164/A(E) XXVI. GP

Eingebracht am 01.03.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

EntschlieSSungsantrag

 

 

der Abgeordneten Muchitsch, Stöger, Katzian, Keck, Knes, Ing. Vogl, Ulrike Königsberger-Ludwig, Gabriele Heinisch-Hosek

Kolleginnen und Kollegen

 

betreffend Angriff auf die Sicherheit und Gesundheit der arbeitenden Menschen

 

 

Der Angriff auf die Rechte im ArbeitnehmerInnenschutz würde bei Umsetzung der im Regierungsprogramm genannten Vorhaben unter dem Vorwand von zu viel Bürokratie die Arbeitsbedingungen verschlechtern. Die Gesundheit der arbeitenden Menschen hat für die Regierung keinen Wert. Die verheerenden Folgen sind absehbar: Mehr menschliches Leid, mehr arbeitsbedingte Erkrankungen und mehr Arbeitsunfälle.

 

Die Bundesregierung will die Regulierungslast für Unternehmer abbauen, erkennt aber nicht den Sinn und Zweck von Schutzvorschriften, die die Sicherheit und Gesundheit der arbeitenden Menschen gewährleisten. Anstatt den staatlichen Aufgaben nachzukommen und Schwächere mehr zu unterstützen und zu helfen, steuert die Regierung in die gesundheitspolitische Katastrophe. Alles nur zu dem Zweck höhere Profite auf Kosten der Gesundheit der vielen arbeitenden Menschen zu machen.

 

Was steht im Regierungsprogramm zum ArbeitnehmerInnenschutz:

 

•        Finanzieller Aderlass der AUVA – Prävention stünde vor dem Aus:

o       Durch die unüberlegt angekündigte Senkung des Unfallversicherungsbeitrags von 1,3% auf 0,8% steht das Haftungsprivileg für Arbeitgeber auf dem Spiel (Die Unfallversicherung löst die Haftpflicht des einzelnen Unternehmers ab und begründet eine auf öffentlich-rechtlicher Basis beruhende Gesamthaftung aller Unternehmen; § 333 ASVG).

o       Die AUVA hatte 2015 rund 1,4 Milliarden Euro an Aufwendungen. Diese um 500 Millionen pro Jahr zu senken, wird ohne massive Leistungskürzungen schlichtweg unmöglich sein.

o       Die Bundesregierung droht zugleich der AUVA mit ihrer Auflösung, falls sie das „Einsparungsziel“ bis Ende 2018 nicht erreicht. Rote Zahlen sind vorprogrammiert.

o       Die Prävention stünde vor ihrem Aus. Das Haftungsprivileg würde ausgehöhlt.

 

•        „Beraten STATT Strafen“ bricht mit ILO-Übereinkommen und EU-Rahmenrichtlinie:

o       Die Arbeitsinspektion würde ihrer Kontrollfunktion und ihrem Überwachungsauftrag beraubt.

o       Zur Beratung stehen Sicherheitsfachkräfte, ArbeitsmedizinerInnen, Arbeits- und OrganisationspsychologInnen und die AUVA bereit.

o       Die Arbeitsinspektion berät bevor sie (sehr selten) Strafanträge stellt. Es gilt der Grundsatz: Beraten VOR Strafen.

 

•        Reduktion der Beauftragten:

o       Beauftragte sind Expert/innen, die einen Mehrwert für den Betrieb darstellen und keine bürokratischen Hindernisse.

o       Bei der Abschaffung bestimmter Beauftragter würde Österreich auch gegen EU-Recht und internationale Abkommen verstoßen.

o       Das Konzept, Beauftragte zu bestellen, hat sich viele Jahrzehnte bewährt. Eine bessere Alternative dazu ist nicht in Sicht.

 

•        Kein Stand der Technik mehr - Steinzeitmaschinen treffen dann auf Steinzeitgrenzwerte:

o       Die Bundesregierung will die technischen Anforderungen verringern, so dass künftig ein „Stand der Praxis“ genügt.

o       Der „Stand der Praxis“ hätte schwerwiegende negative Auswirkungen. Unsichere und veraltete Arbeitsmittel (Maschinen und Anlagen) dürfen dann weiter betrieben werden. Die Arbeitsplatzevaluierung wäre überflüssig, weil keine Maßnahmen mehr gesetzt oder erzwungen werden könnten. Beispielsweise müssten Emissionen trotz technischer Machbarkeit nicht reduziert werden. Steinzeitmaschinen treffen auf Steinzeitgrenzwerte.

 

 

 

•        Rücknahme von Gold-Plating:

o       In diesem Zusammenhang gibt es eine Vielzahl konkreter Bestimmungen im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) und seinen Durchführungsverordnungen, welche „besser sind“ als die EU-Mindestvorschriften in ihren Richtlinien (nur ein Beispiel: Schutz bei Arbeiten im Freien vor natürlicher UV-Strahlung = die Sonne).

o       Die Rücknahme besserer Regelungen hat jedoch ihre Grenzen: Die EU-Rahmenrichtlinie bestimmt, dass aus Anlass der innerstaatlichen Umsetzung keine national besseren Regelungen eingeschränkt werden dürfen (vgl. RL 89/391/EWG).

 

•        Abbau der Meldeverpflichtung für Sicherheitsvertrauenspersonen (SVP):

o       SVP vertreten die Interessen der ArbeitnehmerInnen im ArbeitnehmerInnenschutz.

o       Kommt es zum Abbau der SVP-Meldeverpflichtung beraubt man die Arbeiterkammern um den Zugang zu Informationen um SVP zielgerichtet und effizient betreuen zu können.

 

•        Abschaffung des Arbeitsschutzausschusses (ASA):

o       Der ASA ist das einzige betriebliche Forum, welches die AkteurInnen des betrieblichen ArbeitnehmerInnenschutzes gezielt versammelt.

o       Der strukturierte Rahmen ermöglicht die Diskussion von aktuellen und zukünftig anstehenden Themen, gewährleistet gemeinsame Lösungen von betrieblichen Fragestellungen sowie die zeit- und praxisnahe Umsetzung von Schutzmaßnahmen.

o       Nicht zuletzt stellt er durch „kurze Wege“ den notwendigen Informationsfluss von oben nach unten und umgekehrt sicher.

 

•        12-Stunden-Arbeitstage machen krank:

o       Aus arbeitsmedizinischer und arbeitswissenschaftlicher Sicht sind Arbeitszeiten von 12 Stunden täglich und 60 Stunden wöchentlich abzulehnen. Durch die lange Arbeitsdauer entstehen körperliche und psychische Belastungen, welche die Gesundheit der Arbeitnehmer/innen enorm gefährden.

o       Längere Arbeitszeiten machen krank, führen zu einem progressiven Anstieg der Ermüdung, zu geringerer Leistung pro Zeiteinheit, zu einem höheren Arbeitsunfallrisiko, zu einem Anstieg des Krankenstandes und zu gesundheitlichen Problemen in Bezug auf die Aufnahme und den Abbau von gesundheitsschädigenden Arbeitsstoffen im Körper.

 

 

•        Österreich wieder Schlusslicht beim NichtraucherInnenschutz:

o       Das Kippen des generellen Rauchverbotes in der Gastronomie ist gesundheitspolitisch unverantwortlich, da viele Menschen durch Tabakrauch sterben (in Österreich ca. 14.000 pro Jahr). Das zeugt von Verantwortungslosigkeit gegenüber der zu schützenden Bevölkerung und macht Österreich wieder zum Schlusslicht in der EU beim NichtraucherInnenschutz.

o       Für die Beschäftigten in der Gastronomie ist besonders relevant, dass PassivraucherInnen einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind. Eine rauchfreie Gastronomie ist essenziell für den Schutz der Gesundheit von tausendenden Beschäftigten in Österreich und einer noch viel größeren Anzahl von KundenInnen. PassivraucherInnen sind langfristig mit den gleichen Risiken konfrontiert, wie RaucherInnen selbst – sie haben die gleichen krebserregenden Substanzen im Körper. Von den 6 Millionen Menschen, die jährlich an den Folgen des Rauchens sterben, sind jährlich 600.000 PassivraucherInnen. Sie trifft das Ende des Rauchverbots in der Gastronomie ganz besonders.

o       Die Konsequenz der Verbannung von Jugendlichen bis 18 aus Raucherlokalen wäre, dass zahlreiche Gastronomiebetriebe keine jugendlichen Lehrlinge mehr ausbilden dürfen („Lehrlingsverbot“ für Raucherlokale).

o       Das generelle Rauchverbot in der Gastronomie zählt in Europa mittlerweile zum Standard, dem Österreich noch immer hinterherhinkt. Mit einer Aufhebung der 2015 beschlossenen Novelle des Tabakgesetzes geht Österreich weiterhin als „Europas Aschenbecher“ einen isolierten Weg. Es ist völlig unverständlich, die endlich begonnene Trendwende jetzt plötzlich wieder umzukehren und nachhaltig vernichten zu wollen.

 

Statt dieses Angriffs auf die Sicherheit und Gesundheit der Menschen, sollte es mehr Personal für die Arbeitsinspektion geben. Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO – International Labour Organization) legt im Übereinkommen Nr. 81, Artikel 10, als Richtwert für industrielle Marktwirtschaften eine/n Aufsichtsbeamt/in pro 10.000 Beschäftigte fest. Schon 2015 waren rund 3,2 Millionen ArbeitnehmerInnen von der Arbeitsinspektion erfasst. Der ILO-Richtwert wird bundesweit gesehen somit gerade nicht mehr erreicht! In Oberösterreich ist man bereits weit davon entfernt. Entgegen den Plänen der Regierung bedarf es hier dringend einer Erhöhung des Personalstandes in den Arbeitsinspektoraten und im Zentral-Arbeitsinspektorat.

Auch der Rechnungshof fordert in seinem Bericht zum „Arbeitnehmerschutz in Österreich“, dass die Arbeitsinspektion eine Aufstockung des Personals um etwa das 7-fache bräuchte, um ihrem Auftrag adäquat nachgehen zu können. Der Rechnungshof verdeutlichte auch, dass die aktuellen Überprüfungsintervalle zu verkürzen und die Reichweite der Arbeitsinspektion zu erhöhen sind.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

Entschließungsantrag:

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

 

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, keinerlei Maßnahmen zu setzen, die die Sicherheit und Gesundheit der ArbeitnehmerInnen gefährdet und stattdessen mehr Personal für die Arbeitsinspektion zur Verfügung zu stellen.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales