139/A(E) XXVI. GP

Eingebracht am 28.02.2018
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

EntschlieSSungsantrag

 

der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Zusammenfassung und Vereinfachung steuerlicher Familienleistungen

 

Familienpolitik verfolgt viele verschiedene Ziele und muss auch in einem Spannungsfeld mit Beschäftigung, Demographie, genereller Sozialpolitik und auch Gleichbehandlungspolitik betrachtet werden.

Gerade deshalb muss für eine effektive Ausgestaltung der Familienförderung Klarheit über die verfolgten Ziele bestehen und versucht werden, diese möglichst einfach mit einer geringen Anzahl an Steuerungsinstrumenten zu erreichen. Aus unserer Sicht lassen sich grundsätzlich folgende Ziele der Familienpolitik ableiten, die in Zukunft noch zielgerichteter und koordiniert verfolgt werden sollten:

·        Vereinbarkeit von Familie und Beruf

·        Gleichstellung von Frauen bzw. Müttern am Arbeitsmarkt und damit verbundene volkswirtschaftliche Effekte

·        Bewältigung demographischer Herausforderungen

·        soziale Absicherung von Kindern und Herstellung von Chancengerechtigkeit, insbesondere im Hinblick auf ihre Bildungschancen

 

Betrachtet man die verschiedensten steuerpolitischen Familienleistungen erkennt man eine zu wenig koordinierte Wirkung der Maßnahmen in eine Richtung. Zu den steuerlichen Familienleistungen gehören (und sind mit den Anfragen erfasst) folgende:

·        Alleinverdienerabsetzbetrag

·        Alleinerzieherabsetzbetrag

·        Kinderabsetzbetrag (nur bedingt eine steuerliche Familienleistung, da direkt mit Familienbeihilfe ausbezahlt)

·        Unterhaltsabsetzbetrag

·        Kinderfreibetrag

·        Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten

Die Bundesregierung hat die Einführung eines Familien-Steuerbonus von 1.500 Euro pro Kind und Jahr im Regierungsprogramm verankert (S.102, 126) und Anfang des Jahres medial verbreitet. Eine entsprechende Gesetzesvorlage gibt es noch nicht. Bekannt ist bisher nur, dass im Zuge der Einführung des "Familienbonus Plus" auch die steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten abgeschafft wird. Um Geringverdiener_innen ebenfalls zu entlasten, wurde eine Erhöhung des Alleinverdiener- und Alleinerzieherabsetzbetrag angekündigt.

 

·        Anspruch bis zum 15./18. Lebensjahr (je nachdem ob in Ausbildung) statt bisher bis zum 10. Lebensjahr

·        Ausbau der Absetzbarkeit für Bildungsförderungsmaßnahmen wie Nachhilfe (von zertifizierten Einrichtungen), Spracherwerb, Musikerziehung, Förderung von Bewegung und sportlicher Betätigung und Erhöhung der Anspruchsmöglichkeit, Sport, Musik, etc.

 

Die übrigen Mittel sollen vor allem für einen weiteren Ausbau von Kinderbetreuungsangeboten verwendet werden und damit auch unsere Forderung nach einem Rechtsanspruch auf einen passenden Kinderbetreuungsplatz ab dem 1. Geburtstag gewährleistet werden. Dabei geht es aber nicht nur um den Ausbau der institutionellen Kinderbetreuung im frühpädagogischen Bereich, sondern auch in Bezug auf Nachmittagsbetreuungsmöglichkeiten und schulische Ganztagesbetreuungsangebote.

Wesentlich an dieser Forderung und Umschichtung der Mittel ist, dass dadurch eine weit stärkere Subjekt- statt Objektförderung erreicht wird. Ein Paradigmenwechsel bei Kinderbetreuungs- und -bildungsangeboten könnte damit zumindest in ersten Schritten erprobt und getestet werden. "Zweifellos muss der Übergang von der Objektförderung zur Subjektförderung (...), sorgsam vorbereitet und eingeführt werden." (S. 218, Heft 12/2004 der Schriftreihe des Österreichischen Instituts für Familienforschung).

Einige Argumente sprechen für diesen Paradigmenwechsel: So würde etwa Kaufkraft der Eltern für Betreuungs- und Bildungseinrichtungen geschaffen werden und damit auch das Kostenbewusstsein gestärkt. Darüber hinaus können Eltern besser über die Mittelverwendung und die für die Familie passenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung und -bildung entscheiden. Dadurch entstünde auch ein größerer Wettbewerb zwischen den Anbietern solcher Betreuungs- und Bildungsmöglichkeiten für Kinder. Gleichzeitig bedarf es natürlich auch der Sicherstellung der Qualität (z.B. Zertifizierungsprogramme, ...).

Die aufgezeigten Entwicklungspotenziale der steuerlichen Familienleistungen verfolgen die Ziele einer modernen, zukunftsorientierten und sozioökonomisch ausgleichenden Familienpolitik. Die Zusammenfassung der Leistungen gewährt einen leichten Überblick über die steuerlichen Möglichkeiten und ermöglicht es trotzdem verschiedenste familienpolitische Ziele gleichzeitig zu erreichen.

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird erleichtert, da auf die individuellen Betreuungsbedürfnisse der Familien von ihnen selbst eingegangen werden kann. Dadurch ergibt sich auch leichter die Möglichkeit, dass Frauen überhaupt am Arbeitsmarkt partizipieren können, was wiederum der finanziellen Absicherung der Familien und ihrer ökonomischen Unabhängigkeit hilft. Durch die bereitgefächerte Möglichkeit der Absetzbarkeit verschiedenster (privater) Bildungs- und Betreuungsausgaben wird auch eine entsprechende Chancengerechtigkeit aller Kinder gewährleistet.

 

Absetzbare Kosten für Kinderbetreuung

108.524.000 Euro

Kinderabsetzbetrag

1.418.054.000 Euro

Unterhaltsabsetzbetrag

67.505.000 Euro

Summe

1.961.917.000 Euro

Wie oben aufgezeigt führt aus unserer Sicht kein Weg an einer verbesserten Förderung und Bereitstellung von Kinderbetreuungseinrichtungen vorbei. Gerade durch einen weiteren Ausbau dieser Möglichkeiten werden auch die verschiedenen Ziele einer modernen Familienpolitik berücksichtigt.

Es ist deshalb an der Zeit den Wildwuchs an steuerlichen Familienleistungen zu beseitigen und die Mittel zielgerichtet einzusetzen. Deshalb sollen die verschiedenen steuerlichen Familienleistungen zu einer einzigen Leistung zusammengefasst werden: die steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungs- UND -bildungskosten.

Mit Einführung des Familienbonus wird die Möglichkeit, verschiedene Kinderbetreuungskosten steuerlich abzusetzen, abgeschafft. NEOS stehen für einen Ausbau der Absetzbarkeit von Kinderbetreuungs- und -bildungskosten und einem leichteren Zugang dazu für alle. Insbesondere soll nicht mehr nur die Kinderbetreuung an und für sich im Fokus stehen, sondern auch die bildungspolitischen Begleitmaßnahmen mit bedacht werden. Deshalb soll es einen Ausbau der bisherigen Möglichkeiten mit einem verstärkten Fokus auch auf (freiwillige) Bildungskosten geben, um damit einen Bildungsanreiz zu bieten. Diese Möglichkeiten können vor allem Kindern zugutekommen, die aus Familien kommen die diese spezifischen Angebote ansonsten weniger in Anspruch nehmen. Mehr Chancengerechtigkeit ist damit erreicht.

 

Gegenwärtig bestehen noch einige Möglichkeiten zur Absetzbarkeit die auch weiterhin bestehen sollten. Abgesetzt werden können Kosten, wenn folgende Punkte erfüllt werden:

·        die Betreuung muss in einer privaten oder öffentlichen Kinderbetreuungseinrichtung (z.B. Kindergarten, Hort, Internat) oder durch eine pädagogisch qualifizierte Person erfolgen

·        die Betreuungskosten müssen tatsächlich entstanden sein. Abzugsfähig sind die Kosten für die Kinderbetreuung (auch Fahrtkosten einer Tagesmutter/eines Tagesvaters bei Abholung des Kindes zur Betreuung) sowie Kosten für Verpflegung und das Bastelgeld.

·        die Kosten für die Betreuung während der schulfreien Zeit (z.B. Nachmittagsbetreuung, Ferienbetreuung) sind abzugsfähig, sofern die Betreuung durch eine pädagogisch qualifizierte Person oder institutionelle Kinderbetreuungseinrichtung erfolgt. Für die Ferienbetreuung (Ferienlager) können sämtliche Kosten (z.B. auch jene für Verpflegung und Unterkunft, Sportveranstaltungen, Fahrtkosten für den Bus zum und vom Ferienlager) berücksichtigt werden, sofern die Betreuung durch eine pädagogisch qualifizierte Person erfolgt.

Konkret müsste bei der gegenwärtigen Absetzbarkeit dieser Kosten einiges geändert werden:

Vor allem die Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten verfolgte im Vergleich zu den anderen steuerlichen Familienleistungen die wesentlichen Ziele einer modernen Familienpolitik: neben der Familienarbeit wird eine Erwerbstätigkeit erleichtert, wovon vor allem Frauen profitieren. Die individuelle Entscheidungsfreiheit und tatsächliche Wahlfreiheit wird gewährleistet, was auch demographisch positive Effekte hat (was internationale vergleichende Studien zeigen). Die soziale Absicherung wird vor allem auch deshalb gewährleistet, weil die Familien aufgrund des eigenen Einkommens der Eltern in einer besseren finanziellen Situation wären. Gleichzeitig ergibt sich durch diese Maßnahme mehr Chancengerechtigkeit, da gerade elementarpädagogische Einrichtungen und entsprechende Bildungsangebote genützt werden können bzw. ein finanzieller Anreiz zur Inanspruchnahme gewährleistet wird.

 

Eine Abschaffung der steuerlichen Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten steht somit einer modernen Familienpolitik und den Zielen nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf, und vor allem der Gleichstellung von Frauen bzw. Müttern am Arbeitsmarkt fundamental entgegen. Was es wirklich braucht ist einen Ausbau der Absetzbarkeit von Kinderbetreuungs- und -bildungskosten.

 

Der Kinderabsetzbetrag wird gleichzeitig mit der Familienbeihilfe ausbezahlt und hat in dem Sinne keine sonderliche Wirkung innerhalb der steuerlichen Familienleistungen, sondern kann eigentlich als eine direkte Geldleistung betrachtet werden, lediglich die soziale Absicherung der Kinder wird damit verstärkt, anderen eigentlichen Zielen der Familienpolitik wird damit nicht gerecht. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass wenn mit dem Kinderabsetzbetrag das Ziel der sozialen Absicherung verfolgt werden sollte, es aufgrund mit der Bezahlung einhergehender ökonomischer Wirkungen, dieses wiederum wirkungslos ist. Erhöhte monetäre Transfers können nämlich im Gegenzug zu einer Reduktion des Erwerbsausmaßes führen und die sozial (bzw. finanzielle Absicherung) von Kindern nicht unbedingt erhöhen. (http://www.sueddeutsche.de/politik/studie-zu-kindergeld-und-kinderfreibetrag-teuer-und-wirkungslos-aber-gewollt-1.1661149) Ähnlich verhält es sich auch mit dem Kinderfreibetrag. Allerdings darf nicht außer Acht gelassen werden, dass durch die Reduktion der Arbeitszeit (aufgrund höherer monetärer Transfers) die Zeit für die Kinder erhöht wird - es ist also vor allem auch eine gesellschaftspolitische Frage, in welche Richtung gefördert werden soll.

2015 wurde von Österreichs Familien eine Vielzahl an steuerlichen Familienleistungen geltend gemacht, wie eine Anfragebeantwortung (89/AB XXVI.GP) zeigt. Insgesamt holten sich die Familien damit rund 1,96 Milliarden Euro ab.

Den Großteil dieser steuerlichen Familienleistungen macht dabei der Kinderabsetzbetrag mit einem Volumen von 1,418 Milliarden Euro aus. D.h. die anderen Absetz- und Freibeträge machen lediglich 544 Millionen Euro aus – insgesamt teilen sich die Volumina der verschiedenen steuerlichen Familienleistungen wie folgt auf:

 

Alleinverdienerabsetzbetrag

173.910.000 Euro

Alleinerzieherabsetzbetrag

95.269.000 Euro

Kinderfreibetrag

98.655.000 Euro

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG




Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie und Jugend und der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die die Zusammenführung verschiedener steuerlicher Familienleistungen vorsieht. Die damit neu geschaffene Familienleistung soll sich ausschließlich auf einen Ausbau und eine Vereinfachung der Absetzbarkeit von Kinderbetreuungs- und bildungskosten konzentrieren. Insbesondere soll dadurch der Kreis der anspruchsberechtigten Familien, der geförderten Kinder und der förderbaren Bildungsförderungs und Betreuungsmaßnahmen erweitert werden." 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Familie und Jugend vorgeschlagen.