Parlament Österreich

 

 

 

V-29 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

Beratungen des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses in Angelegenheiten

der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

Mittwoch, 24. Mai 2017

 


Beratungen
des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

XXV. Gesetzgebungsperiode       Mittwoch, 24. Mai 2017

 

 

 

Tagesordnung

 

 

 

 

 

1.    COM(2017) 10 final

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Achtung des Privatlebens und den Schutz personenbezogener Daten in der elektronischen Kommunikation und zur Aufhebung der Richtlinie 2002/58/EG (Verordnung über Privatsphäre und elektronische Kommunikation)

(132853/EU XXV.GP)

 

2.    COM(2016) 590 final

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (Neufassung)

(118830/EU XXV.GP)

 

3.    COM(2016) 591 final

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung des Gremiums europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (GEREK)

(118668/EU XXV.GP)

 

4.    7629/17

Valletta Declaration on Improving Road Safety - Draft Council conclusions

(138568/EU XXV.GP)

 

5.    COM(2016) 501 final

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen

Eine europäische Strategie für emissionsarme Mobilität

(112528/EU XXV.GP)

 

 

 

 

 

 

 

 

Telekommunikation 

 

 

Die technologischen Entwicklungen im Bereich der elektronischen Kommunikation, die tiefgreifenden Umwälzungen des Digitalsektors, ihre Auswirkungen auf Privatbereich und Wirtschaft und die notwendigen gesetzlichen Antworten auf europäischer Ebene im Zusammenhang mit dem digitalen Binnenmarkt beherrschten den ersten Teil des EU-Unterausschusses des Nationalrats. Konkret ging es dabei um Vorschriften zur Achtung des Privatlebens und den Schutz personenbezogener Daten in der elektronischen Kommunikation - Bundesminister Jörg Leichtfried sprach in diesem Zusammenhang von einer "lex specialis" zur Datenschutz-Grundverordnung. Ferner stand der Kodex für die elektronische Kommunikation zur Debatte. Das Gremium europäischer Regierungsstellen für elektronische Kommunikation (GEREK) soll zudem mehr Aufgaben erhalten und zu einer eigenen Agentur umgewandelt werden.

 

Die Abgeordneten begrüßten die Initiativen grundsätzlich, sahen aber noch Regelungsbedarf in Detailfragen. Einhellig abgelehnt wurde die Errichtung einer eigenen Agentur für elektronische Kommunikation.

 

 

 

 

e-Datenschutzverordnung

 

 

Zunächst diskutierten die Ausschussmitglieder über die Änderung der e-Datenschutz-Richtlinie, die in Zukunft als Verordnung direkte Rechtskraft in den Mitgliedstaaten haben soll. Diese gewährleistet den Schutz von Grundrechten und Grundfreiheiten, insbesondere die Achtung des Privatlebens, die Wahrung der Vertraulichkeit der Kommunikation und den Schutz personenbezogener Daten im Bereich der elektronischen Kommunikation. Außerdem stellt sie den freien Verkehr von elektronischen Kommunikationsdaten, -geräten und -diensten in der Union sicher. Mit den Bestimmungen wird in Bezug auf die Kommunikation das in der Charta der Grundrechte der EU verankerte Grundrecht auf Achtung des Privatlebens umgesetzt.

 

Eine Evaluierung der geltenden Richtlinie hat nun ergeben, dass zwar die Ziele und Grundsätze nach wie vor Gültigkeit haben, der gesetzliche Rahmen aber den technischen und wirtschaftlichen Entwicklungen seit dem Jahr 2009 nicht mehr Rechnung trägt. Neue Internetdienste, die eine interpersonelle Kommunikation ermöglichen – etwa Whatsapp, Facebook Messenger, Skype - sind nur mehr mangelhaft geschützt. Der Gesetzesvorschlag enthält daher keine grundlegenden Neuerungen, sondern stellt eine Weiterentwicklung bestehender Regelungen dar und betrifft auch "neue" Marktteilnehmer. Allerdings sollen die Bestimmungen nunmehr in einer in den Mitgliedstaaten unmittelbar anzuwendenden Verordnung erlassen werden und nicht mehr Teil einer Richtlinie sein.

 

 

Der Entwurf sieht umfassende Anonymisierungs- und Löschungsverpflichtungen vor, wenn keine ausdrückliche Zustimmung zur Verarbeitung vorliegt bzw. die Daten für Abrechnungszwecke benötigt werden. Elektronische Kommunikation muss vertraulich bleiben. Sollten NutzerInnen ihre ausdrückliche Zustimmung zur Verarbeitung von Kommunikationsdaten geben, können Unternehmen damit auch neue Dienste anbieten. In der vorgeschlagenen Verordnung wird auch geregelt, wann die Verarbeitung von Kommunikationsdaten ausnahmsweise gestattet ist und wann die Einwilligung der NutzerInnen erforderlich wird. Was Cookies betrifft, so sollen die Regeln vereinfacht werden, da es derzeit zu einer Überflutung der NutzerInnen mit Zustimmungsanfragen kommt. Browser-Einstellungen mit entsprechender Vorabinformation für die NutzerInnen sollen in Hinkunft für Zustimmung oder Ablehnung ausreichen. Keine explizite Zustimmung ist für nicht in die Privatsphäre eindringende Cookies notwendig, wie beispielsweise Cookies, die sich den Inhalt des Warenkorbs während des Onlineshoppings merken oder vom Anbieter selbst nur zur Zählung der Website-BesucherInnen verwendet werden. Jedenfalls sollen die NutzerInnen über ihre Daten weiterhin selbst entscheiden können.

 

Ferner soll der Schutz vor unerbetenen Nachrichten verbessert werden. Für Werbeanrufe können die Mitgliedstaaten festlegen, ob diese grundsätzlich verboten sind oder die Möglichkeit der Nutzung einer Do-not-call Liste vorgesehen wird. Die Kommission möchte für Werbeanrufe eine besondere Vorwahl festlegen, die den Anruf als Werbeanruf kennzeichnet. Eine Nummernunterdrückung wäre dann nicht mehr zulässig und die Nummer muss erreichbar sein. Zur Vollziehung der Vertraulichkeitsregeln sollen laut Entwurf die Datenschutzbehörden zuständig sein, die bereits nach der allgemeinen Datenschutz- Grundverordnung eingerichtet wurden. 

 

 

Seitens des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) wird das Rechtsinstrument der Verordnung im Sinne eines einheitlichen Rahmens positiv gesehen. Weniger Zustimmung findet der Vorschlag der Kommission, die Datenschutzbehörde als eine für alle Fragen zuständige Behörde zu installieren. Das könnte einem ungerechtfertigten Eingriff in die nationale Behördenorganisation gleichkommen und dem Subsidiaritätsprinzip wiedersprechen, gab Bundesminister Jörg Leichtfried zu bedenken. In Österreich werden Rechtsfragen, die nicht mit dem Datenschutz in Zusammenhang stehen, beispielsweise von den Fernmeldebehörden behandelt. Die Zuständigkeit der einzelnen Behörden sollten daher der innerstaatlichen Entscheidung vorbehalten bleiben. Einzelne Bestimmungen seien auch dahingehend zu überprüfen, ob sie nicht übermäßige und unverhältnismäßige Belastungen für Unternehmen mit sich bringen, sah der Minister im Ausschuss noch einigen Diskussionsbedarf auf EU-Ebene.

 

Als einen besonders wichtigen Punkt bezeichneten die Abgeordneten im Einklang mit dem Minister den Schutz vor unerbetenen Nachrichten. Als Problem wurde jedoch die bereits jetzt geltende Bestimmung gesehen, wonach sich jemand strafbar macht, der ein Mail an mehr als 50 Personen sendet. Bundesminister Jörg Leichtfried gab in diesem Punkt Georg Vetter (V) recht, dass man hier nachbessern müsste, denn wenn sich ein Bürger bzw. eine Bürgerin an die 183 Abgeordneten im Nationalrat wendet, so handle es sich dabei um den Ausdruck eines politischen Anliegens. Ebenso hält er den Einwand von Vetter sowie von Michael Bernhard (N) im Hinblick auf den allzu hohen Strafrahmen für berechtigt. Dieser orientiere sich in erster Linie an Großunternehmen, angewendet auf Klein- und Kleinstunternehmen könnte eine derartige Strafandrohung existenzgefährdend sein. Vetter hatte zuvor angeregt, angemessene und verhältnismäßige Strafrahmen festzulegen, denn vieles passiere beim ersten Mal aus Unwissenheit.

 

Der Grüne Verkehrssprecher Georg Willi thematisierte mit kritischem Blick das mögliche Sammeln von Bewegungsprofilen und unterstrich in diesem Zusammenhang den notwendigen Schutz vor elektronischer Überwachung. Derartige technische Möglichkeiten lehne er nicht pauschal ab, replizierte darauf Minister Leichtfried. Es gehe vielmehr darum, eine vernünftigen Weg zu finden. Wenn Betroffene zustimmen, müsste ein solches Bewegungsprofil möglich sein. Leichtfried nannte zur Illustration den Test für die Jahreskarte der ÖBB, welche für eine App am Handy hochgerüstet werden soll. Die App analysiert die unterschiedlichen Wege der Fahrgäste, registriert Wegstrecke, CO2-Verbrauch und dokumentiert das gebrauchte Verkehrsmittel - das alles aber selbstverständlich nur auf freiwilliger Basis, stellte Leichtfried klar.

 

 

 

 

Kodex für elektronische Kommunikation

 

 

Die EU-Kommission schlägt auch eine grundsätzliche Modernisierung der zuletzt 2009 aktualisierten EU-Vorschriften für den Telekommunikationsbereich vor und hat dazu im September ein Paket zur Reform des Telekommunikationsrahmens vorgelegt. Kernpunkt dabei ist der Richtlinienvorschlag über den "europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation". Damit werden die bisherigen Richtlinien – Rahmen, Zugang, Genehmigung und Universaldienst – zusammengeführt und überarbeitet.

 

Ziel des Kodex ist es, geeignete Rahmenbedingungen für einen echten Binnenmarkt zu schaffen, mehr Wettbewerb zu ermöglichen, eine bessere Planbarkeit für Investitionen sicherzustellen, Investitionsanreize zu schaffen und den Binnenmarkt sowie die Verbraucherrechte zu stärken, wie die Kommission dazu in einer Presseaussendung festhält. Dies soll unter anderem durch ein Binnenmarktkonzept für die Frequenzpolitik und Frequenzverwaltung erreicht werden, mit der Stoßrichtung, unionsweite Unterschiede in der Regulierungspraxis, besonders im Bereich der Funkfrequenzen abzubauen. Der Kodex sieht lange Lizenzlaufzeiten vor, verbunden mit strengeren Auflagen für die tatsächliche und effiziente Nutzung der Frequenzen. Zudem wird etwa auch eine bessere Abstimmung der Frequenzpolitik in der EU mit dem Ziel einer flächendeckenden Drahtlos-Netzanbindung in der EU angestrebt.

 

 

Österreich wie auch andere Mitgliedstaaten sehen die geplante europaweite Harmonisierung mit weitgehenden Einflussmöglichkeiten der Kommission auf die nationalen Frequenzvergabeverfahren kritisch und betrachten etwa die geplante Verpflichtung, nationale Vergabeverfahren vorab einer europäischen Kontrolle zu unterziehen, als Einmischung in nationale Kompetenzen. Ebenso hält das zuständige Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) die vorgeschlagene Mindestvergabedauer für Frequenzen von 25 Jahren im Hinblick auf die technologische Entwicklung für wenig zielführend.

 

Diskutiert wird auch die Behandlung der so genannten "over the top"-Dienstanbieter (OTT), die mit den herkömmlichen Telekommunikationsbetreibern in Konkurrenz stehen und eine breite Palette von Anwendungen und Diensten – beispielsweise über das Internet – anbieten. Der derzeitige Rechtsrahmen ist nur auf klassische Kommunikationsdienste anwendbar, was zu einer gewissen Schieflage und Ungleichbehandlung führt. Die österreichische Position zielt darauf ab, vergleichbare Regeln für vergleichbare Dienste festzulegen, außerdem drängt man auf klarere Definitionen entsprechend der technischen Entwicklung. 

 

Darüber hinaus sollen sämtliche Marktteilnehmer gleiche Ausgangsbedingungen vorfinden, die Kommission strebt daher auch eine Deregulierung an. Durch entsprechende Maßnahmen wird es kleineren Akteuren erleichtert, sich an Investitionsprojekten zu beteiligen. Die Planbarkeit für diejenigen, die als erste das Risiko eingehen, Netzinvestitionen in weniger rentablen, beispielsweise ländlichen Gebieten zu tätigen, soll verbessert werden. Es geht vor allem auch um die Schaffung von Anreizen für Investitionen in Hochgeschwindigkeitsbreitbandnetze.

 

Sehr kritisch wird von heimischer Seite auch die angestrebte Vollharmonisierung der Konsumentenrechte gesehen, was darauf hinausliefe, dass national keine weitergehenden Schutzregelungen festgelegt werden könnten. Man könnte auch auf neu auftauchende Probleme nicht mehr rasch genug reagieren, führen die Skeptiker ins Treffen. Grundsätzlich strebt die Kommission an, es den Endnutzern zu erleichtern, den Anbieter zu wechseln, wenn sie Bündelverträge unterschrieben haben (Pakete, in denen Internet, Telefon, Fernsehen, Mobilfunk usw. zusammengefasst sind). Schutzbedürftige Gruppen (wie ältere Menschen oder Menschen mit Behinderung oder Sozialhilfeempfänger) erhalten einen Anspruch auf erschwingliche Internetanschlüsse. Bestimmte Vorschriften werden auf neue Online-Akteure ausgeweitet, die Dienste anbieten, die denen herkömmlicher Betreiber gleichwertig sind, um den Sicherheitsanforderungen auch hier Geltung zu verschaffen.

 

 

Thema war bei diesem Punkt vor allem der Breitbandausbau. Waltraud Dietrich (T) sieht darin eine Chance für den ländlichen Raum, Georg Willi (G) geht der Ausbau viel zu langsam. Der Minister wies in diesem Zusammenhang auf eine Analyse der OECD zum Digitalisierungsgrad Österreichs hin, die im Juni vorliegen wird. Dabei schneidet Österreich im wirtschaftspolitischen Bereich sogar sehr gut ab. Nachholbedarf gibt es dabei noch bei den Klein- und Mittelbetrieben, weshalb die Regierung dafür 20 Mio. € aus der Breitbandmilliarde abgespalten hat. Die Industrie 4.0 betrifft die ganze Produktionskette, fügte Leichtfried erklärend hinzu, und das müsse funktionieren.

 

Was die Ausschreibungen für Frequenzen betrifft – eine Frage von Abgeordneter Angelika Winzig (V) – stellte Leichtfried klar, dass eine Koordinierung notwendig sei. Ebenso unerlässlich sei es aber, nationale Besonderheiten einzubauen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

GEREK

 

 

Die Kommission plant darüber hinaus, die Rolle der nationalen Regulierungsbehörden und des Gremiums Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (GEREK) zu stärken, indem die Aufgaben, die Kapazität und die Entscheidungsbefugnisse des Gremiums ausgeweitet werden, um eine größere Kohärenz und Berechenbarkeit der bislang uneinheitlichen Anwendung der Vorschriften im digitalen Binnenmarkt zu erreichen. GEREK soll nun mit dem erweiterten Mandat in eine Agentur umgewandelt werden.

 

Das BMVIT begrüßt grundsätzlich die Bündelung des Fachwissens der nationalen unabhängigen Regulierungsbehörden sowie den Ansatz der stärkeren Einbeziehung in Telekom-relevante europäische Entscheidungen. Eine Institutionalisierung in Form einer neuen Agentur wird jedoch abgelehnt, heißt es in der Information des Ministeriums und der Minister fügte im Ausschuss hinzu, das wäre mit mehr Bürokratie und Kosten verbunden.

 

Diesen Befund schlossen sich auch die Abgeordneten Angelika Winzig (V), Rainhard Eugen Bösch (F), Michael Bernhard (N) und Waltraud Dietrich (T) an. Sollte so eine Agentur eingerichtet werden, dann dürften dort die Entscheidungen keinesfalls mit einfacher Mehrheit gefällt werden, sondern sollten einem erhöhten Quorum unterliegen, bemerkte Bernhard.

 

Das GEREK sorgt dafür, dass EU-Rechtsvorschriften einheitlich angewendet werden und die EU über einen funktionierenden Binnenmarkt für elektronische Kommunikation verfügt. Dabei berät es auf Anfrage oder eigene Initiative die europäischen Institutionen. Das GEREK setzt sich aus dem sogenannten Regulierungsrat zusammen, in dem die Leiter (oder benannten hochrangigen Vertreter) der nationalen Regulierungsbehörden aller EU-Länder vertreten sind.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Verkehr

 

 

Verkehrsthemen standen dann im Mittelpunkt des zweiten Teils des EU-Unterausschusses, die die Abgeordneten ebenfalls mit Bundesminister Jörg Leichtfried diskutierten. Ihnen lag die Deklaration von Valletta zur Steigerung der Verkehrssicherheit und die Mitteilung der Kommission unter dem Titel "Eine europäische Strategie für emissionsarme Mobilität" vor.

 

 

 

 

Verkehrssicherheit – Valletta Deklaration

 

Was die Senkung der Verkehrstoten betrifft, so hat die EU sehr ambitionierte Ziele. Von 2020 bis 2030 soll die Zahl der Verkehrstoten und Verletzten halbiert werden, bis 2050 sollte es laut EU-Kommission keine Toten mehr auf den Straßen der Union geben. Grundlegendes Papier dafür ist die sogenannte Valletta-Deklaration, die am 29. März 2017 alle EU-Mitgliedsländer sowie Norwegen, Bosnien-Herzegowina und Albanien unterzeichnet haben. Das Dokument ist ein politisches Bekenntnis zu noch mehr Anstrengungen im Interesse der Verkehrssicherheit. Es umfasst sowohl politische Maßnahmen als auch Maßnahmen im Bereich der technischen Ausstattung, der Infrastruktur und bei der Lenkerausbildung.

 

Dass es möglich ist, die Zahl der Verkehrstoten durch geeignete Schritte zu reduzieren, beweisen die Zahlen. Im vergangenen Jahr kamen laut Verkehrsministerium 25.500 Menschen auf den Straßen innerhalb der EU ums Leben, das waren 600 Personen weniger als im Jahr zuvor.

 

Auch innerstaatlich beginnen die gesetzten Maßnahmen zu wirken, versicherte Verkehrsminister Jörg Leichtfried. Als Hauptgrund für die meisten Unfälle nannte er die Ablenkung, insbesondere durch das Telefonieren mit dem Handy. Nicht zu unterschätzen sei eine plötzliche kurzfristige Unachtsamkeit, sagte er. Als großes Problem haben sich auch die junge männlichen Autofahrer erwiesen, weshalb die Ausdehnung des Probeführerscheins der richtige Weg war. Bei der Strategie gegen die nicht angepasste Geschwindigkeit sei man gut weitergekommen, stellte der Minister fest.

 

 

Die Abgeordneten unterstützten den Minister bei seinen Bemühungen weitgehend. Georg Willi (G) sprach sich dafür aus, das Telefonieren oder auch das Spielen mit dem Handy während des Fahrens mit wesentlich härteren Sanktionen zu belegen. Die FahrerInnen verlassen sich auch zunehmend auf Assistenzsysteme, was nach Ansicht Willis ebenfalls zu mehr Unachtsamkeit verleitet. Demgegenüber meinte Christian Hafenecker (F), Assistenzsysteme würden zur Verkehrssicherheit beitragen und sollten gezielt gefördert werden. Für viele seien derartige Systeme aber nicht leistbar. Das griff der Minister gerne auf, da derartige Systeme aus seiner Sicht durchaus nützlich sind, Unfälle zu vermeiden. Auch aus industriepolitischer Sicht will er über eine solche Förderung nachdenken. 

 

Angesichts der Tatsache, dass die Autos immer größer werden, hält es Abgeordneter  Willi (G) zudem für erforderlich, weitere Tempolimits zu erlassen, das trage auch wesentlich zur Luftqualität bei. Er regte weiters an, noch mehr Begegnungszonen zu schaffen. Auch damit stand er im Widerspruch zum freiheitlichen Abgeordneten Hafenecker.

 

Einig waren sich die Abgeordneten darin, mehr auf die FußgängerInnen zu achten, wobei Willi (G) die Verantwortung für die eigene Sicherheit, etwa durch gut sichtbare Kleidung, nicht allein bei den FußgängerInnen sehen möchte. Die Straßenverkehrssicherheit sei eine Gesamtverantwortung aller, wandte dazu Bundesminister Leichtfried im Gleichklang mit den Abgeordneten Hannes Weninger (S) und Andreas Ottenschläger (V) ein. Es gelte, bei allen VerkehrsteilnehmerInnen das notwendige Bewusstsein zu schärfen, waren die beiden Abgeordneten einer Meinung. Abgeordneter Anton Heinzl (S) forderte, etwas gegen jene zu tun, die bei Verkehrsunfällen langsam fahren, fotografieren und filmen und dabei die Hilfsorganisationen behindern. In diesem Zusammenhang verwies er auf das deutsche Beispiel, wo es eine Straferhöhung gegenüber derartigen Gaffern gibt. Er verschließe sich nicht gegen Verschärfungen, meinte dazu Ottenschläger (V), man müsse aber auch an die Vollziehbarkeit denken. Der Vorschlag Hafeneckers (F), die Mittellinien wieder gelb zu markieren, fand bei den anderen Ausschussmitgliedern keine Unterstützung.

 

Was die LKW-Sicherheit betrifft, so entstehe ein großes Problem durch mangelnde Rundumsicht vor allem im städtischen Raum, erläuterte der Minister. Die LKW-Lobby habe sich bislang erfolgreich gegen eine entsprechende Nachrüstung gewährt, warf Georg Willi (G) ein. Anton Heinzl (S) warnte im Rahmen dieser Debatte davor, die Durchfahrt durch Gigaliner zu erlauben, und erinnerte an den Beschluss aller sechs Fraktionen gegen derartige Groß-LKW.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Deutsche Autobahnmaut

 

 

Thema bei diesem Diskussionspunkt war auch die Deutsche Autobahnmaut, die Anton Heinzl (S) einmal mehr als diskriminierende Ausländermaut bezeichnete. Die Anregung von Christian Hafenecker (F), man könnte ja zunächst einmal den kleinen Grenzverkehr bilateral lösen, hielt Hannes Weninger (S) für den falschen Ansatz. Er warnte davor, in einer Phase, in der Österreich geschlossen vorgeht, mit kleineres Kompromissvarianten vorzupreschen.

 

Nach Auskunft des Ministers muss Österreich mit der Klage warten, bis die Unterschrift des deutschen Bundespräsiden unter dem Gesetz vorliegt und dieses kundgemacht wurde. Abzuwarten sei zudem das dreimonatige Mediationsverfahren bei der Europäischen Kommission. Der Minister übte auch Kritik an seinem deutschen Amtskollegen, mit dem es nicht möglich gewesen sei, direkt über diese Frage zu sprechen. Der Minister rechnet mit einem erfolgreichen Verfahren vor dem EuGH, alles andere hätte weit über die Maut hinausgehende Konsequenzen, merkte er an.

 

Allgemein stellte Leichtfried fest, die Maut in Österreich funktioniere gut. Im Zuge der neuen Wegekostenrichtlinie führe man Gespräche, um noch mehr Möglichkeiten zu bekommen. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Emissionsarme Mobilität

 

 

Mit der im Juli dieses Jahres verabschiedeten europäischen Strategie für emissionsarme Mobilität will die Kommission Leitprinzipien für die Mitgliedstaaten erstellen, die sowohl der Notwendigkeit der Reduktion von Schadstoffemissionen als auch der der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und dem Mobilitätsbedarf von Menschen und Gütern Rechnung trägt. Die Strategie ist als ein Instrument gedacht, um die europäische Wirtschaft zu modernisieren und den Binnenmarkt zu stärken. Die Kommission wendet mit dieser Strategie aber auch den Blick auf die Bürgerinnen und Bürger, die von einer besseren Luftqualität, weniger Lärm, mehr Verkehrsentlastung und mehr Sicherheit sowie von effizienteren und sparsameren Kraftfahrzeugen profitieren sollen. Die Strategie stützt sich auf bestehende Mechanismen und Fonds, wobei die aktuelle Investitionsoffensive für Europa eine wichtige Rolle spielt.

 

Bundesminister Jörg Leichtfried begrüßte die Rahmenstrategie als wichtigen Beitrag zur Dekarbonisierung des Verkehrssektors bis zum Jahr 2050. Die EU-Maßnahmen müssen selbstverständlich durch nationale Schritte ergänzt werden, sagte der Minister, der diesen Schwerpunkt auch als eine große Chance für die österreichische Wirtschaft bezeichnete. Österreich hat als Beitrag zur Erreichung der Ziele des Pariser Klimavertrags bereits im Dezember des Vorjahres einen Strategierahmen "Saubere Energie im Verkehr" erstellt.

 

 

Trotz der positiven Bewertung äußerte Leichtfried aber auch Zweifel an der Durchsetzung, da immer wieder eine Divergenz zwischen Ambitionen und tatsächlicher Politik bei der EU-Kommission zu bemerken sei. Das sehe man beispielsweise auch beim positiven Zugang der Kommission zu den Gigalinern. Intensiv werde derzeit auch die neue Wegekostenrichtlinie diskutiert, insbesondere über von Emissionsklassen abhängige Mauten. Es sei aber noch nicht klar, in welche Richtung das Ganze gehen soll.

 

Teilweise wurde in der Debatte auch die Befürchtung geäußert, dass durch den zusätzlichen Strombedarf für die E-Mobilität der Atomstrom als vermeintlich saubere Energie gefördert werden könnte (Franz Leonhard Eßl (V) und Christian Hafenecker (F)). Die Bedenken konnte der Minister nicht ausräumen, da man in Europa anders denkt und der Atomstrom weitgehend als sauber anerkannt ist. Grundsätzlich merkte er an, dass die E-Mobilität auch einer Energiestrategie bedarf, und zwar mit Schwerpunkt einer ökologisierten Energie.

 

Leichtfried sah den Wandel, auch wenn er langsam vorangeht, als eine zusätzliche Chance und für Österreich wird es ihm zufolge darum gehen, dabei vorne und Taktgeber zu sein. Als wesentliche Faktoren dabei sieht er die Forschungsförderung und die Forschungsprämie. Leichtfried wandte sich auch entschieden dagegen, bestimmte technische Lösungen vorzuschreiben, festgelegt werden sollten lediglich Grenzwerte. Die Technologieneutralität sei ihm ein besonderes Anliegen, stellte er fest.

 

Auch wenn die Strategie allseits unterstützt wurde, kamen von den Abgeordneten Bedenken. So plädierte Andreas Ottenschläger (V) dafür, die Produktionskette und den Lebenszyklus der Fahrzeuge in Betracht zu ziehen. Er warnte davor, Unsicherheit bei Industrie und VerbraucherInnen entstehen zu lassen, und sprach sich dafür aus, klare Signale zu setzen. Damit stieß er auch auf Verständnis beim Minister. Ähnlich argumentierten Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (V) und Michael Bernhard (N). Die Wirtschaftlichkeitsberechnung sei genau anzustellen, betonte Eßl. Es seien auch noch Fragen zu klären, wie manche Materialien entsorgt werden können.

 

Die Kunst sei es, zu fördern und zu fordern, aber so, dass die Leute mitkommen, so der Befund von Georg Willi (G), der auf politische Maßnahmen zur Förderung emissionsarmer Mobilität drängte, auch wenn diese hart sein sollten. Willi führte in diesem Zusammenhang mehrere Beispiele an, wo sich die Industrie zunächst gegen Neuerungen gewehrt und dann sehr rasch die wirtschaftlichen Chancen wahrgenommen hat und umgestiegen ist. Die Industrie ist viel leistungsfähiger als man manchmal denkt, sagte er. Zudem forderte Willi einen fairen Wettbewerb zwischen der Schiene und der Straße.

 

Minister Leichtfried zeigte sich auch offen für den Vorschlag von Christian Hafenecker (F), das Rechtsabbiegen bei Rot zu erlauben. Das würde vor allem im städtischen Bereich viele schädliche Emissionen sparen, so dessen Argument.

 

 

Wie das EU-Dokument der EU-Kommission festhält, sollen digitale Technologien, insbesondere kooperative intelligente Verkehrssysteme, besser genützt werden, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen und den Verkehr effizienter und attraktiver zu gestalten. Weiters soll die Verkehrsverlagerung auf emissionsärmere Verkehrsträger gefördert und die Effizienz des Verkehrssystems gesteigert werden. Nachdem der Verkehrssektor in der EU noch immer zu etwa 94% vom Erdöl abhängt, drängt man zudem auf die eine raschere Einführung emissionsarmer alternativer Energieträger im Verkehrssektor - u. a. durch fortschrittliche Biokraftstoffe, Strom und synthetische Kraftstoffe aus erneuerbaren Energiequellen – sowie auf den Übergang zu emissionsarmen und emissionsfreien Fahrzeugen. In diesem Zusammenhang misst die Kommission der Förderung von Forschung und Innovation im Hinblick auf emissionsarme Mobilität besondere Bedeutung bei, starke Innovationsanreize sollen beschleunigend wirken. Außerdem sucht man, mehr Synergien zwischen dem Energie- und dem Verkehrssystem zu erzielen. Die Kommission hat auch bereits einige wichtige Maßnahmen in Bezug auf das Verfahren zur Messung und Kontrolle der Abgasemissionen von Fahrzeugen vorgeschlagen und umgesetzt, um sicherzustellen, dass Normen auch etwas bewirken und man sich darauf verlassen kann.

 

Da die Verkehrsbranche ein wichtiger Arbeitgeber ist, werden ArbeitnehmerInnen im Rahmen der Europäischen Agenda für neue Kompetenzen dabei unterstützt, die für den technologischen Übergang zu emissionsarmer Mobilität notwendigen Fähigkeiten zu erlangen.

 

Städte und Gemeinden sind zudem aufgefordert, Anreize zur Nutzung emissionsarmer alternativer Energien und Fahrzeuge zu bieten und die  Verlagerung des Verkehrs zu öffentlichen Verkehrsmitteln und/oder gemeinsamen Mobilitätslösungen (z.B. Bike-/Car-Sharing und Fahrgemeinschaften) zu fördern und die BürgerInnen zu aktiver Fortbewegung (Rad- und Fußverkehr) zu motivieren. Vor allem ist es in den Augen der Kommission erforderlich, die CO2-Emissionen von LKW, Stadtbussen und Fernbussen zu reduzieren. Auf diese Fahrzeuge entfällt derzeit rund ein Viertel der straßenverkehrsbedingten CO2-Emissionen bei steigender Tendenz.