Bundesgesetz, mit dem das Einkommenstransparenzgesetz geschaffen wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

„Einkommenstransparenzgesetz“

Inhaltsverzeichnis

                 § 1    Geltungsbereich

                 § 2    Angabe des Mindestentgelts in Stellenausschreibungen

                 § 3    Mitarbeiter/innen/verzeichnis

                 § 4    Einkommensbericht

                 § 5    Beratung mit dem Betriebsrat

                 § 6    Rechtsfolgen von Verstößen gegen dieses Bundesgesetz

                 § 7    Inkrafttreten

                 § 8    Vollziehung

Geltungsbereich

§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz gilt für

           1. Arbeitsverhältnisse, die auf einem privatrechtlichen Vertrag beruhen;

           2. Beschäftigungsverhältnisse, auf die das Heimarbeitsgesetz 1960, BGBl. Nr. 105/1961 anzuwenden ist;

           3. für Beschäftigungsverhältnisse von Personen, die, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, im Auftrag und für Rechnung bestimmter Personen Arbeit leisten und wegen wirtschaftlicher Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnlich anzusehen sind.

Für den Anwendungsbereich dieses Gesetzes gelten die Beschäftigungsverhältnisse nach Z 1 und 2 als Arbeitsverhältnisse.

(2) Ausgenommen sind Arbeitsverhältnisse

           1. der land- und forstwirtschaftlichen Arbeiter/innen im Sinne des Landarbeitsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 287;

           2. zu einem Land, einem Gemeindeverband oder einer Gemeinde;

           3. zum Bund.

Angabe des Mindestentgelts in Stellenausschreibungen

§ 2. Der/Die Arbeitgeber/in oder private Arbeitsvermittler/in gemäß den §§ 2 ff des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 31/1969 oder eine mit der Arbeitsvermittlung betraute juristische Person öffentlichen Rechts ist verpflichtet, in der Ausschreibung die anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung und die für den ausgeschriebenen Arbeitsplatz maßgebliche Einstufung, sowie das geltende kollektivvertragliche oder das durch Gesetz oder andere Normen der kollektiven Rechtsgestaltung geltende Mindestentgelt anzugeben und auf die Bereitschaft zur Überzahlung hinzuweisen, wenn eine solche besteht. Dies gilt sinngemäß für Arbeitsverträge in Wirtschaftsbereichen, in denen es kein kollektivvertraglich oder durch Gesetz oder andere Normen der kollektiven Rechtsgestaltung geregeltes Mindestentgelt gibt, ausgenommen Arbeitnehmer/innen gemäß § 10 Abs. 2 Z 2 Arbeiterkammergesetz 1992, BGBl. Nr. 926/1991. In der Stellenausschreibung ist jenes Entgelt anzugeben, das als Mindestgrundlage für die Arbeitsvertragsverhandlungen zur Vereinbarung des Entgelts dienen soll.

Mitarbeiter/innen/verzeichnis

§ 3. (1) Der/Die Arbeitgeber/in hat ein Mitarbeiter/innen/verzeichnis über sämtliche Arbeitnehmer/innen in einem aufrechten Arbeitsverhältnis mit Ausnahme von Arbeitnehmer/innen nach § 10 Abs. 2 Z 2 AKG zu führen. Das Verzeichnis ist jährlich oder bei unterjährigen Änderungen jeweils zum Letzten eines Quartals anzupassen.

(2) Das Verzeichnis hat folgende Angaben der Arbeitnehmer/innen zu enthalten:

           1. Name und Geburtsdatum,

           2. Geschlecht,

           3. Ausbildung und sonstige Qualifikationen,

           4. Verwendung und berufliche Stellung,

           5. Beginn und Art des Arbeitsverhältnisses,

           6. Ausmaß der wöchentlichen Normalarbeitszeit,

           7. Zeiten einer Karenz sowie einer Herabsetzung der Normalarbeitszeit,

           8. allfällige Einstufung in ein generelles Schema,

           9. Höhe des monatlichen Bruttogrundentgelts, der Sonderzahlungen, allfälliger Zulagen, Überzahlungen und Sachbezüge,

         10. Datum und Höhe sonstiger Zahlungen, wie insbesondere Boni oder Belohnungen.

Das Mitarbeiter/innen/verzeichnis in der jeweils geltenden Fassung ist allen Arbeitnehmer/inne/n in geeigneter Form zugänglich zu machen. Auf das jeweils geltende Verzeichnis ist in einer Betriebskundmachung unverzüglich hinzuweisen.

(3)  Über den Inhalt des Mitarbeiter/innen/verzeichnisses ist der/die Arbeitnehmer/in zur Verschwiegenheit verpflichtet. Dem stehen die Einholung von Rechtsauskünften oder Rechtsberatung durch Interessenvertretungen und sonstige Personen oder Einrichtungen, die ihrerseits einer Verschwiegenheitspflicht unterliegen, sowie die Einleitung eines Verfahrens zur Durchsetzung von Ansprüchen oder eines Verfahrens vor der Gleichbehandlungskommission nicht entgegen.

(4)  Die Organe der Arbeitnehmer/innen/schaft haben oder – soweit diese nicht bestehen – der/die Arbeitnehmer/in hat Anspruch auf Erstellung und Zugang zum Mitarbeiter/innen/verzeichnis. Der Anspruch ist gerichtlich geltend zu machen. Es gilt die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 1486 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches, wobei die Frist mit dem Ablauf des ersten Quartals des auf das Berichtsjahr folgenden Kalenderjahres zu laufen beginnt.

(5)  Arbeitnehmer/innen, die die Erstellung oder den Zugang zum Mitarbeiter/innen/verzeichnis fordern, dürfen deshalb nicht benachteiligt werden, insbesondere beim Entgelt, beim beruflichen Aufstieg, bei Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung, bei der Versetzung oder bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Einkommensbericht

§ 4. (l)Jede/r Arbeitgeber/in der/die dauernd mehr als 150 Arbeitnehmern/Arbeitnehmerinnen beschäftigt, ist verpflichtet, alle zwei Jahre einen Bericht zur Entgeltanalyse zu erstellen und im Betrieb in geeigneter Form allen Arbeitnehmer/inne/n zugänglichen zu machen sowie darauf in einer Betriebskundmachung hinzuweisen.

(2) Dieser Bericht hat Angaben über

           1. die Anzahl der Frauen und die Anzahl der Männer in den jeweiligen kollektivvertraglichen oder – wenn verfügbar - betrieblichen Verwendungsgruppen;

           2. die Anzahl der Frauen und die Anzahl der Männer in den – wenn verfügbar – einzelnen Verwendungsgruppenjahren der anzuwendenden Verwendungsgruppen;

           3. das Durchschnitts- und Medianarbeitsentgelt von Frauen und von Männern im Kalenderjahr in den jeweiligen kollektivvertraglichen oder – wenn verfügbar – betrieblichen Verwendungsgruppen und - wenn verfügbar - Verwendungsgruppenjahren;

           4. die Anzahl der teilzeitbeschäftigten Frauen und die Anzahl der teilzeitbeschäftigten Männer;

           5. die durchschnittliche Anzahl an Mehr- und Überstunden, die von Frauen und Männern geleistet wurden;

           6. Maßnahmen zur Verbesserung der Einkommens- und Chancengleichheit im Unternehmen und Fort- bzw. Rückschritte

zu enthalten. Das Arbeitsentgelt von Teilzeitbeschäftigten ist auf Vollzeitbeschäftigung und das von unterjährig Beschäftigten auf Jahresbeschäftigung hochzurechnen. Gibt es kein anzuwendendes kollektivvertragliches oder betriebliches Verwendungsgruppenschema, so sind anstelle von Verwendungsgruppen Funktionsgruppen entsprechend der betrieblichen Tätigkeitsstruktur zu bilden.

(3) § 3 Abs. 3 bis 5 gelten sinngemäß.

Beratung mit dem Betriebsrat

§ 5. Das Mitarbeiter/innen/verzeichnis und der Einkommensbericht sind in die Beratungen zwischen Arbeitgeber/in und Betriebsrat gemäß § 92 Abs. 1 Arbeitsverfassungsgesetz, BGBl. 1974/22 einzubeziehen.

Rechtsfolgen von Verstößen gegen dieses Bundesgesetz

§ 6. (1) Wer als Arbeitsvermittler/in oder als Arbeitgeber/in entgegen den Bestimmungen des § 2 in die Stellenausschreibung die in § 2 angeführten Angaben nicht aufnimmt, ist auf Antrag eines/einer Stellenwerbers/Stellenwerberin, des/der Anwalts/Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt oder des/der Regionalanwalts/Regionalanwältin, des Klagsverbandes, der zuständigen gesetzlichen Interessenvertretung der Arbeitnehmer/innen oder der zuständigen freiwilligen Berufs Vereinigung der Arbeitnehmer/innen von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von 500 Euro bis 1.000 Euro bestrafen.

(2) Ein/e Arbeitgeber/in hat als Teilnehmer/in in einem Vergabeverfahren nach dem Bundesvergabegesetz 2006, BGBl. I Nr. 17/2006 die Einhaltung der Verpflichtung nach § 3 nachzuweisen. Wird dieser Nachweis unterlassen, gilt § 68 BVergG 2006 sinngemäß.

(3) Wer als Arbeitgeber/in gegen die Verpflichtungen nach § 3 oder § 4 verstößt, ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis 500 Euro zu bestrafen.

Inkrafttreten

§ 7. Dieses Bundesgesetz in der Fassung BGBl I Nr. xxx/2018 tritt mit 1. September 2018 in Kraft.

Vollziehung

§ 8. Mit der Vollziehung des § 6 Abs. 2 ist der Bundeskanzler, im Übrigen der/die Bundesminister/in für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betraut.“