53/A(E) XXVI. GP

Eingebracht am 31.01.2018
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

 

der Abgeordneten Muchitsch

Kolleginnen und Kollegen

 

betreffend Reform der Feststellung von Fachkräftemangel

 

 

Die schwarz/blaue Bundesregierung beabsichtigt die Liste der Mangelberufe zu regionalisieren und dadurch massiv auszuweiten. Damit wird ein Bedarf an ArbeitnehmerInnen konstruiert, der dann mit billigen Arbeitskräften gedeckt wird. Die Konkurrenz unter den ArbeitnehmerInnen wird höher und der Lohndruck steigt. Zusätzliche Jobs werden dadurch keine geschaffen.

 

Mangelberufe sind Berufe, für die es in Österreich bzw. im EU-Raum zu wenige Fachkräfte gibt, um den Bedarf zu decken. Derzeit gelten 27 Berufe in ganz Österreich als solche „Mangelberufe“. Der Bedarf kann über die sogenannte Rot-Weiß-Rot Karte für Fachkräfte gedeckt werden. So können Arbeitskräfte aus Drittstaaten (also Nicht-EU-Länder) 24 Monate in Österreich in so einem Beruf arbeiten. Dabei handelt es sich um spezialisierte Fachkräfte wie etwa Diplomingenieure für Datenverarbeitung, Starkstromtechniker, Fräser, Dreher, Diplomierte Krankenpfleger usw.

 

Nach derzeit geltender Rechtslage spricht man von einem Mangelberuf, wenn in einem Beruf auf 100 offene Stellen nicht mehr als 150 Arbeitssuchende österreichweit beim AMS vorgemerkt sind (Stellenandrangsziffer 1,5 oder kleiner).

 

Der entscheidende Punkt dabei: Es muss am gesamten österreichischen Arbeitsmarkt ein Mangel herrschen.

 

Die schwarz/blaue Regierung plant nun aber eine Regionalisierung der Mangelberufe. Das bedeutet, dass schon, wenn in einem einzigen Bundesland für einen bestimmten Beruf die Stellenandrangsziffer kleiner/gleich 1,5 ist, soll man in Drittstaaten Leute rekrutieren können und diese sogar mittels Inserate (Regierungsprogramm Seite 138) anwerben dürfen.

Wie würde die also die Mangelberufsliste für 2018 aussehen, wenn es nach Schwarz-Blau geht? Also wenn man das macht, was sie in ihrem Regierungsprogramm gleich in vier verschiedenen Kapiteln fordern?

Man hätte für 2018 – unter den total gleichen Voraussetzungen am Arbeitsmarkt – schon 63 Mangelberufe. Echte Massenberufe würden zu Mangelberufen erklärt.

 

Darunter sind Berufe wie:

 

GebäudereinigerInnen, FensterputzerInnen

EintrittskartenkassierInnen

FriseurInnen, MaskenbildnerInnen

MaurerInnen

BuchhalterInnen

KosmetikerInnen, Hand-, FußpflegerInnen

KellnerInnen

MalerInnen, AnstreicherInnen

 

Das würde bedeuten, Tirol kann zum Beispiel den Beruf Fensterputzer als Mangelberuf anführen, obwohl es in benachbarten Bundesländern – etwa in Vorarlberg – genug Fensterputzer auf Jobsuche sind.

 

Die ÖVP drängt ja schon lange auf die Ausweitung der Mangelberufsliste und damit die Möglichkeit für Unternehmen, für offene Stellen Arbeitskräfte aus dem Ausland anzuwerben. Das Argument: Es gäbe zu wenig Arbeitskräfte für Jobs etwa in der Gastronomie, deshalb müsse man in anderen Ländern nach Arbeitskräften suchen.

 

Doch die Zahlen zeigen: Bei KellnerInnen, KochgehilfInnen, HoteldienerInnen sowie GaststättenköchInnen gibt es in Österreich deutlich mehr qualifizierte Jobsuchende als offene Stellen. Noch dazu will die Regierung die Mangelberufe auch auf ungelernte Tätigkeiten ausweiten.

 

Stellt sich also die Frage, warum die offenen Stellen nicht eins zu eins besetzt werden. Hier muss man den Blick auf die Arbeitsbedingungen werfen.

 

In Tirol, wo der Bedarf laut Unternehmern besonders hoch sein soll, bekommen Köche und Kellner für eine Vollzeitstelle 1.590 Euro. Viele Stellen sind auch nur saisonal ausgeschrieben und beinhalten 6-Tage-Wochen. Eine schlecht bezahlte Stelle in einem anderen Bundesland anzunehmen, ist tatsächlich nicht sehr attraktiv.

 

Unternehmen müssten sich aber in Zukunft keinen Gedanken mehr darüber machen, wie sie Arbeitsbedingungen schaffen, zu denen Arbeitslose aus benachbarten Bundesländern arbeiten würden, oder zusätzliche Lehrlinge für diese Berufe auszubilden, sondern sie schalten Inserate in ausländischen Medien und holen sich ArbeitnehmerInnen aus Serbien, Bosnien-Herzegowina oder Russland usw. Statt das Jobangebot zu verbessern, können sie dann also auf Arbeitskräfte aus dem Ausland zurückgreifen. Arbeitgeber können in einem erweiterten Pool an verfügbaren Arbeitskräften fischen – so lange, bis sie jemanden finden, der zu den von den Arbeitgebern festgesetzten Löhnen und Arbeitsbedingungen arbeitet. Dieser konstruierte Mangel führt daher zu massivem Lohndumping.

 

Eine Regionalisierung schadet daher eindeutig den ArbeitnehmerInnen und nützt schlussendlich nur der Unternehmerseite.

 

Um eine derart einseitige Vorgangsweise zu unterbinden wäre es sinnvoll über eine Reform der Beurteilung von Mangelberufen nachzudenken. Sinnvoll wäre es dabei von der alleinigen Betrachtung der Stellenandrangsziffer abzugehen und zusätzlich verschiedene Kriterien zu betrachten.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

 

 

Entschließungsantrag

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, gemeinsam mit den Sozialpartnern einen Kriterienkatalog zur Beurteilung eines Fachkräftemangels zu erstellen und dem Nationalrat bis spätestens 30.6.2018 eine entsprechende Regierungsvorlage zur Reform der Fachkräfteverordnung zuzuleiten.

Der Kriterienkatalog soll insbesondere folgende Aspekte beinhalten:

 

Ein Mangelberuf liegt nur vor, wenn

•        es sich dabei um einen Lehrberuf oder um einen anderen, durch öffentliche Ausbildungsvorschriften regulierten Beruf handelt;

•        die Zahl der von den Unternehmen angebotenen Lehrstellen im jeweiligen Beruf zugenommen hat;

•        – als ökonomischer Ausdruck eines Mangels – mehr Lohn bei einer Neubesetzung bezahlt werden muss;

•        die Unternehmen die Maßnahmen des AMS „Qualifizierungsförderung für Beschäftigte“ sowie „Arbeitsplatznahe Qualifizierung“ nachweislich zur Ausbildung von Beschäftigten bzw. Arbeitsuchenden im Mangelberuf nutzen;

•        der Beruf auch in der Ausbildungsliste für das Fachkräftestipendium aufgenommen ist, womit sich dann ArbeitnehmerInnen selbst in Berufe hineinqualifizieren könnten;

•        die Unternehmen sich nachweislich um Arbeitskräfte im Mangelberuf aus anderen EU-Mitgliedstaaten durch Nutzung der EU-weiten Stellenvermittlung (EURES) bemüht haben und

•        die Laufzeit offener Stellen im jeweiligen Beruf dennoch überdurchschnittlich lange ist.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales