76/A(E) XXVI. GP

Eingebracht am 31.01.2018
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Dr. Matthias Strolz, Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Etablierung einer effektiven Schuldenbremse

 

Eine populistische Wirtschaftspolitik äußert sich vor allem darin, dass die Regierung für die Lösung wirtschaftspolitischer Probleme, einfache, schnell wirkende Maßnahmen einsetzt und deren mittel- und langfristigen Kosten ignoriert. Den Bürger_Innen soll im Hier und Jetzt ein Leben über den Verhältnissen ermöglicht werden um die Popularität der Regierung nicht zu gefährden. Besonders augenscheinlich wird dieses Phänomen, wenn eine derartige Wirtschaftspolitik auch in einer Hochkonjunkturphase verfolgt wird.

Österreich erlebt derzeit eine Phase guten Wirtschaftswachstums und allein im Jahr 2017 stiegen die Steuereinnahmen gegenüber dem Vorjahr um rund fünf Prozent. „Die Regierung muss der Versuchung widerstehen, erwartete Mehreinnahmen zu Mehrausgaben zu benützen", sprach daher Wifo-Chef Christoph Badelt bereits vor Weihnachten eine deutliche Warnung aus.

Die Steuereinnahmen werden auch 2018 einen neuen Rekord erreichen: Doch auch dieses Jahr wird es ein ordentliches Defizit geben. Den Ratschlag des Forschungsinstitutes will der neue Finanzminister Hartwig Löger jedenfalls nicht zwingend berücksichtigen. Er hält einen ausgeglichenen Haushalt in frühestens „zwei bis drei Jahren“, wie er in Interviews erklärt, für realistisch.

Über einen Konjunkturzyklus hinweg darf es keine neunen Schulden geben. Es braucht endlich eine Trendwende, denn seit dem Jahr 1980 sind die Schulden doppelt so schnell gestiegen wie das BIP. Der Schuldenberg ist seit der Finanzkrise 2008 um 60%, auf gesamtstaatliche EUR 300Mrd, gestiegen – und das trotz der ersparten Milliarden durch die niedrigen Zinszahlungen in jüngster Vergangenheit. Es ist daher klar, dass es eine Pflichtaufgabe ist, keine neuen Schulden mehr zu machen, wenn die Konjunktur gut läuft. Einem überraschend hohem Wirtschaftswachstum von erwarteten drei Prozent 2017 folgt ein Jahr 2018 mit bereits jetzt prognostizierten drei Prozent Wachstum. Das ist ein Anstieg, wie wir ihn seit einem Jahrzehnt nicht mehr gesehen haben. Es gilt, die Gunst der Stunde zu nutzen und mit dem „ewigen“ Schuldenmachen nun aufzuhören. Wir tragen hier Verantwortung für die kommende Generation, die ohnehin bereits mit einem riesigen Schuldenberg konfrontiert ist. Dass es anders gehen kann, zeigt beispielsweise Schweden. Hier ist seit 1995 das BIP schneller gewachsen als die Schulden. Die schwedische Verschuldung liegt nur bei etwa 42 Prozent des BIP, während sie in Österreich bei über 80 Prozent des BIP liegt. Und das bei einer ähnlichen Steuerquote. Viele EU-Staaten haben mittlerweile reagiert: Es gilt dort als selbstverständlich, in guten Jahren Überschüsse zu erwirtschaften – in Deutschland, Holland, Schweden oder Tschechien war das bereits 2016 der Fall. 2017 werden sich noch einige mehr dazu gesellt haben.

Es muss klar sein, dass bei einem Zinsanstieg, die Neuverschuldung auch steigen wird. Dann wird eine Abkehr der Schuldenpolitik noch schwieriger werden.

Es ist außerdem anzumerken, dass der Staat zu viel konsumiert und zu wenig investiert. Wenn der Finanzminister in Projekte investieren würde, die für zukünftige Generationen von Bedeutung wären und diese, aus technologischen Gründen, zeitnah umsetzten würde (Stichwort Digitalisierung und Modernisierung der Schulsystems, sowie Klimaschutz), könnte man Ausgaben bei niedrigen Zinsen noch rechtfertigen, aber der Staatskonsum (2016. 20,9% des BIP) ist sieben Mal so hoch wie die Investitionen (2016. 2,9% des BIP).

Auch Länder und Gemeinden sind hier in der Pflicht: Auf Landesebene haben Kärnten, Niederösterreich, Steiermark, Tirol, Vorarlberg und Wien 2016 das Ziel verfehlt. Auch in den Ländern braucht es eine verantwortungsvolle und nachhaltige Budgetpolitik.

Angesichts der jahrzehntelangen Schuldenmacherei fordern NEOS die Einführung einer Schuldenbremse im Verfassungsrang. Nur eine in der Verfassung verankerte Schuldenbremse würde dafür sorgen, dass Österreich zumindest in konjunkturell hervorragenden Jahren mit den Rekordeinnahmen das Auslangen findet und endlich wieder einen Überschuss schafft. Mit diesem Polster können dann notwendige Investitionen in schlechten Jahren finanziert werden.

Zwar zielt der EU-Stabilitäts- und Wachstumspakt auf ein ausgeglichenes Budget ab, jedoch ohne Mechanismen zur automatischen Anpassung der Steuern oder Ausgaben. Und erst nach einem zeitaufwändigen (stark politisch geprägten) Prozess zwischen Mitgliedsstaat und EU-Institutionen können Sanktionen in Form von Strafgeldern verhängt werden.

Als Vorbild kann hier die Schweiz dienlich sein. Konkret werden im Fall der Schuldenbremse die zulässigen Ausgaben auf die Höhe der um einen Konjunkturfaktor bereinigten Einnahmen begrenzt. Damit ist dafür gesorgt, dass in einer Hochkonjunkturphase der Konjunkturfaktor kleiner als eins ist, und damit Überschüsse erzielt werden müssen, während in einer Rezession Defizite erlaubt werden. Über den kompletten Konjunkturzyklus ist der Haushalt somit ausgeglichen. Nicht auszuschließen ist, dass Schätzfehler passieren. Die dadurch entstehenden Fehlbeträge werden auf einem Ausgleichskonto verbucht und werden in den Ausgaben der folgenden Jahre entsprechend berücksichtigt.

Eine Schuldenbremse nach dem Schweizer Vorbild ist daher notwendig, um eine vernünftige Budgetpolitik aufzuziehen. Dafür muss die Schuldenbremse mit einem entsprechenden gesetzlichen Hebeln ausgestaltet werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden


ENTSCHLIESSUNGSANTRAG




Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert dem Nationalrat ein Gesetz zuzuleiten, das vorsieht, eine Schuldenbremse im Verfassungsrang zu etablieren, welches zum Ziel hat, ein ausgeglichenes Budget über eine Konjunkturphase herzustellen. Außerdem sollen die Effektivität dieser Fiskalregeln durch folgende Kriterien sichergestellt werden:

 

·        Die Regeln müssen klar formuliert sein und sich auf technisch eng definierte Variablen beschränken, die wenigen Revisionen unterliegen und von den statistischen Ämtern zeitnah publizierbar und stabil prognostizierbar sind.

·        Starke Sanktions- und Korrekturmechanismen sollen die Durchsetzbarkeit sicherstellen.

·        Unabhängige Institutionen, wie etwa Fiskalräte, die sich aus fachkundigen Experten zusammensetzen und keine politischen Amts- oder Mandatsträger sind, sollen die Regeleinhaltung überwachen."



In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Budgetausschuss vorgeschlagen.