141/A(E) XXVI. GP
Eingebracht am 28.02.2018
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Industrie
als Teil der Lösung bei Stromnetzstabilität
Die Kosten für die Energie sind innerhalb der EU weitgehend angeglichen. Unterschiede im Preis ergeben sich vor allem durch Steuern, Abgaben, Umlagen und Netzkosten als „fixe Stromkostenanteile“, welche europaweit sehr unterschiedlich geregelt sind.
Während die Energie- und Netzkosten von 2007 bis 2016 inflationsbereinigt weitgehend gleich blieben, sind Steuern und Abgaben auf Strom um 65% gestiegen. Was jedoch in dieser oft zitierten Statistik nicht auffällt, ist die Tatsache, dass Netze an ihre Grenzen stoßen und dadurch immer mehr Zusatzkosten entstehen. Die Systemnutzungsentgelte bezeichnen und beinhalten die Preise, die die einzelnen Netzbetreiber für ihre Dienstleistungen in Rechnung stellen dürfen. Die Systemnutzungsentgelte bestehen aus folgenden Teilen:
· Netznutzungsentgelt
· Netzverlustentgelt
· Entgelt für Messleistungen
· Netzbereitstellungsentgelt
· Systemdienstleistungsentgelt
· Netzzutrittsentgelt
· Entgelt für sonstige Leistungen
Die Systemnutzungsentgelte, die in einer Verordnung geregelt werden (zuletzt SNE-V 2018), wurden in den letzten Jahren deutlich erhöht. Der Grund dafür: Die Kosten, um das Netz weiter in Balance zu halten und Blackouts zu vermeiden, steigen enorm. Das liegt vor allem an dem - auch gewollten - raschen Ausbau von Wind- und Solaranlagen, welcher die Stromproduktion im In- und Ausland extrem schwanken lässt.
Auch aus den Daten des Jahres 2017 lässt sich
ablesen, was zukünftig auf uns zukommt. Während der Jänner
trocken und kalt war, war der Juni trocken, heiß und windstill. Mit der
Folge, dass weder die Wasser-, Wind- noch Solarkraftwerke genug Strom erzeugt
haben, um den heimischen Bedarf zu decken. Aber die Unterversorgung ist nicht
das einzige Problem, im Grunde verursacht ein Überschuss an Strom das
gleiche Problem. Aktuell ist trotz hoher Stromproduktion in Europa die Gefahr
eines Blackouts so groß wie nie.
Scheint in Deutschland die Sonne und bläst dazu auch noch starker Wind, wird damit so viel Ökostrom erzeugt, dass die Kilowattstunden oft schon verschenkt werden müssen, nur damit sie aus dem Netz verschwinden - das Phänomen des negativen Strompreises. Die Netze in Polen und Tschechien wurden genau aus diesen Gründen bereits abgeschottet - eine Überlastung ihrer Stromnetze sollte verhindert werden. In Österreich können Stromhändler zwar diesen Billigstrom kaufen, haben aber Schwierigkeiten beim Import, weil die Netzstabilität dadurch in Gefahr gebracht werden würde. An 301 Tagen des Jahres 2017 ging es sogar so weit, dass die Austrian Power Grid (APG) einspringen musste, indem sie die Importlücke ausglich und kurzfristig große Strommengen von Österreichs Pumpspeicher-, Gas- und Kohlekraftwerken bereitstellte. Die Kosten für diese Redispatch-Maßnahmen (auch Engpassmanagement) beliefen sich 2017 auf 324 Mio Euro - wobei der Anteil Österreichs etwa 100 Mio Euro ausgemacht hat.
Die Engpassmanagementkosten enthalten die Kosten aller zur Erhaltung der Netzstabilität durchgeführten Engpassmanagement-Maßnahmen. Sie werden monatlich für den vorherigen Monat veröffentlicht. Im Jahr 2017 schwankten die Engpassmanagementkosten zwischen EUR 1,9 Mio. im März und fast EUR 20 Mio. im Juni. Während der Gesamtbetrag (bzw. Österreichs Anteil) im Jahr 2016 "nur" knapp EUR 29 Mio. ausmachte. Es ist also naheliegend, dass die Systemnutzungsentgelte grundsätzlich erhöht werden, da die Mehrkosten des Regelzonenführers APG für das Engpassmanagement enorm gestiegen sind. Die genaue Höhe der Kosten ist immer erst im Folgejahr evaluierbar.
Während also die
Stärken der erneuerbaren Energien vor allem in der Vermeidung von
CO2-Emissionen liegen und diese daher auch im Hinblick auf die COP21-Ziele
notwendig sind, entstehen gerade für die Netzbetreiber immer
größere Kosten. Diese externen Kosten, welche erst durch das
Ausbleiben eines Ausbaus der Netzinfrastruktur entstanden sind, können
nicht nur auf die Industrie überwälzt werden.
Gleichzeitig ist um das
Engpassmanagement ein riesiger Markt entstanden, genauer ein etwa 350 Millionen
großer Markt. Denn für die Leistungen, die mit dem Engpassmanagement
im Zusammenhang stehen und damit Netzstabilität bringen, werden
Energieunternehmen bezahlt. Anders wären viele große Kraftwerke wohl
auch nicht mehr rentabel. Einen wesentlichen Stabilitätsbeitrag
könnte aber auch die österreichische Industrie liefern, welche durch
die höheren Systemnutzungsentgelte besonders belastet wird. Besonders augenscheinlich
wird dies bei Branchen, die auf kaskadische Nutzung von Rohstoffen setzen und
als Letztprodukt auch Ökostrom erzeugen. Die Industrie wäre also Teil
der Lösung, ganz im Sinne der Effizienz des Ressourceneinsatzes.
Zusätzlich räumen andere europäische Länder Möglichkeiten der Refundierung der Systemnutzungsentgelte ein, wenn die entsprechenden Betriebe ein besonders "netzdienliches Verhalten" an den Tag legen - so zum Beispiel in Deutschland. Eine entsprechende Teilrefundierung würde auch netzdienlicheres Verhalten hervorrufen.
Insgesamt können hier
wenige gezielte gesetzliche Maßnahmen, sowohl positiv auf
Österreichs Netzstabilität wirken, als auch momentan bestehende
Wettbewerbsnachteile der österreichischen Industrie gegenüber
Nachbarländern beseitigen. Eine win-win-Situation.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden
Der Nationalrat wolle
beschließen:
" Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus, wird aufgefordert, dem Nationalrat ein Gesetz zuzuleiten, welches die Struktur des Engpassmanagementmarktes, sowie Systemnutzungsentgelte wie folgt anpasst:
· Industrieunternehmen, die durch ihre Kraftwerksleistungen einen Beitrag zur Netzstabilität im Sinne des Engpassmanagements bzw. des Redispatch-Marktes leisten können, sollen einen durch marktkonforme Ausschreibung ermöglichten Zugang zu diesem Markt erhalten;
·
Unternehmen, welche besonders
netzdienliches Verhalten aufweisen, sollen, analog zur Gesetzgebung in
Deutschland, eine Netzkostensenkung erhalten."
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie vorgeschlagen.