertretenen Parteien übermittelt. Die Rechtsdienste haben diese Auffassung im Umweltausschuss am 5. Mai 2015

bestätigt.

Unabhängig davon würde ein Austritt dazu führen, dass Österreich die Möglichkeit, die EU-Nuklearpolitik mitzugestalten, verlieren würde.

Der EAGV enthält Elemente, die nicht mehr zeitgemäß sind. Daher hat Österreich von Beginn seiner EU-Mitgliedschaft an alle Reformbestrebungen hinsichtlich des EAGV unterstützt und auch selbst Reforminitiativen gesetzt. Auf der Basis österreichischer Bemühungen bei der Regierungskonferenz 2004 haben fünf EU- Mitgliedstaaten eine EAGV-Revisionskonferenz gefordert. Die diesbezügliche Erklärung wurde 2009 in den Vertrag von Lissabon übernommen, der für eine Änderung des EAGV erforderliche Konsens war allerdings nicht gegeben. Unbeschadet dessen wird die Bundesregierung entsprechend der Entschließung des Nationalrates vom 21. Mai 2015 „alle Möglichkeiten zur Einberufung einer

EURATOM-Vertragsrevisionskonferenz mit dem Ziel eines Atomenergieausstieges ausschöpfen“. Jedenfalls wirkt Österreich darauf hin, dass die EAGV-Aktivitäten auf Sicherheits- und Risikoforschung sowie Strahlenschutz ausgerichtet werden und der Förderzweck möglichst eliminiert wird. Zudem wird eine verstärkte Einbindung des Europäischen Parlamentes zur Demokratisierung der Entscheidungsprozesse

angestrebt.

Die am 28. April 2015 im Amtsblatt der EU veröffentlichte Entscheidung der Europäischen Kommission, staatliche Subventionen für das Kernkraftwerk Hinkley Point C zu bewilligen, wurde nicht auf der Grundlage des - keine Reglementierung staatlicher Beihilfen vorsehenden - EAGV erlassen, sondern stützt sich auf den - ein grundsätzliches Verbot staatlicher Beihilfen vorschreibenden - AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der EU), insbesondere Art. 107 Abs. 3 lit. c. Die Bundesregierung setzt sich weiterhin konsequent gegen direkte und indirekte AKW-Förderungen ein.

In diesem Sinne hat Österreich, unterstützt durch einen von allen Parteien mitgetragenen Beschluss des Parlaments sowie einen Ministerratsbeschluss vom

22.   Juni 2015, am 6. Juli 2015 gegen die Entscheidung Nichtigkeitsklage beim Gericht der EU eingebracht.01.01.2016

BAYER

Zu Bürgerinitiative Nr. 87:

Humanitäre Hilfe:

Die Europäische Union hat seit Beginn des Syrienkonflikts aus Mitteln der EU Kommission und der EU MS rund € 4,4 Mrd. an finanzieller Hilfeleistung für syrische Flüchtlinge in den Nachbarstaaten als auch für Binnenvertriebene in Syrien bereitgestellt. Diese Mittel werden sowohl über UNCHR als auch im Wege einer Reihe von anderen humanitären Organisationen, wie das World Food Programme, das Internationale Komitee vom Roten Kreuz oder humanitäre Nichtregierungsorganisationen abgewickelt.

Die Staats- und Regierungschef haben sich beim Europäischen Rat am

23.    September 2015 darauf verständigt, für die Deckung des dringendsten Bedarfs der Flüchtlinge in der Region durch einen Betrag in Höhe von mindestens € 1 Mrd. diese Hilfeleistung weiter zu intensivieren.

Darüber hinaus wurde für die Unterstützung des Libanons, Jordaniens, der Türkei und anderer Länder bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise, eine Aufstockung des regionalen Treuhandfonds der EU auf € 500 Mio. ("Madad-Fonds") beschlossen. Österreich stellt für die erwähnten zusätzlichen Hilfsleistungen € 23 Mio. zur Verfügung.

Schaffung legaler Fluchtmöglichkeiten und solidarisches Vorgehen bei der Verteilung der Asylwerber/innen in der EU

Beim Europäischen Rat am 25726. Juni 2015 beschlossen die Staats- und Regierungschefs ein Programm für das Resettlement von 20.000 syrischen Flüchtlingen aus der Region in die EU. Die Anzahl der Resettlement Plätze wurde in der Tagung der Innenminister am 20. Juli 2015 auf insgesamt 22.504 Plätze aufgestockt (unter Beteiligung von NO, ISL, LIE und CH). Österreich hat 1.900 Plätze angeboten und bislang 1.288 syrische Flüchtlinge aus Flüchtlingslagern in Jordanien, Libanon, Türkei und Irak aufgenommen.

Neben dem durch das Resettlement Programm ermöglichten Umsiedlung von Flüchtlingen aus der Region in die EU, hat die Europäische Union zusätzlich einen temporären Mechanismus zur Umverteilung (Relocation) von Flüchtlingen zwischen den EU MS geschaffen. Mit Hilfe dieses Mechanismus sollen 160.000 Flüchtlinge auf Basis eines fairen Verteilungsschlüssels auf alle EU-MS verteilt werden. Daneben hat die EK einen Vorschlag für die Schaffung eines permanenten Umverteilungsmechanismus im Rahmen der Überarbeitung der Dublin-Verordnung vorgelegt.

Aufnahmezentren/Hotspots

Beim Europäischen Rat am 23. September 2015 sind die Staats- und Regierungschefs Übereinkommen sogenannte Hotspots zur Identifizierung, Registrierung, Abnahme von Fingerabdrücken und zur vorübergehenden Aufnahme von Schutzsuchenden und anderen Migranten in Italien und Griechenland mit dem Ziel einer fairen Verteilung einzurichten. Zurzeit findet die technische und personelle Ausstattung dieser Hotspots statt. Österreich unterstützt den Aufbau der Hotspots und beteiligt sich mit der Entsendung von Experten.

Abschließend wird in Beantwortung der gegenständlichen parlamentarischen Bürgerinitiative auf die Stellungnahme des Bundesministeriums für Inneres verwiesen.

Für den Bundeskanzler:

BAYER