303/A XXVI. GP

Eingebracht am 14.06.2018
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag

der Abgeordneten Peter Haubner, Ing. Wolfgang Klinger

Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz, das Arbeitsruhegesetz und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz, das Arbeitsruhegesetz und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Arbeitszeitgesetzes

Das Arbeitszeitgesetz, BGBl. Nr. 461/1969, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 127/2017, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 1 Abs. 2 Z 6 wird folgende Z 7 eingefügt:

         „7. nahe Angehörige im Sinne des § 284c des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches, JGS Nr. 1811/946 (ABGB), deren gesamte Arbeitszeit auf Grund der besonderen Merkmale der Tätigkeit

                a) nicht gemessen oder im Voraus festgelegt wird, oder

               b) von diesen Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmern hinsichtlich Lage und Dauer selbst festgelegt werden kann;“

2. § 1 Abs. 2 Z 8 lautet:

         „8. leitende Angestellte oder sonstige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, denen maßgebliche selbständige Entscheidungsbefugnis übertragen ist und deren gesamte Arbeitszeit auf Grund der besonderen Merkmale der Tätigkeit

                a) nicht gemessen oder im Voraus festgelegt wird, oder

               b) von diesen Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmern hinsichtlich Lage und Dauer selbst festgelegt werden kann;“

3. § 4 Abs. 7 lautet:

„(7) Der Kollektivvertrag kann bei einer Arbeitszeitverteilung gemäß Abs. 4 und 6 eine mehrmalige Übertragung von Zeitguthaben und Zeitschulden in die nächsten Durchrechnungszeiträume zulassen.“

4. In § 4b Abs. 4 wird die Zahl „zehn“ durch die Wortfolge „fünfmal pro Woche bis zu zwölf“ und die Wortfolge „nicht überschreiten“ durch „betragen“ ersetzt.

5. § 7 Abs. 1 lautet:

„(1) Bei Vorliegen eines erhöhten Arbeitsbedarfes darf die durchschnittliche Wochenarbeitszeit unbeschadet der Bestimmungen des § 8 über die nach den §§ 3 bis 5 zulässige Dauer innerhalb eines Durchrechnungszeitraumes von 17 Wochen 48 Stunden nicht überschreiten. Wöchentlich sind jedoch nicht mehr als zwanzig Überstunden zulässig. Die Tagesarbeitszeit darf zwölf Stunden nicht überschreiten. Die Regelungen des § 9 Abs. 4 bleiben unberührt.“

6. § 7 Abs. 2, 4 und 4a entfallen.

7. In § 7 Abs. 5 letzter Satz sowie § 8 Abs. 1 und 2 wird jeweils das Wort „zehn“ durch das Wort „zwölf“ ersetzt. In § 7 Abs. 5 wird weiters das Zitat „Abs. 1 bis 4“ durch das Zitat „Abs. 1 bis 3“ ersetzt.

8. § 7 Abs. 6 und 6a werden durch folgenden Abs. 6 ersetzt:

„(6)  Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können Überstunden nach den § 7 und §°8 Abs.°2 aus überwiegenden persönlichen Interessen ablehnen, wenn durch diese Überstunden die Tagesarbeitszeit von zehn Stunden oder die Wochenarbeitszeit von 50 Stunden übersteigt. Sie dürfen deswegen nicht benachteiligt werden, insbesondere hinsichtlich des Entgelts, der Aufstiegsmöglichkeiten und der Versetzung. In Betrieben mit Betriebsrat, kann mittels Betriebsvereinbarung eine abweichende Regelung vorgesehen werden.“

9. In § 9 Abs. 1 wird die Zahl „zehn“ durch die Zahl „zwölf“ und die Zahl „50“ durch die Zahl „60“ ersetzt.

10. § 9 Abs. 2 und 3 lautet:

„(2) Die Tagesarbeitszeit darf im Falle des § 13b Abs. 2 und 3 (Verlängerung der Arbeitszeit für Lenker) und § 18 Abs. 2 (Betriebe des öffentlichen Verkehrs) zwölf Stunden überschreiten und in den Fällen des § 5a (besondere Erholungsmöglichkeiten), § 7 Abs. 3 und 5 (erhöhter Arbeitsbedarf), § 8 Abs. 2 und 4 (Vor- und Abschlussarbeiten), § 18b Abs. 6 (Schiffsdienst von Schifffahrtsunternehmen) und § 19a Abs. 2 (Apotheken) zwölf Stunden insoweit überschreiten, als dies nach diesen Bestimmungen zulässig ist.

(3) Die Wochenarbeitszeit darf im Fall des § 4c (Dekadenarbeit) 60 Stunden überschreiten und in den Fällen der §§ 5a (besondere Erholungsmöglichkeiten), 7 Abs. 5 (erhöhter Arbeitsbedarf), 18 Abs. 3 (Betriebe des öffentlichen Verkehrs) und 19a Abs. 2 und 6 (Apotheken) 60 Stunden insoweit überschreiten, als dies nach diesen Bestimmungen zulässig ist.“

11. § 12 Abs. 2a lautet:

„(2a) Im Gast-, Schank- und Beherbergungsgewerbe kann für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Küche und Service bei geteilten Diensten die tägliche Ruhezeit auf mindestens acht Stunden verkürzt werden. Ein geteilter Dienst liegt vor, wenn die Tagesarbeitszeit durch eine Ruhepause von mindestens drei Stunden unterbrochen wird. Solche Verkürzungen sind innerhalb von vier Wochen, in Saisonbetrieben nach Möglichkeit während der Saison, spätestens jedoch im Anschluss an die Saison, durch Verlängerung einer anderen täglichen Ruhezeit auszugleichen. Ist dieser Ausgleich bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses nicht erfolgt, so gebührt den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine geldwerte Zahlung in Höhe des Normallohns und der Zuschläge, auf welche die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für die während der Ruhezeit geleistete Tätigkeit Anspruch hatten.“

12. § 18 Abs. 2 letzter Satz lautet:

„In den Fällen des § 5 darf die Tagesarbeitszeit zwölf Stunden insoweit überschreiten, als dies die Aufrechterhaltung des Verkehrs erfordert.“

13. § 18b Abs. 6 lautet:

„(6) In den Fällen des § 5 darf die Tagesarbeitszeit zwölf Stunden insoweit überschreiten, als dies die Aufrechterhaltung des Verkehrs erfordert, sie darf jedoch keinesfalls mehr als 14 Stunden betragen.“

14. § 19a Abs. 8 lautet:

„(8) Leistet eine Arbeitnehmerin bzw. ein Arbeitnehmer während eines Bereitschaftsdienstes gemäß Abs. 7 Arbeiten,     kann die tägliche Ruhezeit unterbrochen werden. Beträgt ein Ruhezeitteil mindestens acht Stunden, so ist innerhalb von zwei Wochen eine andere Ruhezeit um vier Stunden, in allen übrigen Fällen um sechs Stunden zu verlängern.“

15. § 19b Abs. 3 Z 3 lautet und nach Z 4 wird folgende Z 5 eingefügt:

         „3. leitende Angestellte oder sonstige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, denen maßgebliche selbständige Entscheidungsbefugnisse übertragen ist und deren gesamte Arbeitszeit auf Grund der besonderen Merkmale der Tätigkeit

                a) nicht gemessen bzw. im Voraus festgelegt wird, oder

               b) von diesen Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmern hinsichtlich Lage und Dauer selbst festgelegt werden kann;

           5. nahe Angehörige im Sinne des § 284c des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches, JGS Nr. 1811/946 (ABGB), deren gesamte Arbeitszeit auf Grund der besonderen Merkmale der Tätigkeit

                a) nicht gemessen oder im Voraus festgelegt wird , oder

               b) von diesen Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmern hinsichtlich Lage und Dauer selbst festgelegt werden kann;“

16. § 20a Abs. 2 lautet:

(2) Leistet eine Arbeitnehmerin bzw. ein Arbeitnehmer während der Rufbereitschaft Arbeiten, kann die tägliche Ruhezeit unterbrochen werden, wenn innerhalb von zwei Wochen eine andere tägliche Ruhezeit um vier Stunden verlängert wird. Ein Teil der Ruhezeit muss mindestens acht Stunden betragen.

17. § 20b Abs. 6 entfällt.

18. § 26 Abs. 2a lautet:

„(2a) Wird in Saisonbetrieben eine Verkürzung der Ruhezeit im Sinne des § 12 Abs. 2a in Anspruch genommen, ist die Führung der Arbeitszeitaufzeichnungen durch die Arbeitnehmerin bzw. den Arbeitnehmer nach Abs. 2 nicht zulässig. Die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber hat in den Arbeitszeitaufzeichnungen die Inanspruchnahme des § 12 Abs. 2a sowie den Beginn und das Ende der Saison zu vermerken.“

19. § 28 Abs. 1 Z 3 lautet:

         „3. die Meldepflichten an das Arbeitsinspektorat gemäß § 20 Abs. 2, die Auskunfts- und Einsichtspflichten gemäß § 26 Abs. 6, die Aufbewahrungspflichten gemäß § 18k, Pflichten gemäß § 18b Abs. 8 oder 9 erster Satz verletzen, oder die Aufzeichnungen gemäß § 18b Abs. 7, § 18c Abs. 2 sowie § 26 Abs. 1 bis 5 mangelhaft führen;“

20. § 28 Abs. 2 Z 1 lautet:

         „1. Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer über die Höchstgrenzen der täglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit gemäß § 2 Abs. 2, § 7, § 8 Abs. 1, 2 oder 4, § 9, § 12a Abs. 5, § 18 Abs. 2 oder 3, § 18b Abs. 5 oder 6, § 19a Abs. 2 oder 6 oder § 20a Abs. 2 Z 1 hinaus einsetzen;“

21. Dem § 34 wird folgender Abs. 37 angefügt:

„(37) § 1 Abs. 2 Z 7 und 8, § 4 Abs. 7, § 4b Abs. 4, § 7 Abs. 1 und 6, § 8 Abs. 1 und 2, § 9 Abs. 1 bis 3, § 12 Abs. 2a, § 18 Abs. 2, § 18b Abs. 6, § 19a Abs. 8, § 19b Abs. 3 Z 3 und 5, § 20a Abs. 2, § 26 Abs. 2a sowie § 28 Abs. 1 Z 3 und Abs. 2 Z 1, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2018, treten mit 1. Jänner 2019 in Kraft. Mit diesem Zeitpunkt entfallen auch § 7 Abs. 2, 4 und 4a sowie § 20b Abs. 6.“

Artikel 2

Änderung des Arbeitsruhegesetzes

Das Arbeitsruhegesetz, BGBl. Nr. 144/1983, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 127/2017, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 1 Abs. 2 Z 2 wird folgende Z 3 eingefügt:

         „3. nahe Angehörige im Sinne des § 284c des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches, JGS Nr. 1811/946 (ABGB), deren gesamte Arbeitszeit auf Grund der besonderen Merkmale der Tätigkeit

                a) nicht gemessen oder im Voraus festgelegt wird , oder

               b) von diesen Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmern hinsichtlich Lage und Dauer selbst festgelegt werden kann;“

2. § 1 Abs. 2 Z 5 lautet:

         „5. leitende Angestellte oder sonstige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, denen maßgebliche selbständige Entscheidungsbefugnis übertragen ist und deren gesamte Arbeitszeit auf Grund der besonderen Merkmale der Tätigkeit

                a) nicht gemessen oder im Voraus festgelegt wird, oder

               b) von diesen Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmern hinsichtlich Lage und Dauer selbst festgelegt werden kann;“

3. Nach § 12a wird folgender § 12b samt Überschrift eingefügt:

„Vorübergehend auftretender besonderer Arbeitsbedarf

§ 12b. (1) Bei vorübergehend auftretendem besonderem Arbeitsbedarf können durch Betriebsvereinbarung Ausnahmen von der Wochenend- und Feiertagsruhe an vier Wochenenden oder Feiertagen pro Arbeitnehmerin bzw. Arbeitnehmer und Jahr zugelassen werden. Eine Ausnahme von der Wochenendruhe kann nicht an vier auf einander folgenden Wochenenden erfolgen.

(2)  Für Verkaufstätigkeiten nach dem Öffnungszeitengesetz gilt Abs. 1 nicht.

(3) In Betrieben ohne Betriebsrat kann Wochenend- und Feiertagsarbeit nach Abs. 1 und 2 schriftlich mit den einzelnen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern vereinbart werden. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können, aus überwiegenden persönlichen Interessen, Wochenend- und Feiertagsarbeit in Form von Überstunden ablehnen. Sie dürfen deswegen nicht benachteiligt werden, insbesondere hinsichtlich des Entgelts, der Aufstiegsmöglichkeiten und der Versetzung.

(4) Die Betriebsvereinbarung bzw. die schriftliche Einzelvereinbarung muss, sofern sie für wiederkehrende Ereignisse abgeschlossen wird, den Anlass umschreiben.“

3. § 33 Abs. 1a bis 1z erhält die Bezeichnung „§ 33a. (1) bis (26)“. Die Überschrift zu § 33a lautet „Inkrafttreten von Novellen“.

4. Dem § 33a wird folgender Abs. 27 angefügt:

„(27) § 1 Abs. 2 Z 5a und 5b sowie § 12b in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2018 treten mit 1. Jänner 2019 in Kraft.“

Artikel 3

Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes

Das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz – ASVG, BGBl. Nr. 189/1955, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 30/2018, wird wie folgt geändert:

1. § 42b Abs. 1 lautet:

„(1) Die Krankenversicherungsträger haben zur Ergreifung von Maßnahmen gegen den Versicherungsmissbrauch sowie zur Sicherstellung des Versicherungsschutzes Risiko- und Auffälligkeitsanalysen (Risiko- und Auffälligkeitsanalyse-Tool) im Dienstgeber- und Dienstnehmer/innenbereich durchzuführen. Dabei ist unter Verwendung der in der Anlage 14 genannten Versicherten- und Dienstgeberdaten nach folgenden Gesichtspunkten zu prüfen:

           1. für den Dienstgeberbereich: insbesondere Schwarzarbeitsverdacht, Scheinanmeldung, Versichertenströme, Dienstgeberzusammenhänge, Insolvenzgefahr sowie Melde- und Beitragszahlungsverhalten;

           2. für den Dienstnehmer/innenbereich: Verdacht auf missbräuchliche Inanspruchnahme von Leistungen, insbesondere aus dem Versicherungsfall der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit; Verdacht auf missbräuchlichen Bezug von Heilmitteln, Hilfsmitteln und Heilbehelfen; Verdacht auf missbräuchliche Verwendung der e-card.“

2. In der Anlage 14 wird der Ausdruck „Stammdaten und Versicherungsdaten“ durch den Ausdruck „Stammdaten, Versicherungsdaten und Leistungsdaten“ ersetzt.

3. Dem § 714 wird folgender § 715 samt Überschrift angefügt:

„Schlussbestimmung zum Bundesgesetz BGBl. I Nr. xx/2018

§ 715. § 42b Abs. 1 und die Anlage 14 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2018 treten mit 1. Jänner 2019 in Kraft.“

Begründung

Allgemeiner Teil

Das Regierungsprogramm 2017–2022 enthält das Bekenntnis zu einer flexiblen Arbeitsgestaltung, die es ermöglichen soll, das Arbeitszeitvolumen besser an die Auftragslage anpassen zu können und eine bessere Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Freizeit zu gewährleisten.

Wichtig ist dabei die Beibehaltung der gesetzlichen täglichen und wöchentlichen Normalarbeitszeit. Kollektivvertragliche Regelungen der Normalarbeitszeit sollen unberührt bleiben. Vorgesehen ist daher eine Flexibilisierung und Entbürokratisierung der Arbeitszeitgesetze, die unter anderem folgende Maßnahmen beinhalten soll:

‑       Erweiterung des Ausnahmekatalogs im Geltungsbereich. Neben leitenden Angestellten sollen auch „sonstige Personen mit selbständiger Entscheidungsbefugnis“ sowie „Arbeitskräfte, die Familienangehörige sind“ ausgenommen werden

‑       Mehrmalige Übertragungsmöglichkeit von Zeitguthaben und Zeitschulden in den jeweils nächsten Durchrechnungszeitraum durch Kollektivvertrag

‑       Anhebung der täglichen Arbeitszeithöchstgrenze bei Gleitzeit auf zwölf Stunden

‑       Erleichterter Zugang zu Sonderüberstunden nach § 7 Abs. 4 AZG

‑       Anhebung der Höchstgrenze der Arbeitszeit auf zwölf Stunden pro Tag und 60 Stunden pro Woche

‑       Vereinbarte Überstunden (11. und 12. Stunde) sind zumindest mit den gesetzlichen Überstundenzuschlägen zu vergüten, sofern die jeweiligen Kollektivverträge oder Betriebsvereinbarungen keine günstigere Regelung vorsehen. Ein Ausgleich in Zeit kann, aufgrund von kollektivvertraglichen Regelung oder Betriebsvereinbarungen, ebenfalls zulässig sein.

‑       Verkürzung der täglichen Ruhezeit im Tourismus von elf auf maximal acht Stunden für alle Betriebe mit geteilten Diensten

‑       Möglichkeit zur Ausnahme von der Wochenend- und Feiertagsruhe durch Betriebs- oder schriftliche Einzelvereinbarung, beschränkt auf vier Ausnahmefälle pro Jahr.

Durch den erweiterten Rahmen der durch diese Änderung geschaffen wird, wird auch der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch Schaffung familienfreundlicher Modelle, wie zum Beispiel einer 4-Tage-Woche, Rechnung getragen.

Diese Vorgaben werden im Arbeitszeitgesetz (Art. 1) und im Arbeitsruhegesetz (Art. 2) umgesetzt.

Im Regierungsprogramm ist unter dem Titel „Treffsicherheit und Transparenz im Sozialsystem“ vorgesehen, das im § 42b ASVG geregelte Risiko- und Auffälligkeitsanalyse-Tool der Krankenversicherungsträger auf den Dienstnehmerbereich zu erweitern.

Besonderer Teil

Zu Art. 1 (Änderung des Arbeitszeitgesetzes):

Zu Art. 1 Z 1, 2 und 15 (§ 1 Abs. 2 Z 7 und 8 sowie § 19b Abs. 3 Z 3 und 5 AZG):

Die Arbeitszeit-Richtlinie der EU (Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung) ermöglicht in Art. 17 Abs. 1 Ausnahmen für bestimmte Gruppen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die von Österreich bisher nicht ausgeschöpft wurden. Nach dem Regierungsprogramm sollen daher künftig neben den leitenden Angestellten auch „sonstige Personen mit selbständiger Entscheidungsbefugnis“ gemäß Art. 17 Abs. 1 lit. a sowie „Arbeitskräfte, die Familienangehörige sind“ gemäß Art. 17 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2003/88 vom Geltungsbereich des AZG ausgenommen werden.

Grundvoraussetzung für eine Ausnahme ist nach dem Einleitungssatz des Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie, dass die Arbeitszeit nicht gemessen oder im Voraus festgesetzt oder von den Arbeitnehmern selbst festgelegt wird. Dies muss sich aus den besonderen Merkmalen der Tätigkeit ergeben. Wird die Arbeitszeit freiwillig nicht gemessen (so genannte Vertrauensarbeitszeit), liegt diese Voraussetzung daher nicht vor.

Eine solche Ausnahmeregelung kann daher nach Dafürhalten der Kommission nicht in vollem Umfang auf eine ganze Arbeitnehmergruppe angewandt werden, sondern nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des Einleitungssatzes. Die EU-Kommission hält weiters fest, dass die Voraussetzung nur vorliegt, wenn die gesamte Arbeitszeit (und nicht nur ein Teil) nicht gemessen werden kann (oder selbst festgelegt wird).

In ihrer Mitteilung zu Auslegungsfragen in Bezug auf die Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (Amtsblatt C 165 vom 24.5.2017, S. 45) hat die EU-Kommission dazu festgestellt: „Infolgedessen ist die Kommission der Auffassung, dass unter die Ausnahmeregelung bestimmte hochrangige Führungskräfte fallen könnten, deren gesamte Arbeitszeit nicht gemessen oder nicht im Voraus festgelegt wird, da sie nicht verpflichtet sind, zu festgesetzten Zeiten am Arbeitsplatz anwesend zu sein, sondern über ihre Arbeitszeiteinteilung selbst entscheiden können.“

§ 1 Abs. 1 Z 7 (Familienangehörige):

Als „Familienangehörige“ gelten nahe Angehörige gemäß § 284c ABGB. Dazu zählen

‑       Eltern

‑       Kinder

‑       Ehegatten und eingetragene Partner, die im gemeinsamen Haushalt leben

‑       Lebensgefährten, die seit mindestens drei Jahren im gemeinsamen Haushalt leben

Auch bei dieser Gruppe von Beschäftigten ist nach den Bestimmungen der Arbeitszeit-Richtlinie 2003/88 keine generelle Ausnahme möglich, da die Voraussetzungen „Nichtmessbarkeit bzw. Nichtfestlegbarkeit“ oder „Selbstfestlegung“ wegen der besonderen Merkmale der Tätigkeit vorliegen müssen.

§ 1 Abs. 2 Z 8 (maßgebliche selbständige Entscheidungsbefugnisse):

Leitende Angestellte oder sonstige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Entscheidungsbefugnissen können daher nur dann ausgenommen werden, wenn die Voraussetzungen „Nichtmessbarkeit bzw. Nichtfestlegbarkeit“ oder „Selbstfestlegung“ wegen der besonderen Merkmale der Tätigkeit vorliegen. Die vorgesehene Ausnahmeregelung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Entscheidungsbefugnissen muss daher entsprechend eingeschränkt formuliert werden.

Es kann sich daher weiterhin nur um Führungskräfte handeln, die maßgeblichen Einfluss auf den Betrieb haben. Im Gegensatz zum Begriff „leitende Angestellte“, der nach der Judikatur im Wesentlichen nur die 1. und 2. Führungsebene umfasst, wird nunmehr auch die 3. Führungsebene bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen einbezogen.

§ 19b Abs. 3:

Der vertragsrechtliche Abschnitt des AZG hat einen eigenen Geltungsbereich. Die Ausnahmen sind daher auch hier vorzusehen.

Zu Art. 1 Z 3 (§ 4 Abs. 7 AZG):

Die derzeit bestehende Möglichkeit von Kollektivverträgen, eine Übertragung von Zeitguthaben in den nächsten Durchrechnungszeitraum zuzulassen, soll flexibilisiert werden. Die mehrmalige Übertragung von Zeitguthaben und Zeitschulden in die nächsten Durchrechnungszeiträume wird ermöglicht.

Zu Art. 1 Z 4 (§ 4b Abs. 4 AZG):

Bei Gleitzeit haben die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Möglichkeit, Beginn und Ende ihrer Arbeitszeit selbst zu bestimmen. Aufgrund dieser höheren Zeitsouveränität werden die bestehenden Beschränkungen der täglichen Höchstarbeitszeit teilweise als unbefriedigend empfunden, weshalb nunmehr fünfmal pro Woche eine Verlängerung der Tagesarbeitszeit auf zwölf Stunden vorgesehen wird. Wird tatsächlich an fünf Wochentagen jeweils zwölf Stunden gearbeitet, muss ein allfälliger sechster Arbeitstag arbeitsfrei sein, da die wöchentliche Höchstarbeitszeit bereits erreicht ist. Wird hingegen an fünf Wochentagen jeweils zehn Stunden gearbeitet, ist an einem allfälligen sechsten Arbeitstag keine Verlängerung der täglichen Normalarbeitszeit zulässig. Es gilt daher die Grenze von acht Stunden nach § 3 Abs. 1.

Nicht übertragbare Gleitstunden werden am Ende der Gleitzeitperiode wie bisher mit Zuschlag (Zeit oder Geld je nach Vereinbarung) vergütet.

Zu Art. 1 Z 5 (§ 7 Abs. 1 und 2 AZG):

Die derzeitige Regelung des zulässigen Überstundenkontingents (fünf Stunden pro Woche und darüber hinaus 60 Stunden pro Kalenderjahr) wird als kompliziert empfunden und soll durch eine Beschränkung der wöchentlichen Überstundenanzahl auf 20 Stunden im Abs. 1 ersetzt werden. Der bisherige Abs. 2 kann entfallen. Abs. 1 enthält weiters den Hinweis auf die von der Arbeitszeit-Richtlinie vorgegebene Beschränkung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit auf 48 Stunden innerhalb eines Durchrechnungszeitraumes von 17 Wochen, wobei die in § 9 Abs. 4 vorgesehenen kollektivvertraglichen Verlängerungsmöglichkeiten unberührt bleiben sollen.

Zu Art. 1 Z 6 (Entfall des § 7 Abs. 4 und 4a AZG):

Durch die nunmehr allgemein zulässigen Höchstarbeitszeitgrenzen von zwölf Stunden pro Tag und 60 Stunden pro Woche (siehe die Erläuterungen zu Art. 1 Z 9 und 10) sind die Sonderüberstunden nicht mehr notwendig.

Zu Art. 1 Z 7, 12 und 13 (§ 7 Abs. 5, § 8 Abs. 1 und 2, § 18 Abs. 2, § 18b Abs. 6 AZG):

Die vorgesehene Ausdehnung der Höchstgrenze der täglichen Arbeitszeit von derzeit zehn auf zwölf Stunden und der Wochenarbeitszeit von 50 auf 60 Stunden (siehe die Erläuterungen zu Art. 1 Z 9 und 10) bedingt auch entsprechende Anpassungen bei der Überstundenzulassung durch das Arbeitsinspektorat (§ 7 Abs. 5), den Vor- und Abschlussarbeiten (§ 8 Abs. 1 und 2) sowie im Bereich des öffentlichen Verkehrs (§ 18 Abs. 2), insbesondere bei der Binnenschifffahrt (§ 18b Abs. 6).

Zu Art. 1 Z 8 (§ 7 Abs. 6 AZG)

Aufgrund der vorgesehenen Ausdehnung der Höchstgrenze der täglichen Arbeitszeit von derzeit zehn auf zwölf Stunden kann auch die bisherige Überstundenregelung für die 4-Tage-Woche in § 7 Abs. 6 entfallen.

Das Ablehnungsrecht bzw. das Benachteiligungsverbot (künftig Abs. 6) gilt nunmehr für alle Überstunden im Rahmen der §§ 7 und 8 ab einer Tagesarbeitszeit von zehn Stunden oder einer Wochenarbeitszeit von 50 Stunden. Da ein solches Ablehnungsrecht bisher bei besonderem Arbeitsbedarf besteht, muss dies für Überstunden bei lediglich erhöhtem Arbeitsbedarf erst Recht gelten. In Betrieben mit Betriebsrat, kann mittels fakultativer Betriebsvereinbarung eine nähere Konkretisierung der überwiegenden persönlichen Interessen erfolgen.

Zu Art. 1 Z 9 und 10 (§ 9 Abs. 1 bis 3 AZG):

Gemäß dem Regierungsprogramm wird die tägliche Höchstarbeitszeit von zehn auf zwölf Stunden und die wöchentliche Höchstarbeitszeit von 50 auf 60 Stunden erhöht (Abs. 1).

In der Aufzählung der Ausnahmen (Abs. 2 und 3) von diesen Grenzen werden alle Bestimmungen gestrichen, die keine Arbeitszeit von mehr als 12 bzw. 60 Stunden zulassen. Auch nach § 7 Abs. 2 war bisher eine Wochenarbeitszeit von mehr als 60 Stunden nicht möglich.

Zu Art. 1 Z 11 und 18 (§ 12 Abs. 2a und § 26 Abs. 2 AZG):

Derzeit kann der Kollektivvertrag im Bereich des Gast-, Schank- und Beherbergungsgewerbes nur für Vollzeitkräfte in Küche und Service von Saisonbetrieben verkürzte Ruhezeiten vorsehen. Diese Verkürzungen (von elf auf mindestens acht Stunden) sind nach Möglichkeit während der Saison, spätestens jedoch im Anschluss an die Saison, durch Verlängerung einer anderen täglichen Ruhezeit auszugleichen.

Nunmehr soll diese Möglichkeit für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Küche und Service (also auch von Teilzeitkräften und in Nichtsaisonbetrieben) zugelassen werden, wenn sie „geteilte Dienste“ leisten. Ein geteilter Dienst liegt vor, wenn die Tagesarbeitszeit durch eine Ruhepause von mindestens drei Stunden unterbrochen wird. Damit sollen die in der Branche üblichen Arbeitsspitzen in der Früh und am Abend besser abgedeckt werden können. Der Ausgleich für die Verkürzung der täglichen Ruhezeit soll schon innerhalb von vier Wochen durch Verlängerung einer anderen täglichen Ruhezeit ausgeglichen werden. Die bisherige Regelung für Saisonbetriebe bleibt aber unverändert.

Der Entfall des bisherigen Ruhezeitkontos ist auch bei den Aufzeichnungspflichten (§ 26 Abs. 2a) zu berücksichtigen.

Ein Ausgleich durch längere Pausen wäre hingegen EU-rechtlich nicht möglich, da Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung ausdrücklich Ausgleichsruhezeiten fordert.

Zu Art. 1 Z 14, 16, 17, 20 (§ 19a Abs. 8, § 20a Abs. 2, § 20b Abs. 6 sowie § 28 Abs. 2 Z 1 AZG):

Anpassungen an die neuen Höchstarbeitszeiten nach § 9.

Zu Art. 1 Z 19 (§ 28 Abs. 1 Z 3 AZG):

Da mit den Sonderüberstunden nach § 7 Abs. 4 und 4a auch die Meldepflicht an das Arbeitsinspektorat wegfällt, muss auch die Strafbarkeit dieser Bestimmung gestrichen werden.

Zu Art. 2 (Änderung des Arbeitsruhegesetzes):

Zu Art. 2 Z 1, 2 (§ 1 Abs. 2 Z 3 und 5 ARG):

Siehe die Erläuterungen zu Art. 1 Z 1 und 2.

Zu Art. 2 Z 3 (§ 12b ARG):

Ausnahmen von der Wochenend- und Feiertagsruhe sind derzeit, neben einzelnen gesetzlichen Regelungen, nur aufgrund von Verordnungen, Kollektivverträgen oder Bescheiden möglich und haben daher eine relativ lange Vorlaufzeit. Um es Betrieben zu ermöglichen, sehr kurzfristig auf einen vorübergehend auftretenden besonderen Arbeitsbedarf reagieren zu können, sollen künftig auch Ausnahmen von der Wochenend- und Feiertagsruhe durch Betriebsvereinbarung zugelassen werden, und zwar unabhängig davon, ob für den Betrieb Ausnahmen durch Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag gelten.

Eine solche Ausnahme soll allerdings auf vier Wochenende oder Feiertage pro Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer und Jahr beschränkt werden. Die Voraussetzungen für den Abschluss einer solchen Betriebsvereinbarung entsprechen jenen, die für eine Betriebsvereinbarung gemäß § 7 Abs. 4 AZG vorgesehen waren.

Um es aber auch Betrieben ohne Betriebsrat zu ermöglichen, solche Ausnahmen von der Wochenend- und Feiertagsruhe in Anspruch zu nehmen, soll Wochenend- und Feiertagsarbeit in diesen Fällen schriftlich mit den einzelnen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern vereinbart werden können. Um den betroffenen Beschäftigten einen gewissen Schutz zu ermöglichen, soll ihnen sowohl ein Ablehnungsrecht als auch ein Benachteiligungsverbot eingeräumt werden, sofern diese Tätigkeiten in Form von Überstunden geleistet werden.

Zu Art. 3 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes):

Im Regierungsprogramm ist unter dem Titel „Treffsicherheit und Transparenz im Sozialsystem“ vorgesehen, das im § 42b ASVG geregelte Risiko- und Auffälligkeitsanalyse-Tool der Krankenversicherungsträger auf den Dienstnehmerbereich zu erweitern.

Durch den Ausbau der Funktionen dieses Tools sollen Missbrauchspotentiale in der Krankenversicherung erkannt und vermindert werden. Das Augenmerk soll auf die missbräuchliche Inanspruchnahme von Leistungen der Krankenversicherung gelegt werden (missbräuchlicher Bezug von Heilmitteln, Hilfsmitteln und Heilbehelfen, insbesondere durch von der Rezeptgebühr befreite Personen und deren Angehörige, sowie missbräuchliche Verwendung der e-card). Darüber hinaus ist auch ein besonderes Augenmerk auf die missbräuchliche Inanspruchnahme von Krankenständen zu richten.

Die Verarbeitung derartiger Daten gründet sich auf Art. 9 Abs. 2 lit. g DSGVO (erhebliches öffentliches Interesse). Im Sinne der Finanzierbarkeit des Gesundheitswesens ist es notwendig, Missbrauch in der Krankenversicherung durch Versicherte rechtzeitig zu erkennen.

 

In formeller Hinsicht wird vorgeschlagen, diesen Antrag unter Verzicht auf die erste Lesung dem Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie zuzuweisen.