137/A(E) XXVI. GP

Eingebracht am 28.02.2018
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EntschlieSSungsantrag

 

der Abgeordneten Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen

betreffend globale Agrarmärkte und regionale Produktion

Österreich konnte seine Agrarexporte im Vorjahr um 6,9 Prozent steigern. Das ist der höchste Anstieg seit knapp 20 Jahren. Während Österreich 2017 11,1 Milliarden Euro mit dem Export von Lebensmitteln und Agrarwaren umsetzte, importierte es Waren im Wert von 12 Milliarden Euro. Das Defizit fiel damit mit 900 Millionen Euro so gering aus wie schon lange nicht.

Der Agrar-Außenhandel hat sich seit dem Beitritt Österreichs zur EU nahezu versechsfacht. Vor allem die Ausfuhren von Milchprodukten konnten enorm gesteigert werden, nämlich um 544%. Diese Zahlen belegen den Stellenwert des Agraraußenhandels. In der öffentlichen Wahrnehmung und auch der medialen Rezeption scheint dieser starke Fokus auf Exporte und Importe ein Widerspruch zu Eigenversorgung und Regionalität zu sein. Vielfach wird eine Rückbesinnung auf eine regional verwurzelte und umweltverträglichere Landwirtschaft gefordert, sogar auf Subsistenz, die unabhängig von globalen Warenströmen funktioniert. Dabei wird außer Acht gelassen, dass dies einen radikalen und disruptiven Schritt bedeuten würde. Abhängigkeiten lassen sich nur langsam verringern. Europas Nutztierhaltung hängt vom Import von 35 Mio Tonnen Sojabohnen und Sojaschrot aus Nord- und Südamerika ab. Dem steht eine Eigenproduktion von gerade einmal 2,3 Mio Tonnen Soja entgegen. Die benötigte Menge lässt sich auf Europas Ackerflächen auch gar nicht produzieren. Die Importmenge lässt sich nur über Forcierung des Anbaus von Soja und anderen Eiweißfuttermitteln leicht reduzieren. Grundsätzlich steht auch die Frage im Raum, ob es sinnvoll ist, diesen Weg überhaupt einzuschlagen. Oft scheint es naheliegend, möglichst viel selbst zu produzieren, um nicht von Handel und Lagerhaltung abhängig zu sein. Ein hohes Ausmaß an Selbstversorgung bei Grundnahrungsmitteln geht aber zu Lasten von möglichen Gewinnen aus anderen Agrarprodukten und verursacht somit auch Kosten und schränkt Entwicklungsmöglichkeiten und damit die Ernährungssicherheit ein. Komparative Kostenvorteile, die Nutzung unterschiedlicher Opportunitätskosten sind auch in der Agrarwirtschaft in noch nie erlebter Dichte die Triebfeder wirtschaftlicher Entwicklung geworden. Auf das Beispiel Soja umgelegt: Auch wenn Europa über die Flächen verfügen würde, die Produktion wäre ökonomisch betrachtet nicht sehr sinnvoll. Der Weltagrarhandel sorgt zudem auch für die effiziente Verteilung knapper Nahrungsmittel und Agrarressourcen sowie für ausländische Direktinvestitionen entlang aller Erzeugnisse der Wertschöpfungskette. Weiters ist Agrarhandel ein ganz wesentliches Instrument zur Stabilisierung von Verfügbarkeiten und Preisen. Die Lagerung von Nahrungsmitteln in Regionen mit Überproduktion ist eine weitere wesentliche Maßnahme, um Engpässe auszugleichen und Preise zu stabilisieren. Stark in der Kritik standen immer wieder Spekulationen mit agrarischen Rohstoffen, die als Preistreiber für Grundnahrungsmittel gesehen wurden. Mittlerweile sieht das selbst die Welternährungsorganisation (FAO) anders. Hier benennt man als Hauptfaktor von starken Preisschwankungen staatliche Interventionen, die zu Engpässen geführt hatten. Spekulationsgeschäfte hätten laut einer Mehrzahl der seriösen empirischen Untersuchungen weder die Agrarrohstoffpreise selbst noch deren Schwankungen erhöht. Angesichts starker klimatischer Veränderungen und wachsender Weltbevölkerung ist zum einen eine innovativere, angepasste Landwirtschaft gefordert, aber zum anderen auch ein effizienter Handel mit Agrargütern, der schnell auf Mangel und Bedarf reagieren kann. Dass ausgerechnet in Österreich, das in hohem Maße vom Weltagrarhandel profitiert, die Skepsis so hoch ist, ist bedauerlich. Gerade der effiziente Austausch agrarischer Waren ermöglicht das Überleben der heimischen Betriebe und die Produktion hochqualitativer Erzeugnisse. Die regionalen, oft ausgezeichneten Nischenprodukte in Österreich sind kein Widerspruch und kein Gegenentwurf zum Weltagrarhandel, sondern beide Bereiche bedingen sich gegenseitig. Die heimische Politik ist gefordert, das auch offensiv zu kommunizieren, um höheres Verständnis und damit auch ein klareres Bekenntnis zur österreichischen Landwirtschaft und ihrer Weiterentwicklung zu ermöglichen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG


Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung – insbesondere die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus- wird aufgefordert, die Wichtigkeit des weltweiten Agrarhandels für die österreichische Landwirtschaft und die Ernährungssicherheit deutlicher hervorzustreichen und offensiv zu kommunizieren, dass sich globaler Agrarmarkt und regionale Produktion nicht ausschließen, sondern ergänzen und bedingen."

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft vorgeschlagen.