167/A XXVI. GP

Eingebracht am 19.03.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper. Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) geändert wird sowie betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird



Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) geändert wird sowie Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird

Das Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930, zuletzt geändert durch das Bundesverfassungsgesetz BGBl. I Nr. 102/2014, wird wie folgt geändert:

Artikel 52a lautet wie folgt:

" (1) Zur Überprüfung von Maßnahmen zum Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer Handlungsfähigkeit sowie von nachrichtendienstlichen Maßnahmen setzt der Nationalrat einen Ausschuss ein. Diesem muss mindestens ein Mitglied jeder im Hauptausschuss des Nationalrates vertretenen Partei angehören.

 

(2) Die Bundesregierung unterrichtet den Ausschuss umfassend über die allgemeine Tätigkeit der nachrichtendienstlichen Behörden und über Vorgänge von besonderer Bedeutung. Auf Verlangen des Ausschusses oder eines Viertels seiner Mitglieder hat die Bundesregierung auch über sonstige Vorgänge zu berichten.

 

(3) Der Ausschuss oder ein Viertel seiner Mitglieder ist befugt, von den zuständigen Bundesministern alle einschlägigen Auskünfte und Einsicht in die einschlägigen Unterlagen zu verlangen.

(4) Der Ausschuss kann auch außerhalb der Tagungen des Nationalrates zusammentreten, wenn sich die Notwendigkeit hiezu ergibt.

(5) Nähere Bestimmungen trifft das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates."

Das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975), BGBl. Nr. 410/1975, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 62/2015, wird wie folgt geändert:



§§ 32b bis 32d lauten wie folgt:

"§ 32b. (1) Zur Überprüfung von Maßnahmen zum Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer Handlungsfähigkeit sowie von nachrichtendienstlichen Maßnahmen setzt der Nationalrat einen Ausschuss ein. Diesem muss mindestens ein Mitglied jeder im Hauptausschuss des Nationalrates vertretenen Partei angehören.

(2) Die Mitglieder dieses Ausschusses behalten ihre Funktion so lange, bis ein anderes Mitglied gemäß § 36 Abs. 2 namhaft gemacht wurde.

 

§ 32c. (1) Jedes Mitglied des Ausschusses im Sinne des § 32b kann vom zuständigen Mitglied der Bundesregierung im Zuge einer Sitzung des Ausschusses einschlägige Auskünfte verlangen. Das Verlangen auf Einsicht in Unterlagen bedarf eines Beschlusses des Ausschusses oder eines Verlangens eines Viertels seiner Mitglieder.

(2) Der Ausschuss ist befugt, wenn er dies beschließt oder ein Viertel seiner Mitglieder es verlangt, in den Amtsräumen der nachrichtendienstlichen Behörden jederzeit Augenscheine vorzunehmen.

 

§ 32d. (1) Für den Ausschuss gemäß § 32b gelten die Bestimmungen über Organisation und Verfahren der Ausschüsse, sofern in den folgenden Absätzen nicht anderes normiert wird.

(2) Der Ausschuss ist vom Vorsitzenden mindestens einmal im Vierteljahr einzuberufen. Darüber hinaus ist eine Sitzung des Ausschusses vom Vorsitzenden so einzuberufen, dass dieser binnen zwei Wochen zusammentreten kann, wenn dies von einem Viertel seiner Mitglieder oder vom zuständigen Mitglied der Bundesregierung verlangt wird.

(3) Beantragt ein Mitglied abweichend von Absatz 2 zur Beratung eines von ihm näher zu bezeichnenden Gegenstandes ein früheres Zusammentreten des Ausschusses, ist er vom Vorsitzenden innerhalb einer Woche einzuberufen.

(4) Der Ausschuss kann auch außerhalb der Tagungen zusammentreten, wenn sich die Notwendigkeit hiezu ergibt.

(5) Die Sitzungen des Ausschusses sind, sofern nicht anderes beschlossen wird, geheim gemäß § 37a Abs. 4. Die Mitglieder des Ausschusses sind vom Präsidenten des Nationalrates auf Wahrung der Vertraulichkeit zu vereidigen.

(6) Über die Teilnahme von Personen, die nicht dem Ausschuss als Mitglieder angehören oder deren Teilnahme sich nicht aus Art. 75 B-VG ergibt, entscheidet für jede Sitzung der Ausschuss durch Beschluss. Über das Ausmaß der Protokollierung einer Ausschusssitzung entscheidet der Obmann. Das Protokoll ist vom Obmann und einem Schriftführer zu unterfertigen. Der Präsident des Nationalrates hat für eine sichere Verwahrung der Protokolle zu sorgen."

 

§ 37 Abs 4 zweiter Satz lautet: "Die Sitzungen des Ständigen Ausschusses gemäß § 32b sind geheim, sofern nicht anderes beschlossen wird."

Begründung

Parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste

Die jüngst ans Licht gekommenen Vorgänge rund um Ermittlungen der WKStA gegen (ehemalige) BVT-BeamtInnen sowie die Machenschaften hochrangiger Vertreter des BMI verdeutlichen einmal mehr die dringende Notwendigkeit der Einführung echter parlamentarischer Kontrolle der Geheimdienste. In hochgradig beunruhigendem Maße besteht in der "Causa BVT" der Verdacht parteipolitischer Machenschaften unter Ausnützung von Justiz und Polizei. Der Verdacht der Einflussnahme durch Vertrauensleute der FPÖ im BMI auf Ermittlungen der WKStA konnte bislang ebensowenig entkräftet werden wie die Fragen bezüglich der Weite der Beschlagnahmung von Extremismus-Daten im BVT und viele weitere Facetten der Affäre. Um derartige Vorfälle frühzeitig aufzuklären oder ihnen gar vorzubeugen beziehungsweise den Nationalrat so unmittelbar wie möglich in die aktuelle Situation der Nachrichtendienste einzubinden, ist das derzeitige Kontrollregime vollkommen unzureichend.

Selbiges zeigt die "Spionage-Affäre" betreffend Abhöranlagen im Büro des Kanzleramtsministers (bis 2017) bzw. Vizekanzlers (seit 2018): Sowohl BVT als auch LVT und Heeresabwehramt wurden aktiv, die Aufarbeitung der Causa erfolgt in zwei voneinander getrennten Unterausschüssen, anstatt effizient und mir größtmöglichem Erkenntnisgewinn für die ParlamentarierInnen in einem Gremium stattzufinden.

Zudem sieht das polizeiliche Staatsschutzgesetz (PStSG) weitreichende Befugnisse für die Sicherheitsbehörden vor, die einen Eingriff in die Grund- und Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger darstellen. Wesentlich für die Kontrolle dieser nachrichtendienstlichen Aktivitäten ist neben dem Rechtsschutz die parlamentarische Kontrolle. Die derzeitige Konstruktion, die je einen Unterausschuss des Innen- und Landesverteidigungsausschusses vorsieht, lässt eine umfassende parlamentarische Kontrolle der Tätigkeiten des BVT sowie des Heeresnachrichtenamtes und des Abwehramtes des Bundesheeres in der derzeitigen Ausrichtung nicht zu.

Mit dem Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr) des deutschen Bundestages steht ein praktikables und erprobtes Modell der parlamentarischen Kontrolle zur Verfügung. Die Bundesregierung in Deutschland ist nach dem Kontrollgremiumgesetz dazu verpflichtet, das PKGr umfassend über die allgemeinen Tätigkeiten der Nachrichtendienste und über Vorgänge von besonderer Bedeutung zu unterrichten. Das Gremium ist für alle drei Dienste - zivil und militärisch - verantwortlich. Unabhängig davon, dass strukturelle Unterschiede zu Österreich berücksichtigt werden müssen, sind die Befugnisse als Diskussionsgrundlage richtungsweisend.

Durch die Stärkung der parlamentarischen Kontrolle wird die nachrichtendienstliche Tätigkeit der zuständigen Behörden legitimiert und gleichermaßen der Schutz der Grund- und Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger gewährleistet.

 

In formeller Hinsicht wird vorgeschlagen, diesen Antrag dem Geschäftsordnungsausschuss zuzuweisen.