38/A(E) XXVI. GP

Eingebracht am 20.12.2017
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bruno Rossmann, Freundinnen und Freunde

betreffend die Abgabenentlastung niedriger und mittlerer Einkommen mit steuergerechter Gegenfinanzierung

BEGRÜNDUNG

Das österreichische Steuer- und Abgabensystem belastet den Faktor Arbeit außerordentlich stark, während Steuern auf Vermögen trotz deren extrem ungleicher Verteilung äußerst gering belastet werden. Bei Steuern auf Arbeit liegt Österreich im internationalen Vergleich im Spitzenfeld, bei den Steuern auf Vermögen gehören wir zu den Schlusslichtern. 19 von 28 EU-Staaten haben eine Erbschaftssteuer, Österreich nicht. Österreich ist ein Paradies für Reiche und Superreiche.

Großkonzerne haben sich in den letzten Jahren durch Steuerkonstruktionen weitgehend der Besteuerung entzogen. Gewinne werden längst nicht mehr dort besteuert, wo sie entstehen. Sie werden so lange in Niedrigsteuerländer und Steueroasen verschoben, bis die Steuerleistung möglichst nahe bei Null liegt. Eine Buchhändlerin in Oberpullendorf zahlt heute mehr Steuern als Amazon und Apple zusammen. Den EU-Staaten entgehen dadurch jährlich Milliarden an Einnahmen aus der Körperschaftsteuer.

Die Bruttorealeinkommen sind in den letzten 15 Jahren zum Teil erheblich gesunken: besonders stark betroffen waren die niedrigsten Einkommen. Das unterste Einkommensviertel musste laut Einkommensbericht des Rechnungshofs[I] Realeinkommenseinbußen von 20 bis 25% hinnehmen, die niedrigsten 10% sogar deutlich mehr. Immer mehr Menschen haben im viertreichsten Land der EU immer weniger zum Leben.

Die letzten Steuerreformen haben an diesen Befunden wenig geändert und die Einkommensverluste der niedrigsten Einkommen nicht annähernd kompensiert. Währenddessen richten es sich die Großkonzerne nach wie vor zu ihren Gunsten.

Die Steuerreform 2016 entlastete trotz der Einführung einer Negativsteuer vor allem mittlere und hohe Einkommen. Die Verliererinnen waren die niedrigeren Einkommen, darunter besonders die Frauen: 60% der Entlastung ging an die Männer, nur 40% an die Frauen.

Mehr als 2,5 Millionen Menschen zahlen in Österreich keine Lohnsteuer, weil ihre Einkommen unter dem Steuerfreibetrag von 11.000 Euro liegen. Hinzu kommen rund

300.000 Selbstständige, die keine Einkommensteuer zahlen. Das

Regierungsprogramm der neuen Bundesregierung sieht vor, diese Menschen durch eine Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge zu entlasten. Das fühlt nur zu geringen Entlastungen für diese Menschen. Es wird regelmäßig vernachlässigt, dass diese große einkommensschwache Gruppe stark durch Konsumsteuern

(Umsatzsteuer, Tabaksteuer,...) und weitere Sozialversicherungsbeiträge belastet

wird. Niedrige Einkommen sind davon relativ stärker betroffen als höhere

Einkommen. Ein Blick auf die Gesamtbelastung zeigt, dass das österreichische

Steuer- und Abgabensystem weitgehend proportional wirkt. Die progressive Einkommensbesteuerung wird durch die regressiven Konsumsteuern und Sozialversicherungsbeiträge nahezu egalisiert: Hohe Einkommen sind zwar stärker durch Einkommensteuern belastet, aber weniger stark durch Konsumsteuern und

SV-Beiträge.


 

Da ausreichend niedrige Einkommen aufgrund des Freibetrags in der Lohn- und Einkommensteuer steuerbefreit sind, brauchen wir in Österreich aus Gründen der Steuergerechtigkeit nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip ein Entlastungsmodell, das

alle SV-Beiträge schrittweise einschleift und mit einem Steuertarif kombiniert, der schwerpunktmäßig die unteren und mittleren Einkommen entlastet.

Eine gerechte Gegenfinanzierung erfolgt durch eine Abschaffung der Höchstbeitragsgrundlage in der Krankenversicherung, durch Wiedereinführung einer Erbschafts- und Schenkungssteuer mit progressivem Tarif und einem Freibetrag von

500.0         Euro und der progressiven Besteuerung von Kapitaleinkommen

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, dem Nationalrat bis spätestens Mitte Juni 2018 einen

Gesetzesvorschlag für eine Abgaben- und Steuerstrukturreform vorzulegen, der eine Abgabenentlastung für alle niedrigen und mittleren Einkommen vorsieht, welche

durch die Wiedereinführung einer reformierten Erbschafts- und Schenkungssteuer

(auch für Privatstiftungen), eine progressive Besteuerung von Kapitaleinkommen und die Abschaffung der Höchstbeitragsgrundlage in der Krankenversicherung finanziert wird.“

In formeller Hinsicht wird eine Zuweisung an den Finanzausschuss vorgeschlagen.



[I] http://www.rechnungshof.gv.at/berichte/ansicht/detail/allqemeiner-einkommensbericht- 20161 .html