828/UEA XXV. GP

Eingebracht am 01.03.2017
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

der Abgeordneten Josef Cap, Christine Muttonen, Reinhold Lopatka, Elisabeth Pfurt- scheller, Tanja Windbüchler-Souschill

Kolleginnen und Kollegen

betreffend Besorgnis erregende Zunahme von Angriffen auf medizinische Ein­richtungen und Humanitäre Organisationen in Konfliktregionen

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Außenpolitischen Ausschus-

ses über den Außen- und Europapolitischen Bericht 2015 der Bundesregierung

(III-334 d.B.)

Die internationale Gemeinschaft ist in den vergangenen Jahren Zeugin eines erschre­ckenden Trends zu Angriffen und Anschlägen auf Krankenhäuser, Medizinerinnen und Mediziner und Patienten und Patientinnen in Konfliktregionen geworden. Der ehema­lige VN-Generalsekretär Ban Ki-Moon (2007-2016) sprach am 18. August 2016 von einer wachsenden Unsicherheit für medizinische Einrichtungen. Laut der Präsidentin von Ärzte ohne Grenzen wird die Nichtbeachtung medizinischer Unparteilichkeit ge­rade zum neuen völkerrechtswidrigen Standard in der Kriegsführung. Allein 2015 wur­den 106 Luft- und Artillerieangriffe auf 75 Krankenhäuser, die von Ärzte ohne Grenzen geführt oder unterstützt wurden, dokumentiert. Die Weltgesundheitsorganisation WHO berichtet von 594 gemeldeten Angriffen, die es in den Jahren 2014 und 2015 in 19 Ländern gegeben hat. Das Internationale Rote Kreuz dokumentierte 2400 Angriffe in den Jahren 2012-2014. Hospitäler in Afghanistan, der Zentralafrikanischen Republik, im Südsudan, in Syrien, der Ukraine und im Jemen würden regelmäßig mit Bomben angegriffen, überfallen, geplündert oder bis auf die Grundmauern abgebrannt. Die Be­drohungslage für Medizinerinnen und Medizinern und Patientinnen und Patienten hat enorm zugenommen.

Die Angriffe töten und verwunden nicht nur unmittelbar Helfer und Patienten. Sie zer­stören die medizinische Infrastruktur und somit auch langfristig die Gesundheitsver­sorgung in jenen Regionen, wo sie am Rarsten und zuweilen am Nötigsten ist. Neu­geborene, Kleinkinder, Schwangere und Mütter, die besonders auf eine funktionie­rende Gesundheitsversorgung angewiesen sind, wagen sich zum Teil aus Angst vor Angriffen nicht mehr in die wenigen bestehenden medizinischen Einrichtungen.

 

Krankenhäuser, ihr medizinisches und administratives Personal und die Patienten sind eigentlich durch die Genfer Konventionen, die von 196 Staaten ratifiziert worden sind und ihren Zusatzprotokollen geschützt. Schwere Verletzungen der Konventionen gel­ten auch nach dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs als Kriegs­verbrechen.

 

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat als Reaktion auf die zunehmenden An­griffe auf Krankenhäuser und medizinisches Personal am 3. Mai 2016 die Resolution

2286 verabschiedet, in der er Gewalttaten, Drohungen und Angriffe gegen Verwundete und Kranke, medizinisches und humanitäres Personal, das sich ausschließlich mit me­dizinischen Aufgaben befasst, auf ihre Ausrüstung und Transportmittel sowie Kranken­häuser verurteilt. Die Resolution erinnert die Konfliktparteien zudem an ihre Völker- und Menschenrechtsverpflichtungen und fordert sie auf, derartige Verstöße zu verfol­gen und zu bestrafen.

Allerdings sind die Angriffe auf Krankenhäuser und Hospitäler auch danach nicht ab­geklungen. Die zahlreichen Vergehen während des Kampfes um Aleppo verdeutlichen dies ebenso, wie der zeitweilige Rückzug von Ärzte ohne Grenzen aus dem Nordje­men.

 

Der damalige VN-Generalsekretär Ban Ki-Moon hat dem Sicherheitsrat in Umsetzung von Resolution 2286 am 18. August 2016 13 Vorschläge unterbreitet, wie die interna­tionale Gemeinschaft auf die zunehmenden Attacken reagieren sollte, um diese für die Zukunft wirksam einzudämmen. Unter anderem fordert der Generalsekretär die Mit­gliedstaaten auf, ihre Möglichkeiten der Einflussnahme gegenüber Konfliktparteien zu nutzen, um Völkerrechtsverletzungen zu verhindern. Außerdem fordert er im Sinne des Waffenhandelsvertrags, dass waffenexportierende Staaten berücksichtigen mögen, ob mit ihren Waffen medizinische Einrichtungen angegriffen werden könnten. Bei er­heblichem Risiko haben sie die humanitäre Verpflichtung die Ausfuhr zu versagen.

Für die internationale Staatengemeinschaft muss der Schutz der Genfer Konventio­nen, die dafür sorgen, dass im Krieg ein Mindestmaß an völkerrechtlicher Bindung herrscht, oberste Priorität haben. Das gilt insbesondere für Österreich, für das die Stär­kung des Völkerrechts ein Hauptanliegen seiner Außenpolitik ist.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres wird aufgefordert

       sich auf europäischer und internationaler Ebene und in seiner Funktion als am­tierender Vorsitzender der OSZE für einen besseren Schutz lokaler und inter­nationaler Helfer einzusetzen;

       sich auf europäischer und internationaler Ebene für die Umsetzung der vom damaligen VN-Generalsekretär Ban Ki-Moon vorgestellten Vorschläge zur Prä­vention von Angriffen auf medizinisches Personal und deren Einrichtungen ein­zusetzen;

      gemäß dieser Vorschläge die eigenen Einflussmöglichkeiten auf die beteiligten Parteien in bewaffneten Konflikten und Kriegen zu nutzen, um Verstöße gegen die Genfer Konventionen und ihre Zusatzprotokolle zu benennen;

       auf internationaler Ebene und gegenüber beteiligten Konfliktparteien deutlich zu machen, dass auch die Verwendung von medizinischen Einrichtungen und ge­schützten Personen als Tarnung und menschliche Schutzschilde ein Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht darstellen;

      sich auf internationaler Ebene für die vom VN-Generalsekretär vorgeschlage­nen unabhängigen Untersuchungen der Angriffe, insbesondere für eine Aktivie­rung der Internationalen Humanitären Ermittlungskommission (IHEK), und die Bestrafung der Schuldigen einzusetzen.“