231/UEA XXV. GP

Eingebracht am 10.07.2014
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Dr. Jarolim, Mag. Steinacker, Mag. Wurm, DI Berlakovich Kolleginnen und Kollegen

betreffend Sicherstellung einer opfergerechten Abwicklung des Mandatsverfahrens

eingebracht im Zuge der Debatte über den Ausschussbericht betreffend ein Bundesgesetz,
mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Jugendgerichtsgesetz 1988, das Suchtmittelgesetz, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Geschworenen- und Schöffengesetz 1990 und das Gebührenanspruchsgesetz geändert werden (Strafprozessrechtsänderungsgesetz 2014) (203 d.B.)

Im Strafprozessrechtänderungsgesetzes 2014 wird die Einführung eines schriftlichen Mandatsverfahrens vorgeschlagen.

Auf Ebene der Bezirksgerichte und der Einzelrichter des Landesgerichts soll es künftig möglich sein, ein Strafverfahren wegen Vergehen einer beschleunigten
Verfahrensabwicklung zuzuführen, wenn die Sach- und Rechtslage umfassend geklärt ist,
der Angeklagte zum Anklagevorwurf vernommen worden ist und keine Beeinträchtigung der Rechte und Interessen des Opfers zu befürchten ist.

Zur Klärung dieser Voraussetzungen soll es dem Gericht auch freistehen, Angeklagten und Opfer zu vernehmen und gegebenenfalls auch die Frage der Schadensgutmachung einer vergleichsweisen Bereinigung zuzuführen.

Im Begutachtungsverfahren und in anschließenden Gesprächen haben Opferschutzorganisationen Bedenken gegen diese Verfahrensart wegen der möglichen Verkürzung von Opferrechten und der mangelnden Eignung zur Behandlung von
Gewalttaten im familiären Naheverhältnis geäußert.


Diese Kritik ist ernst zu nehmen: es darf vor allem zu keiner auch nur scheinbaren Vernachlässigung der Signalwirkung einer öffentlichen Hauptverhandlung in Fällen
häuslicher Gewalt kommen. Das Interesse der Opfer, hier vor allem der Frauen an umfassender Information und Aufklärung ist eben so wichtig, wie eine weitere
Sensibilisierung im Bereich der Justiz, Gewalttaten in familiären Beziehungen den

gebührenden Stellenwert einzuräumen und Opfer auch zu ermächtigen, ihre Interessen vor Gericht deutlich vertreten zu können.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Der Bundesminister für Justiz wird ersucht, im Zusammenhang mit der Einführung des Mandatsverfahrens in § 491 StPO folgende begleitende Maßnahmen durchzuführen:

1.    Rechtzeitig vor Inkrafttreten der Regelungen des Strafprozessrechtsänderungsgesetzes 2014 im Rahmen eines Einführungserlasses alle in Strafsachen tätigen Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, Richteramtsanwärterinnen und Richteramtsanwärter sowie Bezirksanwältinnen und Bezirksanwälte nachdrücklich darauf hinweisen, dass bei der Anwendung der neuen Verfahrensart besonders darauf zu achten ist, dass alle Verfahrensbeteiligten, die von einem Mandatsverfahren betroffen sein könnten, insbesondere Opfer, individuell und umfassend über ihre Rechte belehrt werden.

2.    In die erforderliche Anpassung der Formulare zur Information und Belehrung für Opfer die im Bereich des Gewaltschutzes tätigen NGOs (insbesondere die Gewaltschutzzentren und den Weissen Ring) rechtzeitig einzubeziehen.

3.    Bis zum 30. Juni 2017 dem Parlament eine Auswertung der Anwendungszahlen des Mandatsverfahrens unter größtmöglicher Aufschlüsselung aller wesentlichen Parameter (Anzahl der Einsprüche, Deliktsart, Betroffenheit der Opfer uam) zu übermitteln und darüber zu berichten, ob die Erfahrungen mit dem Mandatsverfahren dessen Beibehaltung begründen können.