153/A(E) XXVI. GP

Eingebracht am 01.03.2018
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Evaluierung der bestehenden Überwachungsmaßnahmen (Überwachungsgesamtrechnung)

Schon in der vergangenen Legislaturperiode wurde die sicherheitspolitische Debatte von einigen politischen Vertreter_innen zu einer Debatte über Überwachung und Freiheitseinschränkungen zugespitzt. Die Einführung und baldige verfassungsgerichtliche Kassation der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung, das Polizeiliche Staatsschutzgesetz und die damit einhergehende massive Aufwertung der Inlandsgeheimdienste sowie die Debatte um staatliche Spionagesoftware und die damit verbundenen enormen Risiken für die Cybersicherheit der Bevölkerung zeigen klar, dass maßgeblichen Akteur_innen die Sensibilität für Grund- und Freiheitsrechte der Österreicher_innen fehlt. Es zeigt sich weiters, dass ein Missverständnis vorliegt, ein Mehr an Überwachungsmaßnahmen und Freiheitseinschränkungen würde zu einem Mehr an objektiver Sicherheit führen.
Mit der nun durch die Bundesregierung als Regierungsvorlage und damit ohne Begutachtungsverfahren eingebrachten Wiederauflage des Überwachungspakets setzt sich diese Debatte fort.

Neben dem Recht auf Datenschutz und dem Recht auf Privatsphäre zeitigen Überwachungsmaßnahmen nachgewiesenermaßen einschränkende Effekte auf das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung, weil sie im weitesten Sinne zu Selbstzensur führen.

Bei all diesen Maßnahmen ist stets vorab zu prüfen, ob sie zur Problemlösung überhaupt notwendig sind, oder die konsequente Anwendung der bestehenden Gesetze nicht ausreicht. Nicht alles, was technisch möglich ist, ist sinnvoll und verhältnismäßig, zwingend notwendig oder mit dem Grundsatz des liberalen Rechtsstaats und der freien, offenen Gesellschaft vereinbar.
Jedem systematischen Einschnitt in bestehende Freiheiten muss, wie überhaupt jeder schwerwiegenderen Änderung, eine sorgfältige, wissenschaftlich fundierte Analyse und Evaluierung des Ist-Zustandes vorhergehen. Niemand in Österreich weiß genau, wie weit- und tiefgehend staatliche Überwachungsmaßnahmen, einschließlich all ihrer Auswirkungen, tatsächlich sind.

Zu einer solchen systematischen Gesamtschau ist es aber bis heute nicht gekommen. Stattdessen verschärfen sich Rhetorik und Forderungen der Vertreter_innen zunehmender Überwachung zugunsten symbolischer Maßnahmen mit gewaltigem Missbrauchspotential und unabschätzbarem Risiko für die Cybersicherheit der Bürger_innen unseres Landes.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG


Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat binnen eines Jahres eine systematische und wissenschaftlichen Standards genügende Analyse und Evaluierung sämtlicher Ermittlungsmethoden und -Befugnisse vorzulegen, durch die Menschen überwacht werden. Dies hat insbesondere das Spannugnsverhältnis dieser Überwachungsmaßnahmen zu Grund- und Freiheitsrechten, die Effizienz und Effektivität der Maßnahmen sowie deren Praxis, die direkten und indirekten Auswirkungen dieser Maßnahmen sowohl auf die Kriminalität als auch auf die Gesamtgesellschaft, die Notwendigkeit einer Ausweitung der bestehenden Möglichkeiten und die potentiellen Auswirkungen einer solchen Ausweitung zu beinhalten.

Bis zum Vorliegen dieser Evaluierung sollen keine weiteren Überwachungsmaßnahmen beschlossen werden.


Im Anschluss daran erfolgt eine intensive Überprüfung der Ergebnisse und müssen Maßnahmen, die im Lichte der Evaluierungsergebnisse nicht notwendig oder nicht verhältnismäßig sind, aufgehoben werden. Ebenso müssen alle zukünftigen Ge-setze, die die Überwachung von Bürger_innen ermöglichen, jährlich auf ihre Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit überprüft und im Zweifel aufgehoben werden."


In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Menschenrechte vorgeschlagen.