251/A(E) XXVI. GP

Eingebracht am 16.05.2018
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried,

Genossinnen und Genossen

betreffend Rechtsstaatlichkeit in Europa

 

Die Rechtsstaatlichkeit gehört zu den gemeinsamen Werten, auf die sich die Europäische Union gründet. Sie ist in Artikel 2 EUV verankert.

 

Aktuell werden wir Zeugen wie in einigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union die europäischen Grundwerte ausgehöhlt werden. In Polen zum Beispiel drohen durch die umfangreichen Reformen im Justizsystem die Zerstörung der Rechtstaatlichkeit und die schleichende Umwandlung in ein autokratisches System. Aus Gründen einer eindeutigen Gefahr von schwerwiegenden Verletzungen der Rechtsstaatlichkeit hat die Europäische Kommission am 20.12.2017 erstmals seit ihrem Bestehen ein Verfahren nach Art. 7(1) EUV aktiviert.

 

Auch ein Blick in unser Nachbarland Ungarn macht unmissverständlich deutlich, dass die Europäische Union dringend eine Vorgehensweise finden muss, um ihre Grundwerte zu schützen und deren Nicht-Einhaltung zeitnah sanktionieren. Denn auch die ungarische Regierung missachtet die Grundwerte der Europäischen Union: Seit 2010 ist ein kontinuierlicher Abbau der Rechtsstaatlichkeit zu beobachten. Auch nach den ungarischen Wahlen ist keine Besserung zu erwarten - im Gegenteil. Unmittelbar nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses hat Viktor Orbán angekündigt, seine Politik gegen NGOs und regierungskritische Medien weiter zu verschärfen. NGOs und kritischen Medien können in Ungarn nur unter erschwerten Bedingungen arbeiten. Der Abbau der Demokratie in Ungarn gefährdet Schluss endlich die gesamte Europäische Union mitsamt ihren Grundwerten.

 

Gibt es zwar bei Eintritt in die Union mit den Kopenhagen-Kriterien klare Bedingungen, fehlt es jedoch bei aufrechter Mitgliedschaft  an adäquaten Mitteln, um Verletzungen zu ahnden, wenn es um Demokratie, Rechtsstaat und Grundrechte geht. Die momentan bestehenden Instrumente innerhalb der Europäischen Union sind zu wenig zielgerichtet, um bedrohliche Entwicklungen schon in einem frühen Stadium zu beeinflussen. Wenn sie schließlich auf EU-Ebene landen, dann wird Kritik von den betroffenen Mitgliedstaaten oft als Bedrohung von außen stilisiert und eine Problemlösung dadurch erschwert.

 

Den EU-Institutionen ist das Problem wohl bekannt: schon im Jahr 2016 hat der Innenausschuss des Europäischen Parlaments einen Initiativbericht beschlossen, der eine Verzahnung von bereits vorhandener Instrumente vorsieht und in einem frühen Stadium ansetzt, Vergleichsmöglichkeiten eröffnet und einen Schritt in Richtung bessere Handlungsfähigkeit macht.

 

Auch im Vorfeld der aktuellen Debatten rund um den Mehrjährigen Finanzrahmen war das Thema aktueller denn je. Sowohl die EU-Justizkommissarin Jourova als auch der für das Budget zuständige EU-Kommissar Öttinger forderten, die Vergabe von EU-Zuschüssen an die Einhaltung von Rechtsstaatsprinzipien zu knüpfen, seien diese doch unabdingbare Voraussetzung für das Funktionieren des Fördergeldsystems.

 

Rechtsstaatlichkeit ist ein wichtiger Grundpfeiler einer funktionierenden Demokratie. Mit dem Artikel-7-Verfahren gibt es bereits ein rechtlich verbindliches Rechtstaatlichkeitsverfahren, welches nicht zuletzt aufgrund des Einstimmigkeit Prinzips einer Reform bedarf.  Um eine bessere und Überprüfung von Verstößen und eine regelmäßige Überprüfung der Rechtsvorschriften in allen Mitgliedstaaten zu ermöglichen muss es zusätzliche Mechanismen geben.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

Entschließungsantrag

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundeskanzler und der Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien werden aufgefordert, sich für ein kontinuierliches Monitoring der Rechtsstaatlichkeit in allen EU-Mitgliedstaaten (inkl. Wahrung der Grundrechte, Meinungs-, Medien- und Versammlungsfreiheit), einen gestärkten Sanktionsmechanismus bei Rückschritten in diesen Bereichen sowie durchgehende finanzielle Sanktionsmöglichkeiten und eine Stärkung des Art. 7 – Verfahrens einzusetzen.“

 

Zuweisungsvorschlag: Außenpolitischer Ausschuss