308/A(E) XXVI. GP

Eingebracht am 04.07.2018
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Claudia Gamon, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Maßnahmenpaket zur Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt

Die Bundesregierung beschließt den Familienbonus Plus und propagiert "die größte Entlastungsmaßnahme für Familien aller Zeiten". Unter dem Deckmantel einer familienpolitischen Maßnahme beschließt man de facto eine massive Steuerreform, die mindestens 1,5 Milliarden Euro im Jahr kosten wird. Während die Senkung der Steuer- und Abgabenquote für vor allem mittelständische Familien zu begrüßen ist, werden frauenpolitische Aspekte weitgehend ausgeklammert und weitere negative Erwerbsanreize geschaffen.

Nach wie vor ist eine der größten Problematiken, dass 47,7% aller erwerbstätigen Frauen in Österreich in Teilzeitbeschäftigung sind. Auch unter den geringfügig Beschäftigten sind zwei Drittel Frauen. Dies wirkt sich je nach Länge äußerst dramatisch auf das Lebenseinkommen und die Pension von Frauen aus. Wahre Gleichstellung am Arbeitsmarkt können wir nur durch spezifische steuer- und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen erreichen:

·        Lange Teilzeitphasen verzögern Karriereschritte und verringern damit das Lebenseinkommen von Frauen. Zudem sind sie eher gefährdet in Altersarmut zu schlittern, weil sie nicht genügend in die Pensionskasse eingezahlt haben. Frauen werden auch nicht in Führungspositionen kommen, wenn ihnen Arbeitserfahrung fehlt. Sie werden auch nie einen Männern vergleichbaren Verdienst erwirtschaften, wenn sie nicht die Möglichkeit haben, im selben Ausmaß wie diese (vor allem Vollzeit und mit wenigen, kurzen Unterbrechungen) zu arbeiten. Das kann nur geschehen, wenn man endlich negative Arbeitsanreize wie beispielsweise die Negativsteuer umgestaltet, die Frauen nach wie vor dazu animieren, lange in Teilzeit zu bleiben.

 

·        Es braucht dringend eine Arbeitszeitflexibilisierung, weil die starre 40-Stunden-Woche, so wie sie derzeit vorherrscht, eigentlich frauenfeindlich ist. Kommt eine solche, dann ist es aber unerlässlich, auch Rahmenbedingungen zu ändern, die Frauen wie bisher daran hindern, ihr volles Potential am Arbeitsmarkt zu nützen. Daher braucht es neben flexiblen Arbeitszeiten natürlich auch flexible Kinderbetreuungsmöglichketen. Es muss daher dringend auf einen Ausbau und Rechtsanspruch auf Kinderbetreuungsplätze hingewirkt werden, um jenen, die externe Betreuung wollen oder brauchen, diese auch zur Verfügung zu stellen.

 

·        Um Frauen und Männer gleichsam zu entlasten, ist es nötig den Wildwuchs an steuerlichen Familienleistungen zu beseitigen und die steuerlichen Leistungen zusammenzuführen, um einen gezielten Einsatz der Mittel zu gewährleisten. Derzeit gibt es zahlreiche steuerliche Familienleistungen, wie beispielsweise den Alleinverdienerabsetzbetrag, den Alleinerzieherabsetzbetrag, den Kinderabsetzbetrag, einen Unterhaltsabsetzbetrag. Neu kommt der Familienbonus hinzu. Dieser Dschungel sollte dringend vereinfacht und zusammengeführt werden. In Folge dessen wäre es sinnvoll, diese Familienleistung ausschließlich auf einen Ausbau und eine Vereinfachung der Absetzbarkeit von Kinderbetreuungs- und -bildungskosten zu konzentrieren, um Arbeitsmarktpartizipation von Frauen zu fördern und zu erhöhen.

 

·        Eine weitere Maßnahmen, um indirekte Anreize für Teilzeitarbeit abzuschaffen betrifft die Arbeitslosenversicherungsbeiträge, deren Staffelung derzeit dazu führt, dass der Umstieg von Teilzeit in Vollzeiterwerbstätigkeit wenig attraktiv für Frauen ist. Die ab 1.Juli 2018 gültige Staffelung hat diese Dynamik noch weiter verschärft und sieht für Einkommen bis € 1.381 einen Arbeitslosenversicherungsbeitrag von 0 %, zwischen € 1.381,01 und € 1.506  von 1 % und von 1.506,01 bis € 1.696,0 von 2 % vor. Gerade dieser Einkommensbereich wird z.B. bei einem Umstieg von Teilzeit zu Vollzeit in sehr vielen Fällen überschritten. Zur höheren Steuerbelastung auf Grund der ESULSt-Progressionsstufen tritt noch höhere Belastung durch Arbeitslosenversicherungsbeträge hinzu. Anders als bei Steuersätzen, die nur für zusätzlich verdiente Euros schlagend werden, trifft der gestaffelte Arbeitslosenversicherungsbeitrag bei Überschreiten einer Betragsgrenze in der Folge das Gesamteinkommen, nicht nur den Mehrverdienst. Wer. EUR 1.382 verdient, zahlt also wesentlich mehr Arbeitslosenversicherung als jemand, der EUR 1.381 verdient. In diesem Fall würde sogar weniger Nettolohn übrig bleiben, als zuvor. Eine Neugestaltung dieser Staffelung und Umstellung unter Einbezug einer frauenpolitischen Perspektive kann helfen, den Weg in die Vollerwerbstätigkeit zu erleichtern.

·        Ausbau von Kinderbetreuungsangeboten: Auch was das Kinderbetreuungsangebot angeht, hinkt Österreich weiter hinterher. Noch immer wurde das Barcelona-Ziel der Europäischen Union nicht erreicht, und das obwohl es seit dem Jahr 2007 eine Vereinbarung gemäß 15a B-VG gibt, die den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen fördern soll. Der Fokus muss dabei ganz klar auf Kinderbetreuungseinrichtungen liegen, die sich mit einer Vollzeitbeschäftigung vereinen lassen. Daher gilt es vor allem ganztägig geöffnete Kinderbetreuungseinrichtungen mit wenigen Schließtagen zu schaffen.

 

·        Individueller Karenzanspruch: Um wirkliche Gleichstellung im Sinne von Chancengerechtigkeit und Selbstbestimmtheit zu garantieren, muss sich nicht nur die Politik ändern, sondern auch unsere Gesellschaft. Vätern und Müttern muss es ermöglicht werden, ihren Karenzanspruch fair und individuell aufzuteilen. Erziehungs- und Betreuungsarbeit darf nicht länger alleinige Frauensache sein, sondern muss fair zwischen den Geschlechtern aufgeteilt werden. Ein individueller Karenzanspruch ist daher unerlässlich.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG



Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, ein Maßnahmenpaket zur Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt zu verabschieden, welches das Ziel hat, Vollerwerbstätigkeit für Frauen zu fördern. Dieses soll insbesondere steuer- und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, wie die Abschaffung negativer Erwerbsanreize und eine Zusammenfassung steuerlicher Familienleistungen, sowie auch familienpolitische Maßnahmen, wie die Einführung eines individuellen Karenzanspruches und den Ausbau von Kinderbetreuungsmöglichkeiten beinhalten.

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Gleichbehandlungsausschuss vorgeschlagen.