310/A XXVI. GP

Eingebracht am 04.07.2018
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Antrag

 

der Abgeordneten Irmgard Griss, Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz um Bestimmungen über einen weisungsfreien Bundesstaatsanwalt ergänzt wird

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz um Bestimmungen über einen weisungsfreien Bundesstaatsanwalt ergänzt wird

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

Das Bundes-Verfassungsgesetz, zuletzt geändert durch das Bundesverfassungsgesetz BGBl. Nr. 22/2018, wird wie folgt geändert:

 

1.    Nach Art. 90a wird folgender Art. 90b eingefügt:

„Artikel 90b. (1) Die staatsanwaltschaftlichen Behörden unterstehen dem Bundesstaatsanwalt. Dieser
ist unabhängig und weisungsfrei.

(2)  Der Bundesstaatsanwalt wird aufgrund eines Vorschlages des Hauptausschusses
vom Nationalrat mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und einer
Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder gewählt.
Seine Funktionsperiode beträgt 12 Jahre. Eine Wiederwahl ist unzulässig.


(3) Dem Vorschlag des Hauptausschusses des Nationalrates hat eine öffentliche
Ausschreibung voranzugehen. Der Hauptausschuss hat eine öffentliche Anhörung durchzuführen,
an der Vertreter der Richter und Staatsanwälte zu beteiligen sind. Näheres wird in
der Geschäftsordnung des Nationalrates bestimmt.

(4) Dem Nationalrat und dem Bundesrat stehen gegenüber dem Bundesstaatsanwalt die Befugnisse nach Art. 52 mit
Ausnahme der Befugnis, in Entschließungen Wünschen über die Ausübung der Vollziehung Ausdruck zu geben,
sowie die Befugnisse nach Art. 53 zu.


(5) Der Bundesstaatsanwalt ist hinsichtlich der Verantwortlichkeit den Mitgliedern der
Bundesregierung gleichgestellt."

2.    Dem Art.151 wird folgender Abs. 61 angefügt:

„(61) Art. 92a in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. I Nr. .../.... tritt mit 1. Jänner 2020 in Kraft. Beim Inkrafttreten anhängige Verfahren sind vom Bundesstaatsanwalt fortzuführen. Die erstmalige Bestellung des Bundesstaatsanwaltes nach den Bestimmungen des Art. 92a in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. I Nr. .../.... hat vor dem Inkrafttreten dieses Bundesverfassungsgesetzes zu erfolgen, sodass er sein Amt am 1. Jänner 2020 antreten kann."

Begründung

Die von führenden Fachleuten seit Jahren geforderte Einsetzung eines/r unabhängigen und weisungsfreien Bundesstaatsanwalts/-anwältin hat durch die Vorkommnisse rund um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) neue Aktualität erhalten. Es besteht der – im Untersuchungsausschuss zu klärende – Verdacht, dass das Innenministerium die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in unzulässiger Weise beeinflusst hat. Begünstigt wird der Verdacht durch die Tatsache, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft dem Justizminister und damit einem Regierungsmitglied unterstellt ist.

Das lässt nicht nur eine Einflussnahme der Vollziehung auf die Staatsanwaltschaft als möglich oder sogar als wahrscheinlich erscheinen, sondern widerspricht auch dem Prinzip der Gewaltentrennung. Seit der B-VG Novelle 2008 sind die Staatsanwält_innen als Organe der ordentlichen Gerichtsbarkeit in der Verfassung verankert. Mit den Staatsanwält_innen gibt es damit nicht nur weisungsgebundene Organe der Gerichtsbarkeit; Weisungsspitze ist darüber hinaus ein Regierungsmitglied. Die Einsetzung des Weisungsrats hat daran nichts geändert. Der Weisungsrat hat nur beratende Funktion.

Der vorliegende Entwurf beruht auf einem Vorschlag des Österreich-Konvents. Der Österreich-Konvent hat damit die schon seit den 70er-Jahren erhobene Forderung nach einem/r unabhängigen und weisungsfreien Bundesstaatsanwalt/-anwältin aufgegriffen. In den letzten Jahren hat diese Forderung zusätzliches Gewicht erhalten. Die Staatsanwaltschaft beendet einen großen Teil der Strafverfahren durch Diversion und übt damit eine quasi-richterliche Funktion aus. Es ist daher wichtiger denn je, durch die Einsetzung eines/r unabhängigen und weisungsfreien Bundesstaatsanwalts/-anwältin jeden Anschein einer politischen Einflussnahme von vornherein auszuschließen.

In formeller Hinsicht wird verlangt, eine erste Lesung innerhalb von drei Monaten durchzuführen. Weiters wird vorgeschlagen, den Antrag dem Verfassungsausschuss zuzuweisen.