135/A(E) XXVI. GP

Eingebracht am 28.02.2018
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EntschlieSSungsantrag

 

der Abgeordneten Claudia Gamon, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Einrichtung eines unabhängigen Expertenforums für analytische Begleitung des Brexit-Prozesses zur Steigerung der diesbezüglichen Reaktionsgeschwindigkeit der Bundesregierung

 

Der Ausstieg der Briten aus der Europäischen Union gemäß Artikel 50 des EUV und die Verhandlungen dazu werden mit großen und noch nie da gewesenen Herausforderungen für die Union, sowie für ihre verbleibenden Mitgliedsstaaten einhergehen. Die letzten Monate haben gezeigt, dass das Ende der britischen Mitgliedschaft nicht nur zwischen der Europäischen Union und der britischen Regierung verhandelt werden wird, sondern – aufgrund von unterschiedlicher Betroffenheit durch den Brexit – auch zu Debatten zwischen den verbleibenden 27 Mitgliedsstaaten führt. Viele Fragen, die sich die Briten dieser Tage selbst stellen müssen, haben direkte Konsequenzen für die Arbeitsteilung der verbleibenden Mitgliedsstaaten und das Budget der EU.

Großbritannien war bisher mit zehn Milliarden Euro der zweitgrößte Nettozahler der EU nach Deutschland. Der Vorschlag der Europäischen Kommission ist, den durch den britischen Ausstieg entstehenden Ausfall an Beitragszahlungen teils durch Einsparungen und teils durch höhere Beitragszahlungen der verbleibenden Mitglieder zu decken. Die Bundesregierung steht hier offenbar auf dem Standpunkt, dass Österreich nicht mehr einzahlen, aber auch nicht weniger herausbekommen möchte. Abgesehen von dieser Aussage ist über die österreichische Position zum Brexit kaum etwas bekannt.

Unter dem Vorwand, Österreich wolle die Einigkeit der 27 nicht durch Zwischenrufe eines Mitgliedsstaates schwächen, gibt es gegenwärtig keinerlei Hinweise darauf, ob es eine österreichische Position gibt, wie diese aussieht und wie man zu dieser gelangt ist. Das bedeutet, dass das Österreichische Parlament völlig darüber im Dunkeln tappt, wofür sich die Bundesregierung in Fragen wie Zugang der Briten zum Binnenmarkt, Zölle, regelungsbezogenen Divergenzen, Rechte der Unionsbürger in Großbritannien, Informationsaustausch in der ohnedies komplexen transnationalen Kriminalitäts- und Terrorismusbekämpfung etc. einsetzt.

Bisher lässt die Österreichische Bundesregierung überhaupt einen Kurs bezüglich des Brexit vermissen. Während selbstverständlich keine der Verhandler_innen seine/ihre Karten in der Öffentlichkeit auf den Tisch legen muss, macht die Bundesregierung gegenwärtig nicht den Anschein, als gäbe es überhaupt eine österreichische Position. Eine solche ist aber notwendig, um zu einer gemeinsamen europäischen zu gelangen. Es gibt wohl auch eine grundlegende Vorstellung einer zukünftigen Beziehung zwischen Union und Großbritannien, die man im Sinne der Transparenz und Professionalität in Österreich diskutieren kann, ohne den Briten damit völlig überraschende Geheimnisse zu verraten.

Die Vergangenheit hat auch gezeigt, dass die Reaktionsgeschwindigkeit der Bundesregierung bei solch umfangreichen Herausforderungen eher bescheiden ist. Dies wirkt sich aber auf viele Menschen negativ aus. So brauchen etwa die österreichischen Unternehmen Zeit, sich auf neue rechtliche Rahmenbedingungen vorzubereiten und dafür benötigen sie zumindest irgendwelche Informationen darüber, mit welchen Szenarien man gegenwärtig rechnen muss.

Zudem kommt Österreich durch die EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2018 eine besondere Rolle in der Union und damit auch bei der Brexit-Abwicklung zu, die eine klare Linie bei diesem Thema erfordert.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG


 
Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien wird aufgefordert, einen unabhängigen Expertenrat einzurichten, der den Brexit-Prozess tagesaktuell analytisch begleitet und der Bundesregierung und dem Parlament Vorschläge zur weiteren Vorgehensweise bezüglich des Brexit unterbreitet, sowie, im Sinne der Transparenz, der Öffentlichkeit Zugang zu dieser Expertise ermöglicht.“

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Außenpolitischen Ausschuss vorgeschlagen.