Bundesgesetz, mit dem die Jurisdiktionsnorm, die Zivilprozessordnung, das Gerichtsgebührengesetz, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Konsumentenschutzgesetz,das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert werden (Verbandsmusterfeststellungsklagegesetz)

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel I

Änderung der Jurisdiktionsnorm

Die Jurisdiktionsnorm, RGBl. Nr. 11111895, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 130/2017, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 50 wird folgender § 50a samt Überschrift eingefügt:

„Verbandsmusterfeststellungsklage

§ 50a. (1) Für Verbandsmusterfeststellungsklagen ist in erster Instanz ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstands das Handelsgericht Wien zuständig.

(2) Die Änderung des Gerichtsstands für die Verbandsmusterfeststellungsklage durch Vereinbarung der Parteien ist unzulässig.“

Artikel II

Änderung der Zivilprozessordnung

Die Zivilprozessordnung, RGBl. Nr. 113/1895, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 59/2017, wird wie folgt geändert:

1. Nach §189 wird folgende Bestimmung eingefügt:

§ 189a. (1) Werden in einem Verfahren mehrere Ansprüche geltend gemacht oder werden mehrere Rechtsstreite zur gemeinsamen Verhandlung verbunden, so kann der Senat anordnen, dass die Verhandlung zunächst auf einzelne Ansprüche beschränkt wird und bis zu deren Klärung mit der Behandlung der anderen Ansprüche innegehalten wird, wenn die zu klärenden Tat- und Rechtsfragen bei den Ansprüchen im Wesentlichen gleichartig sind und diese Maßnahme geeignet erscheint, das Verfahren zu vereinfachen oder zu beschleunigen oder die Kosten der Prozessführung zu mindern.

(2) Der Beschluss, mit dem die Innehaltung angeordnet wird, ist selbstständig anfechtbar. “

2. Nach § 190 wird folgende Bestimmung eingefügt:

§ 190a. (1) Sind in einem Rechtsstreit im Wesentlichen gleichartige Tat- und Rechtsfragen zu klären wie in einem anderen, wenn auch nicht zwischen denselben Parteien, anhängigen Rechtsstreit, so kann der Senat auf Antrag einer der Parteien das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung des anderen Verfahrens unterbrechen, wenn diese Maßnahme geeignet erscheint, das vorliegende Verfahren zu vereinfachen oder zu beschleunigen oder die Kosten der Prozessführung zu mindern und die Unterbrechung für die Parteien nicht unbillig ist. Aus gerechtfertigten Gründen ist das Verfahren auf Antrag fortzusetzen.

(2) Der Beschlussfassung hat die mündliche oder schriftliche Einvernehmung der anderen Partei voranzugehen.“

3. § 227 Abs. 1 wird geändert wie folgt:

§ 227. (1) Mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben Beklagten können auch ohne Vorliegen eines tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhanges in derselben Klage geltend gemacht werden, wenn

           1. das Prozessgericht zuständig und

           2. dieselbe Art des Verfahrens zulässig ist.“

4. In § 464 wird nach Absatz (1) folgender Absatz (1a) eingefügt:

„(1a) Die Frist (Abs. 1) kann auf Antrag im Verbandsmusterfeststellungsverfahren sowie im Fall großen Umfanges des Verfahrens - insbesondere im Hinblick auf eine Vielzahl Betroffener oder eine Vielzahl geltend gemachter Ansprüche - vom Gericht verlängert werden.“

5. § 502 Abs. 5 Z 3 wird abgeändert wie folgt:

         „3. für Rechtsstreitigkeiten, in denen ein im § 29 KSchG genannter Verband einen ihm zur Geltendmachung abgetretenen Anspruch gegen eine Partei klagsweise geltend macht oder mit Zustimmung des Verbrauchers im eigenen Namen Feststellungs- oder Gestaltungsbegehren erhebt. § 631 gilt sinngemäß.“

6. In § 502 Abs. 5 wird am Ende der Z 4 der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende Z 5 angefügt:

         „5. Für Streitigkeiten, die im Verbandsmusterfeststellungsverfahren entschieden werden.“

7. § 505 Abs. 2 wird abgeändert wie folgt:

„(2) Die Revisionsfrist beträgt vier Wochen von der Zustellung des Berufungserkenntnisses an; sie kann nur im Verbandsmusterfeststellungsverfahren sowie im Fall großen Umfanges des Verfahrens - insbesondere im Hinblick auf eine Vielzahl Betroffener oder eine Vielzahl geltend gemachter Ansprüche - auf Antrag vom Gericht verlängert werden. §464 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden.“

8. Nach § 618 werden folgende Abschnitte samt Überschriften angefügt:

„Fünfter Abschnitt“

Verbandsmusterfeststellungsklage

Zulässigkeit

§ 619. (1) Mit der Verbandsmusterfeststellungsklage kann die Feststellung des Vorliegens oder Nichtvorliegens von Voraussetzungen für das Bestehen oder Nichtbestehen eines Anspruchs oder Rechtsverhältnisses zwischen einer Mehrzahl von potentiellen Klägern und einem oder mehreren Beklagten begehrt werden.

(2)  Die Verbandsmusterfeststellungsklage ist nur zulässig, wenn glaubhaft gemacht wird, dass von den Feststellungszielen nach Absatz 1 die Ansprüche oder Rechtsverhältnisse von mindestens 10 potentiellen Klägern abhängen.

Klagebefugnis

§ 620. (l) Klagebefugt sind Einrichtungen, die nach § 29 Abs. 1 Konsumentenschutzgesetz zu Verbandsklagen nach § 28 und § 28a Konsumentenschutzgesetz berechtigt sind.

(2)  Klagebefugt sind weiters Einrichtungen, die nachweisen, in das Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABI. L 110 vom 1.5.2009, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 524/2013 (ABI. L 165 vom 18.6.2013, S. 1) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung eingetragen zu sein.

(3)  Klagebefugt sind weiters gemeinnützige Stiftungen, die gemäß ihrer Satzung gleichartige Interessen von anderen Personen als ihnen selbst wahrnehmen und für die potentiellen Kläger repräsentativ sind.

(4)  Die zur Verbandsmusterfeststellungsklage befugten Einrichtungen haben in der Klage jene Merkmale zu bezeichnen, die das Verfahren als Verbandsmusterfeststellungsverfahren kennzeichnen, und die typischen Kriterien, die Ansprüche aufweisen müssen, um vom Verbandsmusterfeststellungsverfahren betroffen zu sein, im Einzelnen genau anzugeben.

Bekanntmachung in Klageregister

§ 621. (1) Das Klageregister ist ein elektronisch geführtes Register mit Angaben zu Verbandsmusterfeststellungsverfahren. Das Handelsgericht Wien entscheidet nach Anhörung des Beklagten durch unanfechtbaren Beschluss über die öffentliche Bekanntmachung der folgenden Angaben im Klageregister:

           1. die Bezeichnung der Parteien,

           2. die Bezeichnung und das Aktenzeichen des Gerichts,

           3. die Feststellungsziele,

           4. eine knappe Darstellung des vorgetragenen Lebenssachverhaltes,

           5. den Zeitpunkt der Bekanntmachung im Klageregister,

           6. die typischen Kriterien, die Ansprüche aufweisen müssen, um vom Verbandsmusterfest­stellungsverfahren betroffen zu sein

           7. die Bedingungen der Hemmung der Verjährung von Ansprüchen nach § 622,

           8. die Bedingungen für einen Austritt aus einem Vergleich nach § 625 Abs. 5 und

           9. die Bedingungen für einen Austritt aus dem Verbandsmusterfeststellungsverfahren nach § 624 Abs. 2.

(2) Die öffentliche Bekanntmachung soll spätestens binnen zwei Monaten nach Eintritt der Rechtsanhängigkeit erfolgen. Verzögerungen sind mit der Entscheidung über die Bekanntmachung schriftlich zu begründen.

(3) Das Gericht veranlasst die öffentliche Bekanntmachung von Ladungen zu Tagsatzungen und von Zwischenentscheidungen im Klageregister, wenn dies zur Information der potentiellen Kläger über den Fortgang des Verfahrens erforderlich ist. Personenbezogene Daten werden nicht öffentlich bekannt gemacht.

Hemmung der Verjährung

§ 622. Mit dem Tag der Rechtsanhängigkeit einer Verbandsmusterfeststellungsklage wird die Verjährung der Ansprüche aller von der Klage umfassten potentiellen Kläger, soweit diese Ansprüche zu diesem Zeitpunkt noch nicht verjährt sind, bis zum Ablauf von neun Monaten nach rechtkräftiger Entscheidung über die Verbandsmusterfeststellungsklage oder nach Einlangen der Erklärung eines Austrittes nach § 625 Abs. 5. gehemmt.

Klageregister; Verordnungsermächtigung

§ 623. (1) Das Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz führt das Klageregister für Verbandsmusterfeststellungsverfahren nach § 621 Absatz 1 Satz 1.

(2) Die im Klageregister gespeicherten Daten können

           1. von jedermann abgerufen werden, soweit die Daten öffentlich bekannt gemacht wurden,

           2. vom zuständigen Gericht sowie von den Parteien des Verbandsmusterfeststellungsverfahrens abgerufen werden, soweit die Daten dieses Verfahren betreffen,

           3. vom Anmelder abgerufen werden, soweit die Daten diesen betreffen.

Der Abruf ist unentgeltlich. Das Gericht hat die Verwendung der Daten auf das für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben Erforderliche zu beschränken.

(3) Die im Klageregister gespeicherten Daten sind bis zum Schluss des dritten Jahres nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens zu speichern. Nach Ablauf der Speicherfrist sind die Daten zu löschen.

(4) Das Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz wird ermächtigt, durch Verordnung die näheren Bestimmungen über Inhalt und Aufbau des Klageregisters, über Einreichung, Einstellung, Änderung, Löschung und Abruf der imKlageregister gespeicherten Daten sowie über die Datensicherheit und Barrierefreiheit zu treffen.

Besonderheiten des Verbandsmusterfeststellungsverfahrens

§ 624. (1) Mit der Rechtsanhängigkeit der Verbandsmusterfeststellungsklage kann gegen den Beklagten keine andere Verbandsmusterfeststellungsklage erhoben werden, deren Feststellungsziele den gleichen zugrundeliegenden Lebenssachverhalt betreffen.

(2) Potentielle Kläger können jederzeit schriftlich ihren Austritt aus dem Verbandsmusterfeststellungsverfahren erklären. Mit Einlangen des Austrittes bei Gericht endet die Hemmung der Verjährung gemäß § 622.

Vergleich

§ 625. (1) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch mit Wirkung für und gegen die potentiellen Kläger gemäß § 622 geschlossen werden.

(2) Der Vergleich soll Regelungen enthalten über

           1. die auf die potentiellen Kläger entfallenden Leistungen,

           2. den von den potentiellen Klägern zu erbringenden Nachweis der Leistungsberechtigung,

           3. die Fälligkeit der Leistungen und

           4. die Aufteilung der Kosten.

(3) Der Vergleich bedarf der Genehmigung durch das Handelsgericht Wien. Das Gericht genehmigt den Vergleich, wenn es ihn unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes der Verbandsmusterfeststellungsklage als angemessene gütliche Beilegung der betroffenen Ansprüche oder Rechtsverhältnisse erachtet. Die Genehmigung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Sie ist im Klageregister öffentlich bekannt zu machen.

(4) Das Handelsgericht Wien beauftragt den Kläger, den Vergleich sowie die Bedingungen eines Austrittes als potentieller Kläger aus dem Vergleich in geeigneter Weise, dem Umfang der Rechtssache angemessen zu veröffentlichen.

(5) Die potentiellen Kläger können innerhalb einer Frist von einem Monat nach Veröffentlichung des Vergleichs ihren Austritt aus dem Vergleich erklären. Der Austritt muss bei dem Gericht schriftlich erklärt werden. Die potentiellen Kläger sind über die Wirkung des Vergleichs, ihr Recht zum Austritt aus dem Vergleich sowie über die einzuhaltende Form undFrist zu belehren.

(6) Der genehmigte Vergleich wird wirksam, wenn weniger als 30 Prozent derpotentiellen Kläger ihren Austritt aus dem Vergleich erklären. Das Gericht stellt durch unanfechtbaren Beschluss den Inhalt und die Wirksamkeit des genehmigten Vergleichs fest. Der Beschluss ist im Klageregister öffentlich bekannt zu machen. Mit der Bekanntmachung des Beschlusses wirkt der Vergleich für und gegen die potentiellen Kläger, die nicht ihren Austritt erklärt haben.

Urteil

§ 626. (1) Das Urteil ist nach seiner Verkündung im Klageregister öffentlich bekanntzu machen.

(2) Die Einlegung eines Rechtsmittels ist im Klageregister öffentlich bekannt zu machen. Dasselbe gilt für den Eintritt der Rechtskraft.

Bindungswirkung des Musterfeststellungsurteils; Aussetzung

§ 627. (1) Das rechtskräftige Verbandsmusterfeststellungsurteil bindet das zur Entscheidung einer Streitigkeit zwischen einem potentiellen Kläger und dem Beklagten berufene Gericht, soweit die Entscheidung von den Feststellungszielen abhängt, wenn sich der nunmehrige Kläger auf die Bindungswirkung des Verbandsmusterfeststellungsurteils beruft. Dies gilt nicht, wenn der potentielle Kläger nach Bekanntmachung der Angaben zur Verbandsmusterfeststellungsklage im Klageregister selbst eine Klage gegen den Beklagten des Verbandsmusterfeststellungsverfahrens erhoben hat, die den gleichen zugrunde liegenden Lebenssachverhalt wie die Verbandsmusterfeststellungsklage betrifft.

(2) Hat der potentielle Kläger bereits vor der Bekanntmachung der Angaben zur Verbandsmusterfeststellungsklage eine Klage im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 letzter Halbsatz erhoben, so setzt das Gericht das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Erledigung der Verbandsmusterfeststellungsklage oder Austritt aus dem Verbandsmusterfeststellungsverfahren aus.

Streitwertminderung

§ 628. (1) Macht eine Partei glaubhaft, dass die Belastung mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde, so kann das Gericht auf ihren Antrag anordnen, dass sich die Verpflichtung dieser Partei zur Zahlung von Gerichtskosten nach einem ihrer Wirtschaftslage angepassten Teil des Streitwerts bemisst. Die Anordnung hat zur Folge, dass

           1. die begünstigte Partei die Gebühren ihres Rechtsanwalts ebenfalls nur nach diesem Teil des Streitwerts zu entrichten hat,

           2. die begünstigte Partei, soweit ihr Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden oder soweit sie diese übernimmt, die von dem Gegner entrichteten Gerichtsgebühren und die Gebühren seines Rechtsanwalts nur nach dem Teil des Streitwerts zu erstatten hat und

           3. der Rechtsanwalt der begünstigten Partei, soweit die außergerichtlichen Kosten dem Gegner auferlegt oder von ihm übernommen werden, seine Gebühren von dem Gegner nach dem für diesen geltenden Streitwert beitreiben kann.

(2) Der Antrag ist vor der Verhandlung zur Hauptsache zu stellen. Danach ist er nur zulässig, wenn der angenommene oder festgesetzte Streitwert später durch das Gericht heraufgesetzt wird. Vor der Entscheidung über den Antrag ist der Gegner zu hören.

SechsterAbschnitt

Musterverfahren

§ 629. (1) Macht ein in § 29 Abs. 1 KSchG genannter Verband einen ihm zur Geltendmachung abgetretenen Anspruch klagsweise geltend, so kann er beantragen, dass dieses Verfahren als Musterverfahren im Klageregister bekanntgemacht wird. Voraussetzung ist, dass der geltend gemachte Anspruch Rechtsfragen aufwirft, die für eine große Zahl von Ansprüchen bedeutsam sein können und sich aus einem im Wesentlichen gleichartigen Sachverhalt ergeben.

(2) Der Verband hat in seinem Antrag jene Merkmale zu bezeichnen, die das Verfahren als Musterverfahren kennzeichnen und die typischen Kriterien, die Ansprüche aufweisen müssen, um vom Musterverfahren betroffen zu sein, im Einzelnen genau anzugeben.

(3) Das Gericht hat nach Prüfung des Antrags die Klage, den Antrag und den rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens im Klageregister öffentlich bekannt zu machen. Die Bekanntmachung hat auf die Wirkung des § 630 hinzuweisen. Andernfalls ist der Antrag mit Beschluss abzuweisen und das ordentliche Verfahren einzuleiten.

(4) Die im Klageregister gespeicherten Daten sind bis zum Schluss des dritten Jahres nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens zu speichern. Nach Ablauf der Speicherfrist sind die Daten zu löschen.

(5) § 189a und 190a sind nicht anzuwenden.

§ 630. Von der Einbringung der Musterklage bis zum Ablauf von neun Monaten nach der Veröffentlichung der rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens ist die Verjährungsfrist für alle Ansprüche im Sinne des § 629 Abs. 2 gehemmt.

§ 631. Die in § 29 Abs. 1 KSchG genannten Verbände können ihnen abgetretene Ansprüche unbeschadet eines allfälligen vertraglichen Abtretungsverbotes im eigenen Namen geltend machen.

§ 632. Dieser Abschnitt gilt sinngemäß, wenn ein in § 29 Abs. 1 KSchG genannter Verband mit Zustimmung des Berechtigten im eigenen Namen Feststellungs- oder Gestaltungsbegehren erhebt.

Artikel III

Änderungen des Gerichtsgebührengesetzes

Das Gerichtsgebührengesetz, BGBL Nr. 501/1984, zuletzt geändert durch das Budgetbegleitgesetz 2007, BGBL I 130/2017, wird wie folgt geändert:

Nach § 18 wird folgender § 18a samt Überschrift eingefügt:

„Sonderregelungen für Verbandsmusterfeststellungsverfahren

§ 18a. (1) Die Bemessungsgrundlage für eine Verbandsmusterfeststellungsklage (§ 620 ZPO) beträgt 4 000 Euro.

(2) § 19a ist nicht anzuwenden.“

Artikel IV

Änderungen des Rechtsanwaltstarifgesetzes

Das Bundesgesetz über den Rechtsanwaltstarif, BGBL Nr. 189/1969, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBL. I Nr. 10/2017, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 9 wird folgender § 9a eingefügt:

§ 9a. (1) In Verbandsmusterfeststellungsverfahren nach den §§ 619 ff ZPO können die Parteien die Höhe des Streitwertes frei vereinbaren.

(2) Mangels einer entsprechenden Vereinbarung beträgt der Streitwert höchstens eine Million Euro, sofern der Wert des Streitgegenstandes über dieser Bemessungsgrundlage liegt.“

2. In § 15 erhält der bisherige Inhalt die Absatzbezeichnung „(1)“ und wird folgender Abs. 2 angefügt:

„(2) Abs. 1 gilt nicht in Verbandsmusterfeststellungsverfahren nach den §§ 619 ff. ZPO.“

Artikel V

Änderungen des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb

Das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984, BGBl. Nr. 448/1984, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 99/2016, wird wie folgt geändert:

1. § 14 Abs. 1 Satz 2 UWG wird geändert wie folgt:

„In den Fällen der §§ 1, 1a, 2, 2a und 9c kann der Anspruch auf Unterlassung auch von der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte, der Wirtschaftskammer Österreich, der Präsidentenkonferenz Landwirtschaftskammern Österreichs, vom Österreichischen Gewerkschaftsbund, von Bundeswettbewerbsbehörde oder vom Verein für Konsumenteninformation geltend gemacht werden.“

2. § 14 Abs. 1 Satz 3 UWG entfällt.

Artikel VII

Änderungen des Konsumentenschutzgesetzes

Das Konsumentenschutzgesetz, BGBl. Nr. 140/1979, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 50/2017, wird wie folgt geändert:

1. In § 28 KSchG werden folgende Absätze eingefügt:

„(1a) Der Anspruch auf Unterlassung umfasst auch das Recht, die Beseitigung des den Vorschriften des Gesetzes widerstreitenden Zustandes vom Verpflichteten, soweit ihm die Verfügung hierüber zusteht, zu verlangen.“

„(2a) Von der Einbringung der Verbandsklage bis zum Ablauf von zumindest neun Monaten nach rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens sind alle Verjährungsfristen für aus einer verfahrensgegenständlichen Klausel resultierende Ansprüche berechtigter Personen gehemmt.“

2. In § 28a KSchG wird folgender Absatz eingefügt:

„(1b) § 28 Abs. 1a und Abs. 2a gilt sinngemäß.“

3. Nach § 29 KSchG wird folgende Bestimmung eingefügt:

„Abschöpfung der Bereicherung“

§ 29a. (1) Wer im Sinne von § 28, § 28a KSchG oder § 14 UWG gegen Ge- oder Verbote verstößt und dadurch die allgemeinen Interessen des geschützten Personenkreises beeinträchtigt, kann von den in § 29 Abs. 1 KSchG genannten Einrichtungen auf Leistung des nach Maßgabe von Abs. 2 ermittelten Gewinns an die Republik Österreich geklagt werden. Als Streitwert iSd §§ 54 ff JN gilt höchstens ein Betrag in Höhe von € 31.000. Machen mehrere Stellen oder Organisationen diesen Anspruch geltend, entscheidet das Zuvorkommen.

(2) Als Gewinn gilt ein Betrag in Höhe von 20 % des Jahresumsatzes des Vorjahres, sofern der Unternehmer nicht beweist, dass er einen niedrigeren Gewinn erzielt hat. Auf den Gewinn sind die Leistungen anzurechnen, die der Unternehmer bereits als Schadenswiedergutmachung oder als Geldbuße geleistet hat.

(3) Der Anspruch entfällt durch den Nachweis, dass den Unternehmer kein grobes Verschulden trifft.

(4)  Die Verbindlichkeit kann vom Richter gemäßigt oder auch ganz erlassen werden, wenn der Verstoß nicht vorsätzlich erfolgt ist und den Unternehmer die Vorteilsabschöpfung unter Berücksichtigung aller Umstände unbillig hart träfe. Für das Vorliegen dieser Umstände ist der Unternehmer behauptungs- und beweispflichtig.

(5)  Dem Kläger gebührt zur Abgeltung seines Organisationsaufwandes ein Pauschalbetrag in Höhe von 30 % der festgesetzten Gewinnabschöpfung. Dieser Betrag ist vom Gericht gleichzeitig mit dem Gewinnabschöpfungsbetrag festzusetzen. Der restliche Betrag ist von der Republik Österreich für Maßnahmen für konsumentenrechtliche Projekte zu verwenden.

4. In § 41a wird folgender Absatz angefügt:

„(33) § 29a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2017 tritt mit 1.6.2018 in Kraft und ist auf Verstöße anzuwenden, die nach diesem Zeitpunkt erfolgen.“

Artikel VIII

Inkrafttreten

Dieses Bundesgesetz tritt mit 1.6.2018 in Kraft.