101/A(E) XXVI. GP

Eingebracht am 28.02.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Königsberger-Ludwig, Dr. Jarolim und GenossInnen

betreffend das planmäßige Inkrafttreten und die volle Finanzierung des 2. Erwachsenenschutzgesetzes

Mit dem 2. Erwachsenenschutzgesetz, das am 1. Juli 2018 in Kraft treten sollte, wurde das alte Sachwalterrecht auf eine grundlegend neue Basis gestellt und damit bessere Lebensverhältnisse für eine große Gruppe von Menschen ermöglicht, die der Hilfe bedürfen. Es war dies eine der wichtigsten Reformen im Justizbereich in der vorigen Gesetzgebungsperiode. Wie um den 20. Februar 2018 bekannt wurde, gäbe es Überlegungen in der türkis-blauen Bundesregierung, wegen fehlender Budgetmittel das Inkrafttreten dieses wichtigen Gesetzes um zwei Jahre zu verschieben. Das wäre ein schwerer Schlag für die betroffenen Menschen,

Oberstes Ziel dieses Gesetzes ist die Förderung der Selbstbestimmung von Menschen, die aufgrund ihrer psychischen Krankheit oder einer vergleichbaren Beeinträchtigung in ihrer Entscheidungsfähigkeit eingeschränkt sind. Die Autonomie dieser Menschen sollte deutlich ausgebaut werden. Im Übrigen ist das Gesetz zum Teil auch eine Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, die in Österreich seit 2008 in Kraft ist. Mit dem neuen Gesetz sollten die Erwachsenenschutzvereine zur Drehscheibe der Rechtsfürsorge werden (Clearing-Stelle).

Von zahlreichen Organisationen, die im Interesse von Menschen mit Behinderungen tätig sind, von allen Oppositionsparteien, von Sachwaltervereinen und Sachwaltern sowie von Behindertenanwalt Hansjörg Hofer kam massive Kritik an der geplanten Verschiebung bzw. der Nichtfinanzierung des Projektes. Letzterer stellte fest: „Es ist erschütternd, welchen Stellenwert die Bundesregierung den Rechten von Menschen mit Behinderung einräumt. Nach der Festlegung zum Ausbau der Sonderschulen und der Beibehaltung des bloßen Taschengeldes in Werkstätten wäre dies ein weiterer massiver Rückschlag in der Behindertenpolitik.“

Vonseiten der Bundesregierung gibt es ein komplettes Tohuwabohu zur weiteren Vorgangsweise. Sozialministerin Beate Hartinger-Klein forderte am 26. Februar 2018 ein „Ende der Verunsicherung“ beim geplanten Erwachsenenschutzgesetz und sagte nicht dazu, dass diese Verunsicherung von Mitgliedern der Bundesregierung ausgehe. Sie stellte fest: „Das Erwachsenenschutzgesetz wird ohne weitere Verzögerungen umgesetzt. Das hat mir Justizminister Moser in einem Telefonat zugesichert.“ Justizminister Moser wiederum erklärte die Finanzierung des 2. Erwachsenenschutzgesetzes „als Teil der Budgetverhandlungen“. Vonseiten des Finanzministeriums wiederum hat es geheißen, dass es keine zusätzlichen Mittel geben könne und dass das Justizministerium durch Umschichtungen in seinem Budget diese Aufgaben zu gewährleisten habe.

Keine Stellungnahme gab es von Bundeskanzler Sebastian Kurz, der seine Koordinierungsfunktion in der Bundesregierung offenbar überhaupt nicht ausübt.

Rund 60.000 Personen sind von diesem Gesetz unmittelbar betroffen und eine vielfache Zahl davon mittelbar. Diese Personen haben sich ein derartiges von der Bundesregierung angerichtetes Chaos und solch eine Unsicherheit jedenfalls nicht verdient.

Aus diesem Grund stellen die Unterzeichneten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, das planmäßige Inkrafttreten des 2. Erwachsenenschutzgesetzes mit 1. Juli 2018 und die volle Bedeckung der erforderlichen finanziellen Mittel im Budget sicherzustellen.

Zuweisungsvorschlag: Justizausschuss