Parlament Österreich

 

 

 

V-21 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

 

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Beratungen des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses in Angelegenheiten

der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

Dienstag, 31. Mai 2016

 


Beratungen
des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

XXV. Gesetzgebungsperiode       Dienstag, 31. Mai 2016

 

 

 

Tagesordnung

 

 

 

1.    COM(2015) 615 final

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen

(86728/EU XXV.GP)

 

2    COM(2016) 128 final

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen

(96331/EU XXV.GP)

 

 

In einer Stellungnahme zur Geschäftsordnung kritisierte Vorsitzführender Werner Kogler am Ende der Sitzung, die Fraktionen hätten sich nicht auf eine Erweiterung der Tagesordnung um das Freihandelsabkommen CETA mit Kanada einigen können, obwohl der Rechts-, Legislativ- und Wissenschaftliche Dienst der Parlamentsdirektion bereits ein Gutachten dazu vorgelegt habe.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Barrierefreiheit-Produktstandards

 

Nationalstaatliche Bestimmungen sollen Unternehmen nicht behindern, ihre Produkte und Dienstleistungen grenzüberschreitend anzubieten. Dieser Grundsatz des Binnenmarkts hat auch für den Bereich Barrierefreiheit zu gelten, geht es nach der Europäischen Kommission.

 

Ihren Richtlinienvorschlag, barrierefreie Produkte und Services durch einheitliche Anforderungen unionsweit leichter zugänglich machen, begrüßten heute im EU-Unterausschuss des Nationalrats am deutlichsten die Grünen: 80 Millionen Menschen mit Behinderung oder Einschränkungen würden davon profitieren, meinte Bruno Rossmann ebenso wie Sozialminister Alois Stöger. Letzterer betonte zudem, europaweite Standards der Barrierefreiheit von Waren würden darauf spezialisierten heimischen Betrieben einen viel größeren Markt bieten. Vor allem aber sei der Vorschlag "im Interesse der Menschen mit Behinderung in Österreich".

 

Derzeit gibt es der Kommission zufolge innerhalb der EU unterschiedliche Rechtsvorschriften. Hersteller und Dienstleister würden sich zum Teil nach nationalen, zum Teil nach internationalen Normen richten, die meist nicht aufeinander abgestimmt seien. Untermauert findet die Kommission ihren Vorschlag zur Behebung von Handelshemmnissen bei barrierefreien Produkten und Dienstleistungen nicht nur im Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderung, sondern auch in der "Europäischen Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen 2010-2020".

 

Das Kommissionsziel, Menschen mit Behinderung in ihrer gesellschaftlichen Inklusion sowie bei Mobilität und Autonomie zu unterstützen, befürworteten grundsätzlich alle Fraktionen, Josef Muchitsch von der SPÖ warnte allerdings davor, wieder "Musterschüler" sein zu wollen. Österreich dürfe mit einer übereilten Umsetzung der Vorschläge nicht Wettbewerbsnachteile für die eigene Wirtschaft verursachen. Bedenken äußerten auch ÖVP und Team Stronach in Bezug auf zusätzlichen Aufwand und Kosten; Angelika Winzig bezog sich dabei auf private Unternehmen, Gabriele Tamandl auf die öffentliche Hand. Vor überschießender Marktüberwachung in diesem Bereich warnten die NEOS, wiewohl ihr Sprecher Gerald Loacker den Richtlinienvorschlag durchaus als verhältnismäßig bewertete, da er für kleine und mittelständische Unternehmen Ausnahmen ermögliche. In ihrem Entwurf empfiehlt die Kommission für Kleinstunternehmen weniger strenge Vorgaben zur Einhaltung der Vorschriften. Sozialminister Stöger hält für die Marktüberwachung keine eigenen Behörden für notwendig, die jeweils zuständigen Stellen sollten die Aufgaben in ihrem Bereich übernehmen.

 

Klar gegen die Initiative argumentiert die FPÖ. Die Richtlinie bringe "eine Menge zusätzlicher Bürokratie und Überwachung", und außerdem bestehe in diesem Feld kein Änderungsbedarf, befand Johannes Hübner. Schwachstellen anderer Art machen die Grünen im Vorschlag aus. In Vertretung seiner Fraktionskollegin Helene Jarmer nannte Rossmann etwa unzureichende Regelungen für den barrierefreien Zugang zur Euro-Notrufnummer 112, die nur als Sprachtelefonie konzipiert ist. Bundesminister Stöger sicherte zu, sich hier für eine vermehrte Sensibilisierung einzusetzen. Generell appellierte er, die vorgeschlagenen Regelungen nicht nur als Belastung für die Wirtschaft zu sehen. Ein einheitliches Zertifizierungssystem im europäischen Markt unterstütze Unternehmen im Vertrieb, zudem könne man von einer Kostenhalbierung ausgehen, wenn die Produktion für verschiedene Länder nach einheitlichen Standards erfolgt.

 

Gemäß Richtlinienvorschlag soll durch das Anbringen des CE-Zeichens deutlich werden, dass Produkte die geltenden Barrierefreiheitsanforderungen erfüllen (EU-Konformitätserklärung). Die Hersteller hätten dafür Verantwortung zu übernehmen. Eine behördliche Bewilligung ist nicht erforderlich, die Durchführung des gesamten Konformitätsbewertungsverfahrens bleibt in der Eigenverantwortung des Produktherstellers. Allerdings sind Kontrollmöglichkeiten durch die staatlichen Marktüberwachungsbehörden vorgesehen. Alle Wirtschaftstreibenden, die Teil der Liefer- und Vertriebskette sind, müssen die entsprechenden Garantien übernehmen (auch Händler und Importeure).

 

Die geplanten Bestimmungen umfassen Geldautomaten, Ticket- und Check-in-Automaten, Bankdienstleistungen, Computer (Hard- und Software), Telefone, Smartphones, Telefondienste, Fernsehgeräte im Zusammenhang mit digitalen Fernsehdiensten, Audiovisuelle Mediendienste, Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Luft-, Bus-, Schienen- und Wasser-Personenverkehr, Elektronische Bücher (E-Books) und der Elektronische Handel (E-Commerce). Die Richtlinie enthält eine einheitliche EU-Definition und einen Umsetzungsrahmen für die diesbezüglichen Anforderungen an die Produkte und Dienstleistungen, schreibt aber nicht im Einzelnen vor, wie die Pflicht, ein Produkt oder eine Dienstleitung barrierefrei entsprechend den Anforderungen zu gestalten, in der Praxis zu erfüllen ist. Auch im Rahmen der EU-Vorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge sollen die gleichen Barrierefreiheitsanforderungen gelten. Die Niederlande als aktueller EU-Vorsitz haben laut Stöger die Verhandlungen vorangetrieben, vom nächsten Vorsitzland, der Slowakei, sei allerdings weniger Einsatz für die Richtlinie zu erwarten. Mit einer Fertigstellung des Legislativvorschlags zur einheitlichen Barrierefreiheit-Kennzeichnung rechnet er daher frühestens 2017.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Entsenderichtlinie

 

Die Entsenderichtlinie der EU soll überarbeitet werden; diese Meinung vertritt nicht nur die heimische Politik, auch die Europäische Kommission hat inzwischen einen Vorschlag dazu präsentiert. Demnach sollen die ursprünglichen Vorgaben aus 1996, die einen EU-weit verpflichtenden Rahmen für Entsendungen vorsehen, verschärft werden, insbesondere hinsichtlich Entlohnung und Sozialstandards. Außerdem sollen effektivere Kontrollen nicht angemeldete Erwerbstätigkeit verhindern. Grundsätzlich betrachtet die Kommission Entsendungen im Unionsraum – unter Beachtung der Arbeitnehmerrechte - als wichtigen Beitrag zum Wirtschaftswachstum in Europa, da sie einen unverfälschten Wettbewerb sicherstellen würden. "Es geht um fairen Wettbewerb", tritt auch Sozialminister Alois Stöger für EU-weite Bestimmungen ein, die Lohndumping unterbinden. Der Binnenmarkt sei gerechter zu gestalten. Den Grundsatz "gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort" bezeichnet der Minister als entscheidend für die nachhaltige Weiterentwicklung der Europäischen Union.

 

Im EU-Unterausschuss des Nationalrats stieß der Kommissionsvorschlag dagegen auf einige Vorbehalte – und bei der FPÖ auf klare Ablehnung. Angesichts der steigenden Arbeitslosenzahlen müsse die Bundesregierung sich auf EU-Ebene für eine sektorale Schließung des Arbeitsmarkts einsetzen, beantragten die Freiheitlichen, erhielten dafür aber nur vom Team Stronach vollinhaltliche Unterstützung. Die übrigen Fraktionen erklärten den Vorstoß mit unterschiedlichen Argumenten als nicht praktikabel.

 

Aus Sicht der Gewerkschaft konnte Josef Muchitsch (S) die Einwendungen von Johannes Hübner (F) gegen die Richtlinie zwar bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen. Wie Hübner betonte auch der Sozialdemokrat, die Regelungen aus den 90er Jahren entsprächen nicht mehr dem heutigen Binnenmarkt, in dem seit der Ostöffnung das Lohngefälle zugenommen hat. Anders aber als der Freiheitliche, für den der Kommissionsvorschlag nur vermehrten Kontroll- und Verwaltungsaufwand sowie neuerlichen Druck auf das Lohnniveau bringt, stellt der Entwurf für Muchitsch einen guten Anfang für die Verhandlungen auf EU-Ebene dar. Schutzklauseln, wie von der FPÖ gefordert, seien im Binnenmarkt nicht möglich, Österreich habe zuletzt mit dem Lohn- und Sozialdumpinggesetz die Grenzen des nationalstaatlich Möglichen ausgereizt.

 

Schon bisher sollten EU-Bestimmungen für Entsendungen gleiche Ausgangsbedingungen für gebietsansässige und gebietsfremde Wirtschaftsteilnehmer schaffen, indem die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen des Aufnahmemitgliedstaates für ausländische Dienstleistungserbringer als verbindlich vorgegeben wurden. Das betrifft beispielsweise Höchstarbeits- und Mindestruhezeiten, Mindestlohn einschließlich der Überstundensätze, bezahlten Mindestjahresurlaub und Sicherheit am Arbeitsplatz. Mit der Durchsetzungsrichtlinie versuchte man 2014 erneut, Missbrauch und Betrug bei Entsendungen entgegenzuwirken; die Umsetzungsfrist läuft noch bis zum 18. Juni 2016. Vorgesehen werden hier Maßnahmen gegen sogenannte Briefkastenfirmen und eine stärkere Überwachung der Arbeitsbedingungen durch die Nationalstaaten. Außerdem soll die Durchsetzungsrichtlinie die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedsländer verbessern; so müssen die zuständigen Stellen bei Ersuchen um Amtshilfe aus einem anderen Mitgliedstaat unverzüglich reagieren.

 

Mit Verweis auf die Durchsetzungsrichtlinie warnte Angelika Winzig (V) davor, heimischen Betrieben nun noch mehr Kontrollen aufzubürden, zumal österreichische Firmen viel häufiger kontrolliert würden als ausländische, wie Waltraud Dietrich (T) ergänzte. Vielmehr sei darauf zu achten, so Winzig, dass die Strafverfolgung wegen Verstößen gegen die Bestimmungen im Ausland funktioniert. Anhand eines "risikobasierten Kontrollplans" wolle man lediglich jene Betriebe verstärkt in Augenschein nehmen, bei denen erhöhte Gefahr von Lohn- und Sozialdumping zu vermuten ist, suchte Minister Stöger daraufhin die Zweifel zu zerstreuen.

Aus Sicht der NEOS überwiegen in der österreichischen Gesetzeslage und im Vorschlag der Kommission dennoch die Nachteile für die Wirtschaft. Die Überlegungen stünden im "diametralen Widerspruch" zum gemeinsamen Wirtschaftsraum, schon jetzt klagten 30% der grenzüberschreitend tätigen Unternehmen über bürokratische Hemmnisse, kritisierte Gerald Loacker. Die eigentliche Ursache für Wettbewerbsverzerrung erkennt er in den nach seinem Dafürhalten überhöhten Sozialversicherungsgebühren Österreichs und nannte explizit Beiträge für Kammern oder die Wohnbauförderung. Die niedrigeren Sozialabgaben in den meisten Entsenderländern sind auch für Bruno Rossmann von den Grünen Hauptgrund des Problems. Anzusetzen ist aus seiner Sicht daher in der europäischen Sozialpolitik. Solange nicht Änderungen im Sozialversicherungssystem angegangen werden, bleibe die Lohndifferenz zwischen den Mitgliedsstaaten bestehen, auch die Finanzpolizei als Kontrollorgan für die Einhaltung von Anti-Dumping-Bestimmungen sei hier de facto machtlos.

 

Im aktuellen Richtlinienvorschlag schlägt die EU-Kommission als Ergänzung zur vorhandenen Rechtsmaterie nun Regelungen vor, die dem Grundsatz gleiches Entgelt für gleiche Arbeit am gleichen Ort stärker Rechnung tragen sollen. Allgemein verbindliche Tarifverträge würden sowohl für lokale als auch für entsandte ArbeitnehmerInnen sowie LeiharbeiterInnen aller Branchen gelten. Bislang stellen die Vorschriften ja – außer im Baugewerbe - nur auf den Mindestlohn ab, ohne Kollektivverträge zu beachten. Bei Untervergabeketten erhalten die EU-Länder dem Entwurf zufolge ebenfalls die Möglichkeit, für entsandte ArbeitnehmerInnen die Vergütungsvorschriften vorzusehen, die für den Hauptauftragnehmer gelten.

 

Weiters sollen entsandte ArbeitnehmerInnen arbeitsschutzrechtlich genauso behandelt werden wie lokale MitarbeiterInnen – und zwar ab dem ersten Tag, wenn abzusehen ist, dass der oder die ArbeitnehmerIn für länger als 24 Monate entsandt wird. In allen anderen Fällen kommt die Regel zur Anwendung, sobald die Entsendungsdauer 24 Monate überschreitet. Dann nämlich gilt der Beschäftigerstaat als gewöhnlicher Arbeitsort des entsandten Arbeitnehmers. An dieser Frist stießen sich nicht nur die Abgeordneten Muchitsch und Rossmann, auch Sozialminister Stöger will weiter auf eine Verkürzung drängen. Die Kommission habe diesen Zeitraum ohne Sachzusammenhang aus dem Sozialversicherungsrecht entnommen. Besonders erbost zeigte sich Muchitsch allerdings über den Protest gegen den Richtlinienvorschlag, den ein Drittel der Mitgliedsländer erhoben hat; Staaten die offenbar weiterhin Billig-Arbeitskräfte in den Unionsraum schicken wollten, folgerte der SPÖ-Sozialsprecher.

 

Kritische Stimmen kamen der Kommission zufolge vor allem aus osteuropäischen und baltischen Ländern. Die Ratsarbeitsgruppe Sozialfragen befasse sich derzeit mit dem Vorschlag der Kommission, die Diskussionen dabei seien äußerst kontrovers, bestätigte Minister Stöger. Er bleibt aber auf dem Standpunkt, ein gemeinsames Vorgehen gegen Lohn- und Sozialdumping sei unumgänglich im Sinne der Freizügigkeit, einem der Grundprinzipien der Union. Letztlich stärke man dadurch den sozialen Fortschritt in Europa.

 

Mit einer gemeinsamen Plattform will Brüssel erreichen, dass die Durchsetzungsbehörden aller Mitgliedstaaten stärker bei der Bekämpfung illegaler Arbeitsverhältnisse zusammenarbeiten. Erleichtert werden soll unter anderem der Austausch bewährter Verfahren sowie der Aufbau von Fachwissen als Grundlage der grenzüberschreitenden Kooperation. Als Beispiele von zu bekämpfenden Praktiken nennt die Kommission die Scheinselbständigkeit und das Überreichen von "Schwarzgeldumschlägen" bzw. die "Barauszahlung des Lohns", wodurch nur ein Teil des Arbeitsentgelts offiziell ausbezahlt wird und der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin den Rest inoffiziell erhält. Als Argument für einen "modernisierten Rechtsrahmen für die Arbeitnehmerentsendung" werden seitens der Kommission schließlich auch aktuelle Probleme wie administrative und dokumentarische Auflagen, Gebühren und Registrierungspflichten für ArbeitnehmerInnen beziehungsweise Unternehmen angeführt. Unklare Arbeitsmarktvorschriften in den Zielländern stellten besonders für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) ein großes Hindernis bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen dar.

 

Unionsrechtlich geregelt sind derzeit drei Entsendungsarten: Unternehmen können entweder über einen Dienstleistungsvertrag direkt in einem anderen EU-Land ihre Services anbieten, ihre MitarbeiterInnen im Rahmen einer unternehmensinternen Entsendung in einer Niederlassung tätig werden lassen oder die ArbeitnehmerInnen werden über ein Leiharbeitsunternehmen, das in einem anderen Mitgliedstaat sesshaft ist, zur Verfügung gestellt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag der FPÖ auf Stellungnahme wurde nur vom Team Stronach unterstützt und blieb daher in der Minderheit.

 

 

 

ANTRAG AUF STELLUNGNAHME

gemäß Art 23e B-VG

 

der Abgeordneten Dr. Hübner, B. Rosenkranz, Dr. Bösch und Mölzer

betreffend

COM (2016) 128 final Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (96331/EU, XXV. GP)

 

eingebracht in der Sitzung des Ständigen Unterausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 31.5.2016 zu TOP 2

 

Im Jahr 2015 wurden 56.628 Meldungen grenzüberschreitender Tätigkeiten betreffend Arbeitnehmer eingebracht.

Meldung einer Entsendung 46.816

Meldung einer Überlassung 9.812

 

Im Jahr 2015 erfolgten 19.004 Meldungen grenzüberschreitender Tätigkeit im Bereich „Bau“.

Meldung einer Entsendung 17.772

Meldung einer Überlassung 1.232

 

Die o.g. Meldungen betrafen 2015 gesamt 150.080 gemeldete Arbeitnehmer betreffend grenzüberschreitende Tätigkeit.

Durch Meldung einer Entsendung 134.911

Durch Meldung einer Überlassung 15.169

 

Gleichzeitig gab es Ende des Jahres 2015 knapp 500.000 Arbeitslose in Österreich. In vielen Branchen, - etwa Bau, Baunebengewerbe und Industrieanlagenmontage gibt es einen fortgesetzten Verdrängungswettbewerb, der sowohl österreichische Staatsbürger als auch bereits lange Zeit in Österreich befindliche ausländische Arbeitskräfte trifft.

 

 

In diesem Zusammenhang hat etwa auch der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) in seinem „Burgenländischen Modell“ folgendes gefordert:

 

Der Arbeitsmarkt in Österreich ist an einem Scheideweg angelangt. Die Arbeitslosenzahlen sind speziell im letzten Jahr besorgniserregend gestiegen, mit Tendenz nach oben. „Um das Gefüge in unserem Sozialstaat nicht zu gefährden, müssen jetzt entsprechende Maßnahmen gesetzt werden“, spricht Landeshauptmann Hans Niessl Klartext. Aus diesem Grund hat der Parteivorstand der SPÖ Burgenland, nach einem Referat des eingeladenen Wiener Arbeiterkammer-Direktors Werner Muhm, eine dementsprechende Resolution einstimmig verabschiedet. Darin fordert die burgenländische Sozialdemokratie die Bundesregierung auf, verschiedene Punkte zur Verbesserung des heimischen Arbeitsmarktes umzusetzen.

 

Das Burgenland steht - trotz mehrjährigen Beschäftigungsrekorden – am Arbeitsmarkt im Vergleich mit allen anderen Bundesländern am meisten unter Druck. Die Tatsache, dass rund eine Million Menschen eine halbe Stunde von der burgenländischen Grenze entfernt leben, zeigt auf, wie sehr der burgenländische Arbeitsmarkt von der Arbeitnehmerfreizügigkeit betroffen ist. Da das durchschnittliche Lohnniveau in diesen Ländern um zwei Drittel niedriger ist als in Österreich, verwundert es nicht, dass Menschen aus der Slowakei, Ungarn und Slowenien auf den österreichischen, im speziellen auf den burgenländischen Arbeitsmarkt drängen. Die Voraussetzungen für einen ausbalancierten gemeinsamen Arbeitsmarkt sind daher noch immer nicht gegeben. „Die Prognosen haben sich als falsch erwiesen. Daher müssen auch die dementsprechenden Beschlüsse geändert werden“, so Landeshauptmann Hans Niessl.

 

Neue Schutzklausel für den heimischen Arbeitsmarkt

 

Die SPÖ Burgenland fordert eine neue Schutzklausel in Bereichen, wo die Arbeitslosigkeit besonders hoch ist, wie etwa im Bau- und Baunebengewerbe, aber auch in anderen Branchen. Im Konkreten bedeutet das eine temporale und sektorale Beschränkung der europaweiten Personenfreizügigkeit. „Wir fordern die Bundesregierung auf, Gespräche auf europäischer Ebene zu führen, um eine neue Schutzklausel schnellstmöglich zu erwirken“, so Niessl. Kein westeuropäisches Land in der EU hat mehr osteuropäische Nachbarn als Österreich. Diese Exponiertheit am europäischen Arbeitsmarkt mit einer Million potentiellen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus den angrenzenden Nachbarstaaten erfordert auch Ausnahmeregelungen.

 

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort

 

Weiters soll eine Verschärfung der arbeitsrechtlichen Gleichstellung ausländischer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kommen. „Das Prinzip „gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort“ muss lückenlos gelten, natürlich auch unter Einbeziehung aller Sozialversicherungsbeiträge“, so Landeshauptmann Niessl. Beispielsweise soll ein ausländischer Arbeitnehmer künftig für seine nicht in Österreich lebenden Kinder eine geringere Familienbeihilfe beziehen, als für Kinder, die in Österreich leben und aufwachsen.

Weitere Forderungen an die Bundesregierung sind Einschränkungen im Sozialsystem für ausländische Arbeitnehmer, verschärfte Maßnahmen gegen Lohn- und Sozialdumping, die Aufstockung der Finanzpolizei, eine moralische Verantwortung für österreichische Unternehmer, in erster Linie in Österreich arbeitslos gemeldete Menschen einzustellen und eine gesellschaftliche Verpflichtung der österreichischen Wirtschaft für die Lehrausbildung von jungen Menschen zu sorgen.

 

Neue Schutzklausel für den heimischen Arbeitsmarkt

 

In Bereichen, wo die Arbeitslosigkeit besonders hoch ist, etwa im Bau- und Baunebengewerbe, aber auch in anderen noch zu definierenden Branchen, muss es temporale und sektorale Beschränkungen der europaweiten Personenfreizügigkeit geben. Dies soll mit einer neuen „Schutzklausel“ umgesetzt werden, der eine Änderung des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu Grunde liegen muss. Wir fordern die Bundesregierung auf, Gespräche auf europäischer Ebene zu führen, um eine neue Schutzklausel schnellstmöglich zu erwirken.

 

 

 

Argumentationsgrundlage für Verhandlungen auf europäischer Ebene:

 

• Besondere geografische Lage Österreichs

 

Kein westeuropäisches Land in der EU hat mehr osteuropäische Nachbarn als Österreich. Diese Exponiertheit am europäischen Arbeitsmarkt mit einer Million potentiellen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus den angrenzenden Nachbarstaaten erfordert auch Ausnahmeregelungen.

 

 

 

• Prognosen nicht eingetroffen

 

Jegliche Prognosen und Studien zur Entwicklung der Arbeitsmarktöffnung waren Fehleinschätzungen. Daher muss es auch möglich sein, Positionen bzw. Vereinbarungen neu zu definieren bzw. zu adaptieren. (…)

 

Auf der Basis dieser Zahlen ist eine sektorale Schließung des österreichischen Arbeitsmarktes gegenüber nichtösterreichischen EU-Bürgern und EU-Drittstaatsangehörigen dringend notwendig, um den Anteil der langzeitarbeitslosen Inländer und Ausländer in Österreich nicht noch weiter zu erhöhen.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

Antrag auf Stellungnahme gemäß Art. 23e B-VG

 

Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung wird aufgefordert,

 

·         COM (2016) 128 final Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen eine klare Absage zu erteilen

und

·         sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass die Nationalstaaten ermächtigt werden, eine sektorale Schließung des Arbeitsmarktes gegenüber Bürgern anderer EU-Staaten zu veranlassen.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist auf die Erlassung eines verbindlichen Rechtsaktes gerichtet, der sich auf die Erlassung von Bundes(verfassungs)gesetzen auf dem im Rechtsakt geregelten Gebiet auswirken würde.