324/A XXVI. GP

Eingebracht am 05.07.2018
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

 

ANTRAG

 

der Abgeordneten Stöger

Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Gesetz zur Einhaltung unternehmerischer Sozialverantwortung (Sozialverantwortungsgesetz – SZVG) erlassen wird

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Bundesgesetz, mit dem ein Gesetz zur Einhaltung unternehmerischer Sozialverantwortung (Sozialverantwortungsgesetz – SZVG) erlassen wird

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

1. Abschnitt

Allgemeine Bestimmungen

Ziel

§ 1. Ziel dieses Bundesgesetzes ist es, das Inverkehrbringen und den Vertrieb von Produkten gemäß § 3 Z 1 zu verhindern, bei denen es entlang der Produktions- und Lieferketten zu Verstößen gegen das Zwangs- und Kinderarbeitsverbot kommt.

Geltungsbereich

§ 2. (1) Dieses Bundesgesetz regelt die Sorgfaltspflichten von Unternehmern (§ 1 KSchG), die ein in § 3 Z 1 definiertes Produkt erstmalig auf dem österreichischen Markt in Verkehr bringen (Importeur, § 3 Z 3), und die Verpflichtung von Händlern (§ 3 Z 4), die diese zum Verkauf in Österreich anbieten, in Hinblick auf die Einhaltung des Verbots von Zwangs- und Kinderarbeit entlang der Produktions- und Lieferkette.

(2) Dieses Gesetz gilt für alle Importeure und Händler mit satzungsmäßigem Sitz, Hauptverwaltung, Hauptniederlassung oder einer Niederlassung in Österreich, sofern sie – allein oder in konsolidierter Betrachtungsweise – mindestens zwei der in § 221 Abs. 1 UGB genannten Größenmerkmale überschreiten.

Begriffsbestimmungen

§ 3. Für die Zwecke dieses Gesetzes bezeichnet der Begriff

1. Produkt: Bekleidungsartikel einschließlich Schuhe und Textilien,

2. Inverkehrbringen: jede erstmalige Abgabe von Produkten iSd Z 1 auf dem österreichischen Markt zum Vertrieb im stationären Handel,

3. Importeur ist, wer im Rahmen einer unternehmerischen Tätigkeit ein Produkt iSd Z 1 nach Österreich einführt, um es im Inland in Verkehr zu bringen. Als Importeur gilt auch, wer als erster Unternehmer in der Produktions- und Lieferkette seinen satzungsmäßigen Sitz, seine Hauptverwaltung, Hauptniederlassung oder Niederlassung in Österreich hat; als Inverkehrbringen iSd Z 2 gilt diesfalls die Abgabe durch diesen.

4. Händler ist, wer nicht Importeur ist und in der Lieferkette im Rahmen einer unternehmerischen Tätigkeit ein Produkt iSd Z 1, das bereits iSd Z 2 in Verkehr gebracht ist, auf dem österreichischen Markt verkauft oder zum Vertrieb ankauft.

 

2. Abschnitt

Pflichten des Importeurs

Sorgfaltspflicht

§ 4. (1) Der Importeur von Produkten gemäß § 3 Z 1 hat die Sorgfaltspflicht des Abs. 2 zu erfüllen.

(2) Die Sorgfaltspflicht umfasst folgende Elemente:

a) Risikoanalyse: Der Importeur hat eine Risikoanalyse durchzuführen, in deren Rahmen in angemessener Weise zu ermitteln und zu bewerten ist, ob und welche Risiken bestehen, dass es entlang der Produktions- und Lieferkette zu Verstößen gegen das Zwangs- und Kinderarbeitsverbot kommt. Die Angemessenheit richtet sich insbesondere nach den länder- und sektorspezifischen Risiken, der typischerweise zu erwartenden Schwere und Wahrscheinlichkeit möglicher Verletzungen, der Komplexität der Produktions- und Lieferkette, der Unternehmensgröße des Importeurs, der Art und Unmittelbarkeit seines Beitrags sowie seinen tatsächlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten auf den unmittelbaren Verursacher. 3Werden dem Importeur aufgrund der Risikoanalyse oder in sonstiger Weise Anhaltspunkte für Verletzungen bekannt, hat er anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls eine vertiefte Analyse vorzunehmen, in deren Rahmen gegebenenfalls auch die Betroffenen miteinzubeziehen sind; Satz 2 gilt entsprechend. Die Risikoanalyse ist neu durchzuführen oder zu aktualisieren, soweit dazu Anlass besteht; Satz 2 gilt entsprechend. 5Anlassunabhängig ist sie zumindest jedes Jahr durchzuführen.

b) Folgemaßnahmen: Kann nach der Risikoanalyse gemäß lit. a ein Risiko nicht ausgeschlossen werden, sind gegebenenfalls geeignete und angemessene Maßnahmen zur Prävention zu ergreifen. Außer in Fällen, in denen die Risikoanalyse gemäß lit. a ergibt, dass keine Risiken bestehen oder diese vernachlässigbar sind, sind unverzüglich geeignete und angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um der Verwirklichung der festgestellten Risiken entgegenzuwirken. Lit. a Satz 2 gilt entsprechend.

Dokumentationspflicht

§ 5. (1) Die Einhaltung der Pflichten gemäß § 4 Abs. 2 ist zu dokumentieren. Die Dokumentation ist für mindestens 5 Jahre aufzubewahren.

(2) Die Dokumentation ist den nach § 29 Abs. 1 KSchG klagebefugten Verbänden auf deren Verlangen binnen vier Wochen auszufolgen.

(3) Ist der Importeur gemäß § 243b oder § 267a UGB zur Offenlegung verpflichtet, muss die nichtfinanzielle Erklärung bzw. der gesonderte nichtfinanzielle Bericht auch Angaben über die zur Einhaltung der Pflichten nach § 4 Abs. 2 getroffenen Maßnahmen enthalten.

 

3. Abschnitt

Pflichten der Händler

§ 6. Ein Händler von Produkten gemäß § 3 Z 1 hat den nach § 29 Abs. 1 KSchG klagebefugten Verbänden auf deren Verlangen binnen vier Wochen den Importeur oder seinen jeweiligen Vormann, der das Produkt geliefert hat (Händler oder Importeur), zu benennen.

 

4. Abschnitt

Verbandsklage

Unterlassungsanspruch

§ 7. (1) Verstößt der Importeur gegen § 4 Abs. 2, § 5 Abs. 1 oder Abs. 3, kann er von den in § 29 Abs. 1 KSchG genannten Einrichtungen auf Unterlassung geklagt werden. Sofern der Importeur, der gegen die in Satz 1 genannten Pflichten verstößt auch ein Produkt in Verkehr bringt oder vertreibt, bei dem es entlang der Produktions- und Lieferkette zu Verstößen gegen das Zwangs- und Kinderarbeitsverbot kommt, kann er auf Unterlassung des Inverkehrbringens und Vertriebs geklagt werden. Behauptet ein Unternehmer, dass er nicht als Importeur gehandelt hat, obliegt ihm der Beweis. Die §§ 24 und 25 Abs. 3 bis 7 UWG 1984 sind sinngemäß anzuwenden.

(2) Vertreibt der Händler, der gegen § 6 verstößt, auch ein Produkt, bei dem es entlang der Produktions- und Lieferkette zu Verstößen gegen das Zwangs- und Kinderarbeitsverbot kommt, kann er von den in § 29 Abs. 1 KSchG genannten Einrichtungen auf Unterlassung des Vertriebs geklagt werden. Die §§ 24 und 25 Abs. 3 bis 7 UWG 1984 sind sinngemäß anzuwenden.

(3) Die Gefahr eines Verstoßes besteht nicht mehr, wenn der Unternehmer nach Abmahnung durch eine gemäß § 29 Abs. 1 KSchG klageberechtigte Einrichtung binnen angemessener Frist eine mit angemessener Konventionalstrafe (§ 1336 ABGB) besicherte Unterlassungserklärung abgibt.

Gewinnabschöpfungsanspruch

§ 8. (1) Der Unternehmer, der ein Produkt in Verkehr bringt oder vertreibt, bei dem es entlang der Produktions- und Lieferkette zu Verstößen gegen das Zwangs- und Kinderarbeitsverbot kommt, kann von den in § 29 Abs. 1 KSchG genannten Einrichtungen auf Leistung des nach Maßgabe von Abs. 2 ermittelten Gewinns an den Fonds für soziale Verantwortung von Unternehmen geklagt werden. Als Streitwert iSd §§ 54 ff JN gilt höchstens ein Betrag in Höhe von € 31.000. § 25 Abs. 3 bis 7 UWG 1984 ist sinngemäß anzuwenden.

(2) Als Gewinn gilt die Differenz zwischen Ankaufs- und Verkaufspreis des verkauften Produkts. Zur Ermittlung des Gewinns trifft den Unternehmer eine Auskunftspflicht gegenüber den nach § 29 Abs. 1 klagebefugten Einrichtungen.

(3) Der Anspruch entfällt durch den Nachweis, dass der Unternehmer die ihn treffenden Sorgfaltspflichten gemäß § 4 Abs. 2 beziehungsweise die ihn treffende Benennungspflicht gemäß § 6 eingehalten hat, oder ihn an deren Verletzung kein oder ein nur leichtes Verschulden trifft.

(4) Behauptet ein Unternehmer, dass er nicht als Importeur gehandelt hat, obliegt ihm der Beweis.

(5) Die Verbindlichkeit kann vom Richter gemäßigt oder auch ganz erlassen werden, wenn der Unternehmer seine Pflichten nicht vorsätzlich verletzt hat und ihn die Vorteilsabschöpfung unbillig hart träfe. Für das Vorliegen dieser Umstände ist der Unternehmer behauptungs- und beweispflichtig.

(6) Der Anspruch verjährt fünf Jahre nach Inverkehrbringen oder Vertrieb des Produkts.

§ 9. (1) Die Gerichtsbarkeit in Rechtsstreitigkeiten nach § 7 und § 8 wird durch die Handelsgerichte ausgeübt. § 51 Abs 2 Z 10 und § 83c JN finden sinngemäß Anwendung.

(2) § 7 Abs 2 Satz 1 und § 8 Abs 2 JN sind nicht anzuwenden.

§ 10. (1) Zur besonderen Anerkennung und Förderung von Engagement im Bereich Corporate Social Responsibility sowie zur Förderung der Rechtsdurchsetzung nach diesem Bundesgesetz wird ein Fonds errichtet. Dieser Fonds trägt die Bezeichnung „Fonds für soziale Verantwortung von Unternehmen“. Zuwendungen aus dem Fonds können natürlichen und juristischen Personen gewährt werden, die zur Entwicklung oder tatsächlichen Durchführung von innovativen Maßnahmen, besonderen Aktivitäten oder Initiativen zu Corporate Social Responsibility in Österreich beitragen.

(2) Empfänger/innen von Zuwendungen aus dem Fonds können

1. österreichische Staatsbürger/innen oder Menschen, die ihren ständigen Aufenthalt im Bundesgebiet haben, oder

2. inländische juristische Personen

sein.

(3) Der Fonds ist beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales angesiedelt, dient ausschließlich gemeinnützigen Zwecken und besitzt eigene Rechtspersönlichkeit.

 

5. Abschnitt

Schlussbestimmungen

Vollziehung

§ 11. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betraut.

Inkrafttreten

§ 12. Dieses Bundesgesetz tritt mit 01.01.2019 in Kraft.

In formeller Hinsicht wird beantragt, eine erste Lesung gemäß § 69 Abs. 4 GOG-NR durchzuführen und dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zuzuweisen.

 

 

Begründung

 

Bekleidung wird häufig unter menschenverachtenden Bedingungen produziert obwohl die Konzerne enorme Gewinne schreiben. Diese Vorgehensweise ist nicht nur unmenschlich, sondern bringt durch damit einhergehende Billigproduktion den Standort Europa in Gefahr. Dieses Verhalten darf sich nicht lohnen. Daher wird in Österreich die Möglichkeit geschaffen Verbandsklagen auf Unterlassung des Verkaufs problematischer Produkte und auf Abschöpfung des Gewinnes gegen jene Konzerne zu führen, die sich Kinder und Zwangsarbeit bedienen.

 

Nach dem vorliegenden Gesetz sind Konzerne, die in Österreich Bekleidung vertreiben, verpflichtet darauf zu achten, dass es in ihren Produktions- und Lieferkette nicht zu einer Verletzung fundamentaler Arbeitsrechte (keine Kinderarbeit, keine Zwangs- und Pflichtarbeit zwei wesentliche ILO-Kernarbeitsnormen) kommt. Sie sind demnach verpflichtet ihre Produktions- und Lieferkette zu überprüfen eine Analyse durchzuführen, die erkennbare Verstöße gegen Kinder- und Zwangsarbeitsverbot aufzeigt. Es wird ihnen mit dem Gesetz dahingehend ein erhöhter Pflichtenmaßstab auferlegt.

 

Vertreibt ein Unternehmen dennoch Produkte, bei deren Herstellung diese Regeln verletzt wurden, können Verbände wie etwa der VKI auf Unterlassung des Verkaufs klagen. Das betroffene Unternehmen hat die Möglichkeit die Klage mittels strafbewährter Unterlassungserklärung abzuwenden. Falls das Unternehmen dazu nicht bereit ist, wird ein vom Verband betriebenes Gerichtsverfahren eingeleitet; im Rahmen des Verfahrens wird der behauptete Verstoß gegen das Kinder- und Zwangsarbeitsverbot beurteilt und entschieden, ob der konkrete Artikel weiterhin verkauft werden darf oder nicht

 

Dieses Verfahren entspricht im Wesentlichen dem aus dem Konsumentenschutzrecht bekannten Modell kollektiver Rechtsdurchsetzung durch private enforcement von Verbänden, das auch starke präventive Wirkung hat. Zusätzlich bietet das SZVG die Möglichkeit den Gewinn, den das Unternehmen aus dem Verkauf eines Produktes, das durch Kinder- oder Zwangsarbeit hergestellt wurde, abzuschöpfen. Die Strafen fließen in einen Fonds, der einerseits die klagsbefugten Verbände unterstützt, andererseits NGOs oder Projekte die sich gegen Kinder- und Zwangsarbeit und für faire Produktions- und Arbeitsbedingungen einsetzen.

 

Zu § 3:

1. Produkt (§ 3 Z 1)

Die Definition beschränkt den (persönlichen) Anwendungsbereich des Gesetzes auf Importeure und Händler der angeführten Produkte. Klargestellt wird, dass unter „Textilien“ iS eines weiten Begriffsverständnisses jede Art von Bekleidung und Stoffen, insbesondere auch Teppiche zu subsumieren sind.

 

Die Einschränkung auf bestimmte Produkte (Bekleidungsartikel einschließlich Schuhe, Textilien) ist insbesondere den anhaltenden Missständen und Katastrophen im Textilsektor, der verstärkten medialen Berichterstattung zu Fällen der jüngeren Vergangenheit und dem damit speziell in Hinblick auf die genannten Produkte einhergehenden Vertrauensverlust österreichischer KonsumentInnen geschuldet.

 

Dabei wird nicht übersehen, dass menschenrechtliche Risiken eine ungleich breitere Palette von Fallgruppen umfassen. Mit der vorgesehenen Einschränkung auf das Inverkehrbringen bzw. den Verkauf von Produkten auf dem österreichischen Markt lässt sich jedoch nach dem Vorbild der EU-HolzhandelsVO (und dem PHG) ein Regelungsansatz gestalten, der im Rahmen der Kompetenz des österreichischen Gesetzgebers am ehesten verspricht, eine effiziente Rechtsdurchsetzung mittels Kollektivrechtsschutz zu gewährleisten.

 

2. Inverkehrbringen (§ 3 Z 2)

Der Begriff des Inverkehrbringens ist zentral, weil er Bezugspunkt für die Definition des Importeurs nach Z 3 ist und somit als Anknüpfungspunkt für die besondere Sorgfaltspflicht des Importeurs nach § 4 und der Unterlassungsklage nach § 7 Abs 1 dient. Er ist zugleich Ausdruck der primären Zielsetzung des Gesetzes, die Kollektivinteressen österreichischer VerbraucherInnen in Hinblick auf den Kauf von Produkten zu schützen. Die Definition orientiert sich an Art 2 lit b EU-Holzhandels-VO.

 

Z 2 stellt auf das erstmalige Inverkehrbringen iSe Einführung in den österreichischen Wirtschaftskreislauf ab. Die Definition weicht damit bewusst von jener in § 6 PHG ab, der im Produkthaftungsrecht eine deutlich andere Zielrichtung verfolgt. So kann es – anders als nach PHG – nicht zu einem „mehrfachen“ Inverkehrbringen eines Produkts auf verschiedenen Absatzstufen kommen. Umgekehrt gilt auch das – durch die EuGH-Jud ohnehin aufgeweichte – „Werktorprinzip“ nicht. So stellt nicht nur die Abgabe von Produkten an (Zwischen-)Händler oder (rechtlich selbständige) verbundene Konzern- oder Tochtergesellschaften ein Inverkehrbringen dar, sondern nach dem Normzweck – in Durchbrechung des Trennungsprinzips – ggf. auch eine etwaige Auslieferung an (rechtlich unselbständige) Zweigniederlassungen.

Irrelevant ist – iSe weiten Begriffsverständnisses und zur Vermeidung sachfremder Differenzierung – ob das Inverkehrbringen durch eine Abgabe direkt an (End-)verbraucher erfolgt, an (Zwischen-)Händler in der Absatzkette oder aber an Unternehmer, die das Produkt in ihrem Unternehmen verwenden oder weiterverarbeiten. Voraussetzung ist allerdings, dass

(1) das Inverkehrbringen zum Betrieb des Unternehmens gehört (iSd Definition des Unternehmers in § 1 Abs 1 Z 1 KSchG; vgl. bereits § 1: „UnternehmerInnen [§ 1 KSchG]“), und

(2) die Abgabe des Produkts auf dem österreichischen Markt „zum Vertrieb im stationären Handel“ erfolgt.

 

Nicht umfasst ist der (reine) Online-Handel; in diesem Fall dürfte es freilich zumeist auch an einer „Niederlassung“ iSd § 2 Abs 2 in Österreich fehlen. Entscheidend ist – abweichend von der Definition in § 1 Abs 2 KSchG („mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein“) – eine Gewinnerzielungsabsicht im weitesten Sinn. Die Vertriebsabsicht muss sowohl im Zeitpunkt des Inverkehrbringens (der „Abgabe“) vorliegen, als auch ggf. (arg Z 3: „um es im Inland in Verkehr zu bringen“) im Zeitpunkt der Einfuhr nach Österreich. Sie tritt als – zur allgemeinen Unternehmereigenschaft – zusätzliches Erfordernis für die Pflichten des Importeurs nach § 4 hinzu. Die Vertriebsabsicht bei der Einfuhr nach Österreich wird bei Importfirmen iaR gegeben sein, soweit sie innerhalb ihres Geschäftsbereichs tätig sind, nicht aber z.B. bei Spediteuren und Frachtführern. Nicht zum Vertrieb eingeführt (und in Verkehr gebracht) sind ferner Produkte, die der Unternehmer privat verschenken oder die er für seinen (auch: unternehmerischen) Eigenbedarf verwenden will. Die Regelung ist (wie nach PHG) als „Haftungsausschluss“ konzipiert; die Vertriebsabsicht ist sowohl im Zeitpunkt der Einfuhr nach Österreich als auch bei Inverkehrbringen zu vermuten, die Beweislast für ihr Fehlen obliegt dem Importeur (§ 7 Abs 1 Satz 3, § 8 Abs 4).

Grund für das Zusatzerfordernis der Vertriebsabsicht ist, dass der Auferlegung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten und im Besonderen der „Sanktion“ einer pauschalierten Gewinnabschöpfung im Verstoßfall (§ 8) die typisierende Annahme zugrunde liegt, dass inländische und EU-Unternehmer von billigen Produktionsbedingungen im EU-Ausland und damit (zumindest mittelbar: auch) von niedrigen arbeitsrechtlichen Standards profitieren. Damit folgt der hier eingeschlagene Regelungsansatz dem zivilrechtlichen Grundprinzip „guter Tropfen – böser Tropfen“, der auch dem (durchaus verwandten) Konzept der Gefährdungshaftung zugrunde liegt und sich somit friktionsfrei in das System des österreichischen Zivilrechts einfügt. Das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht ist als Element einer „Haftungsbefreiung“ folglich auch zentral für die innere Rechtfertigung der Gewinnabschöpfungsklage nach § 8.

 

Mit dem (haftungs-)einschränkenden Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht wird ferner sichergestellt, dass etwa – ohne Gewinnerzielungsabsicht handelnde – gemeinnützige juristische Personen nicht Pflicht- und Haftungsadressat des vorliegenden Gesetzesvorschlags sind; ebenso wenig juristische Personen des öffentlichen Rechts, die gem. § 1 Abs 2 S 2 KSchG stets als Unternehmer gelten und daher andernfalls ggf. vom Anwendungsbereich des Gesetzes erfasst wären. Da kumulativ auf das Vorliegen von Gewinnerzielungsabsicht und Unternehmereigenschaft abgestellt wird, fallen – hier schon auf der Ebene der Unternehmereigenschaft iSd § 1 Abs 2 KSchG sowie aufgrund der Einschränkung auf bestimmte Größenklassen – ferner Fälle der kommerziellen Kleinstproduktion nicht unter das Gesetz, z.B. der grenzüberschreitende Internet-Ankauf von Textilien durch eine Hausfrau, die auf Bestellung und gegen Entgelt für ein Fest T-Shirts bedruckt/bemalt oder nach einem Häkelkurs Schals verkauft. Eine Erfassung derartiger Fälle ist mit dem vorliegenden Gesetzesvorschlag naturgemäß nicht intendiert.

 

3. Importeur (§ 3 Z 3)

Der Importeur iSd Z 3 ist – anders als der Händler (Z 4) – Adressat der unternehmerischen Sorgfaltspflicht (§ 4) und als solcher auch (primärer) Adressat der Verbandsklagen des 4. Abschnitts (§§ 7 f). Klargestellt ist („im Rahmen einer unternehmerischen Tätigkeit“, vgl. bereits § 2: „UnternehmerInnen [§ 1 KSchG]“), dass nur Unternehmer als Importeure iSd Definition anzusehen sind. Dies wird nach § 7 Abs 1 Satz 3, § 8 Abs 4 vermutet. Die Definition ist an § 3 Z 5 PSG 2004 angelehnt. Parallelen bestehen ferner zu § 1 Abs 1 Z 2 PHG 1988, der – vor dem Beitritt Österreichs zum EWR bzw. zur EU – eine Produkthaftung jenes inländischen Unternehmers vorsah, der das Produkt zum Vertrieb nach Österreich eingeführt und hier in Verkehr gebracht hat.

 

Der Begriff des Importeurs besteht aus zwei Elementen: der Einfuhr eines Produkts (iSd Z 1) nach Österreich und dem (bezweckten) Inverkehrbringen im Inland. Für die Einfuhr kommt es auf den tatsächlichen Import an; zollrechtliche Begriffe sind dabei unerheblich. Die offene Formulierung zum Inverkehrbringen („um es im Inland in Verkehr zu bringen“) stellt sicher, dass die Passivlegitimation des Importeurs für die auf Unterlassung gerichtete Verbandsklage nach § 7 nicht von einem tatsächlich bereits erfolgten Inverkehrbringen im Inland abhängt. Umgekehrt liegt demnach beim bloßen Transit durch Österreich – ohne Absicht, das Produkt auf dem österreichischen Markt in Verkehr zu bringen – keine Einfuhr iSd Z 3 vor. Für die mangelnde Absicht zum Inverkehrbringen (daher iSd Z 2 vor allem auch: „zum Vertrieb“) ist – schon aus Gründen der Beweisnähe – der Importeur im Verfahren behauptungs- und beweispflichtig (s dazu die Beweislastregel in § 7 Abs 1 Satz 3).

 

In Hinblick auf die Beschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs stellt Satz 2 klar, dass als Importeur stets der erste Unternehmer in der Vertriebskette anzusehen ist, der iSd § 2 Abs 2 seinen Sitz, Hauptverwaltung, Hauptniederlassung oder Niederlassung in Österreich hat; auf den (bzw. die Beteiligung am) tatsächlichen Importvorgang kommt es damit nicht entscheidend an. Dieses Verständnis ist unmittelbar dem telos der mit diesem Gesetz vorgeschlagenen Pflichtenbindung und Haftung des Importeurs geschuldet, wonach – in Hinblick auf die Schwierigkeiten zur Einführung menschenrechtsbezogener Sorgfaltspflichten (EU-)ausländischer Unternehmen – zumindest im Rahmen der Kompetenz des österreichischen Gesetzgebers nach Möglichkeit sichergestellt werden soll, dass keine Produkte am österreichischen Markt in Verkehr gebracht werden, die unter Verstoß gegen das Kinder- und Zwangsarbeitsverbot hergestellt oder vertrieben werden. Dieser Zwecksetzung liefe eine Auslegung, wonach es auf einen Einfuhrvorgang aus der Sicht der Warenherkunft ankommt, evident zuwider.

 

4. Händler (§ 3 Z 4)

Der Händler iSd Z 4 unterliegt – anders als der Importeur (Z 3) – keiner eigenen menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht; ihn trifft gem. § 6 lediglich die Pflicht zur Benennung des Importeurs oder seines unmittelbaren Vormanns (Händler oder Importeur). Im Verein mit dem korrespondierenden Informationsanspruch der nach §§ 7 f klagsberechtigten Verbände soll damit sichergestellt werden, dass (letztlich) der Importeur als primärer Sorgfaltspflichten- und Haftungsadressat eruiert werden kann. Ein Verstoß gegen die in § 6 normierte Pflicht kann allerdings zur Verbandsklage auf Unterlassung des Vertriebs von Produkten führen, bei denen es zu Verstößen gegen das Zwangs- und Kinderarbeitsverbot kommt (§ 7 Abs 2) sowie – bei grobem Verschulden – zur Haftung des Händlers auf die Gewinnabschöpfung nach § 8. Die vergleichsweise scharfe Sanktion dient der Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit in der Lieferkette.

 

Die Definition orientiert sich an Art 2 lit d EU-Holzhandels-VO. Sie stellt ferner klar, dass in Hinblick auf die Ausweitung des Importeur-Begriffs in Z 3 S 2 der Händlerbegriff eine streng subsidiäre Kategorie ist: Ein Unternehmer kann daher nur entweder Importeur sein oder Händler. Der erste Unternehmer in der Vertriebskette mit einer Niederlassung in Österreich gilt stets als Importeur. Jeder unternehmerische „Nachmann“ in der Absatzkette ist Händler iSd Z 4. Dies gilt in Hinblick auf die ohnehin nur eingeschränkte Pflichtenbindung des Händlers gem. § 6 unabhängig von der Absatzstufe (Weiterverkauf an Händler, Endverbraucher), aber auch in Fällen, wo vor Weiterverkauf eine Verarbeitung des Produkts stattfindet. Klargestellt ist freilich, dass der Ankauf „zum Vertrieb im stationären Handel“ erfolgen muss (zum Begriff s oben); ein tatsächliches Inverkehrbringen ist dagegen nicht erforderlich. Kein Händler ist demnach ein Unternehmer, der das Produkt zur Eigennutzung im Unternehmen selbst anschafft; ebenso wenig ein Frachtführer oder Spediteur, der bloß den Transport durchführt. Ihn trifft keine Auskunftspflicht gem. § 6 und keine Haftung auf die Gewinnabschöpfung nach § 8.

 

Händler iSd Z 4 kann ferner naturgemäß nur ein Unternehmer iSd § 1 KSchG sein, kein Verbraucher (vgl. bereits § 2 Abs 1).

Zu § 4:

 

§ 4 regelt die Sorgfaltspflicht des Importeurs in Bezug auf etwaige Verstöße gegen das Zwangs- und Kinderarbeitsverbot entlang der Lieferkette. Diese setzt sich aus zwei Kernelementen zusammen: Risikoermittlung und -bewertung (lit a) und Folgemaßnahmen (lit b). Das Konzept – Risikoanalyse und ggf. Folgemaßnahmen (Prävention und Abhilfe; Risikominderung und -verhinderung) – basiert auf den (operativen) UN-Leitprinzipien 17 ff.

 

Zu § 5:

 

§ 5 Abs 1 normiert in Hinblick auf die Einhaltung der Sorgfaltspflichten gem. § 4 Abs 2 eine Dokumentationspflicht des Importeurs, und flankiert diese in Abs 2 mit einem entsprechenden Herausgabeanspruch der nach §§ 7 und 8 klagebefugten Verbände, der ggf. mittels Leistungsklage (§ 226 ZPO) durchsetzbar ist.

 

Abs 3 erweitert die durch das NaDiVeG eingeführten Offenlegungspflichten gem. § 243b, § 267a UGB um Angaben zu den nach § 4 Abs 2 getroffenen Maßnahmen.

 

1. Dokumentation (Abs 1)

Der verpflichtenden Dokumentation der Einhaltung der Sorgfaltspflicht kommt in praktischer wie rechtlicher Hinsicht insbesondere mit Blick auf die Rechtsdurchsetzung eine Schlüsselfunktion zu. Sie dient nicht zuletzt dem Interesse des Importeurs, die Einhaltung der Sorgfaltspflichten gem. § 4 Abs 2 nachweisen und sich von der in § 8 normierten „Gewinnhaftung“ befreien zu können sowie den gem. § 7 Abs 1 Satz 2 an einen Verstoß geknüpften Anspruch auf Unterlassung des Inverkehrbringens und Vertriebs zu vermeiden. Umgekehrt kann eine vom Verband im Prozess beantragte Vorlage der Urkunde aufgrund des in § 5 Abs 2 normierten Herausgabeanspruchs nicht verweigert werden (§ 304 Abs 1 Z 2 ZPO).

Die Dokumentation hat konkret und in für Dritte nachvollziehbarer (daher auch: ausreichend ausführlicher) und (grob) überprüfbarer Weise sämtliche Schritte der Risikoanalyse (Ermittlung und Bewertung; § 4 Abs 2 lit a) und darzustellen, welche Maßnahmen getroffen wurden (Prävention und Risikoverhinderung/-minderung; § 4 Abs 2 lit b). Dabei sind die einzelnen Schritte und Maßnahmen unter Hinweis auf etwaig in Betracht gezogene Handlungsalternativen darzulegen und zu erläutern.

In Satz 2 wird eine Pflicht zur Aufbewahrung der Dokumentation für zumindest fünf Jahre normiert.

 

2. Herausgabeanspruch (Abs 2)

Den Importeur trifft die Verpflichtung, die Dokumentation den nach §§ 7 f klagebefugten Verbänden auf deren Verlangen binnen vier Wochen auszufolgen. Die Bestimmung ist der Herausgabepflicht des AGB-Verwenders hinsichtlich der von ihm verwendeten oder empfohlenen AGB nach § 28 Abs 3 KSchG nachgebildet und bezweckt eine Erleichterung der Rechtsdurchsetzung aufseiten des Verbands. Das Verlangen wird – knapp – zu begründen sein. Abweichend von § 28 Abs 3 KSchG ist jedoch keine Glaubhaftmachung erforderlich, dass die Vorlage der Dokumentation für eine konkrete Interessenwahrung nötig ist; dies ist vielmehr in Ansehung des öffentlichen Interesses an der Hintanhaltung des Inverkehrbringens von Produkten, bei denen es entlang der Lieferkette zu Verstößen gegen das Zwangs- und Kinderarbeitsverbot kommt, auf dem österreichischen Markt im vorliegenden Kontext unwiderleglich zu vermuten.

Die Herausgabe ist im Zivilrechtsweg mittels Leistungsklage (§ 226 ZPO) durchsetzbar. Dabei handelt es sich nicht um eine abschließende Regelung der Rechtsfolgen iZm Verletzungen der Dokumentationspflicht. Auch eine Verpflichtung zur (separaten oder vorherigen) außergerichtlichen und/oder gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs besteht nicht. Der Verband kann vielmehr alternativ oder zusätzlich auf Unterlassung gem. § 7 Abs 1 Satz 1 klagen, und solcherart – bei Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs (insbesondere Wiederholungsgefahr, s § 7 Abs 2) – eine Verurteilung zur Einhaltung der Dokumentationspflicht für die Zukunft erwirken.

 

3. Offenlegung (Abs 3)

Das am 6.12.2016 in Kraft getretene NaDiVeG verpflichtet bestimmte Unternehmer in Umsetzung der CSR-Richtlinie zur Offenlegung einer nichtfinanziellen Erklärung oder eines gesonderten Berichts (u.a.) in Hinblick auf menschenrechtliche Belange (§ 243b, § 267a UGB). In Hinblick auf den sehr engen persönlichen Anwendungsbereich der Offenlegungsbestimmungen (über 500 Arbeitnehmer, Größenmerkmale gem. § 221 Abs 3 UGB, vor allem aber: Unternehmen von öffentlichem Interesse) scheint sich eine nur in Hinblick auf große kapitalmarktorientierte Unternehmen in Betracht kommende Überlappung der Anwendungsbereiche auf eine eher überschaubare Anzahl von Fällen beschränken. Hinzu kommt, dass der vorliegende Gesetzesentwurf auf die in § 3 Z 1 genannten Produktgruppen beschränkt ist, was den Überschneidungsbereich noch weiter reduzieren dürfte. Dennoch liegt es nahe, aufgrund der Sachnähe und dem – zumindest zum Teil – vergleichbaren Regelungsproblem eine Harmonisierung herbeizuführen, zumal eine Veröffentlichung der Angaben zur konkreten Einhaltung der Sorgfaltspflicht gem. § 4 Abs 2 im Rahmen der Rechnungslegung nach § 243b UGB typischerweise auch in Hinblick auf Informationsbedürfnis und Interesse der Investoren bzw. Kapitalgeber des Importeurs sowie sonstiger Stakeholder von Interesse ist.

 

Dementsprechend wird eine Aufnahme der Angaben über die zur Einhaltung der Pflichten nach § 4 Abs 2 getroffenen Maßnahmen in die nichtfinanzielle Rechnungslegung angeordnet. Damit sollte aus Unternehmersicht kein Mehraufwand einhergehen, zumal die nach § 4 Abs 2 einzuhaltende Sorgfaltspflicht ohnehin bereits gem. § 5 Abs 1 für die Zwecke des SZVG zu dokumentieren ist. Dabei geht sowohl die nach § 4 Abs 2 lit a durchzuführende Risikoanalyse in Hinblick auf die erfassten Produktgruppen iaR weiter als die Pflichten nach § 243b UGB; dasselbe gilt hinsichtlich der nach § 4 Abs 2 lit b zu treffenden Folgemaßnahmen, da sich § 243b UGB auf eine Offenlegungsverpflichtung beschränkt.

 

Zu § 6:

 

Die Bestimmung regelt die Pflichten des Händlers (§ 3 Z 4); sie ist an Art 5 EU-Holzhandels-VO angelehnt. Der Händler als (etwaig) nachgelagertes Glied in der Absatzkette unterliegt – anders als der Importeur (§ 3 Z 3) – keiner eigenen Sorgfaltspflicht, um Doppelgleisigkeiten bei der Prüfung und unnötigen Verwaltungsaufwand sowie eine übergebührliche Belastung der Händler zu vermeiden. Er muss– nur, aber immerhin – in der Lage sein, den Importeur oder seinen unmittelbaren Vormann (Händler oder Importeur) zu benennen.

Die Verpflichtung zur Informationserteilung an die nach §§ 7 f klagsberechtigten Verbände soll sicherstellen, dass (letztlich) der Importeur als primärer Sorgfaltspflichten- und Haftungsadressat eruiert werden kann. Sie entsteht mit dem – außergerichtlichen oder gerichtlichen – Verlangen des Verbands und ist – anders als nach § 1 Abs 2 PHG – keine bloße Obliegenheit, sondern Rechtspflicht, die von den Verbänden auf dem Zivilrechtsweg durchsetzbar ist. Die Länge der Frist wird aus Rechtssicherheitsgründen pauschal mit vier Wochen festgelegt; damit wird den Bedenken gegen die in den Mat zum PHG für Durchschnittsfälle angegebene „angemessene Zeit“ von zwei Wochen Rechnung getragen.

 

Der Händler hat die Wahl, ob er den Importeur oder seinen unmittelbaren Zulieferer nennt; der Verband kann die Wahlmöglichkeit in seinem Verlangen nicht beschränken. In der Sache hat die Benennung zumindest den Namen einschließlich Rechtsform sowie Adresse zu umfassen. Im Einzelfall wird der Händler auch gezwungen sein, Einzelheiten des Bezugs mitzuteilen, sofern dies zur Nachvollziehbarkeit der Lieferkette und Anspruchsverfolgung durch den Verband nach §§ 7 f erforderlich ist. Nachforschungspflichten des Händlers bestehen allerdings nicht. Vielmehr wird es ausreichen, wenn er jene Angaben macht, die bei der Lieferung an ihn zutreffend waren; nachträgliche Änderungen muss er nur bei Kenntnis mitteilen.

Ein Verstoß gegen die in § 6 normierte Pflicht hat zur Folge, dass den Verbänden ein mittels Verbandsklage durchsetzbarer Anspruch auf Unterlassung des Vertriebs von Produkten, bei denen es entlang der Lieferkette zu Verstößen gegen das Kinder- und Zwangsarbeitsverbot kommt, zusteht. Bei grobem Verschulden besteht ferner nach § 8 eine Haftung des Händlers auf die Gewinnabschöpfung. Die aus generalpräventiven Erwägungen vergleichsweise scharfe Sanktion trägt der zentralen Bedeutung der Rückverfolgbarkeit in der Lieferkette für die Rechtsdurchsetzung Rechnung.

 

Zu § 7:

 

Der (Effektivität der) Rechtsdurchsetzung kommt eine Schlüsselfunktion zu. Dies gilt im Besonderen für das hier adressierte Regelungsproblem unternehmerischer Verantwortlichkeit. Bisherige Initiativen auf internationaler und europäischer Ebene, die auf die Einhaltung bestimmter Standards im Rahmen der Wertschöpfungskette gerichtet sind und menschenrechtliche Sorgfaltspflichten verlangen, haben sich in der Vergangenheit als nicht ausreichend effektiv erwiesen, weil es ihnen an ausreichender Verbindlichkeit und/oder praktischer Durchsetzbarkeit fehlt. Daneben können Opfer zwar nach geltender Rechtslage Ansprüche gegen Unternehmen geltend machen; dies passiert jedoch in der Praxis so gut wie nie und erscheint daher nicht geeignet, den materiellen Pflichten ausreichend Durchschlagskraft zu verleihen und eine ausreichende Steuerungsfunktion für unternehmerisches Handeln zu erfüllen.

Der vierte Abschnitt des Entwurfs (§§ 7 ff) sieht für die Rechtsdurchsetzung ein Verbandsklagsmodell vor und normiert einen Anspruch der Verbände auf Unterlassung (§ 7) und Gewinnabschöpfung (§ 8). Verbandsklagen haben sich – abseits einer möglichen verwaltungsrechtlichen Sanktionierung (public enforcement) – als Mittel präventiver Marktkontrolle gerade im verbraucherschutzrechtlichen Bereich in der Vergangenheit bewährt. Sie leisten sowohl im Bereich des AGB-Rechts (§ 28 KSchG) als auch bei unzulässigen Geschäftspraktiken (§ 28a KSchG) und im UWG (§§ 14 f UWG) einen wesentlichen Beitrag zur Rechtsentwicklung und Rechtsdurchsetzung. Die Unterlassungsklage nach § 7 fügt sich insofern friktionsfrei in das österreichische Recht ein. Ein Novum stellt der in § 8 geregelte Anspruch auf Abschöpfung des Unrechtsgewinns dar, der sich eng an § 10 dUWG und § 34a dGWB orientiert und dem ein klarer (General-)Präventionszweck zukommt.

Der Gesetzesentwurf adressiert das Regelungsproblem unternehmerischer Sorgfaltspflichten primär aus dem Blickwinkel einer Beeinträchtigung der kollektiven Interessen österreichischer VerbraucherInnen, deren Vertrauen in die Einhaltung des Kinder- und Zwangsarbeitsverbots entlang der Lieferkette wiederhergestellt bzw. gestärkt werden soll. Dementsprechend soll – analog zum Regelungsansatz der EU-Holzhandels-VO – nach Möglichkeit sichergestellt werden, dass Produkte, bei denen es entlang der Lieferkette zu Verstößen gegen das Kinder- und Zwangsarbeitsverbot kommt, nicht auf dem österreichischen Markt in Verkehr gebracht und vertrieben werden.

Der damit verfolgte marktbezogene Ansatz ist eng mit der angestrebten Effektuierung der Rechtsdurchsetzung durch Kollektivrechtsschutzinstrumente verknüpft. Insbesondere dem in § 8 normierten Gewinnabschöpfungsanspruch liegt die Erwägung zugrunde, dass einem (in der Terminologie der Gefährdungshaftung: erlaubten) Profitieren von günstigeren Produktionsbedingungen infolge oftmals niedrigerer menschen- und arbeitsrechtlicher Standards in Drittstaaten (als „guter Tropfen“) eine pauschalierte Gewinnabschöpfung (als „böser Tropfen“) gegenüber steht, sollte sich herausstellen, dass es dabei zu Verstößen gegen das Zwangs- und Kinderarbeitsverbot entlang der Lieferkette kommt . Eine reine Erfolgshaftung geht damit aber im Ergebnis nicht einher: So fungiert die Einhaltung der in § 4 Abs 2 normierten Sorgfaltspflicht (für den Importeur) bzw. der in § 6 normierten Benennungspflicht (für den Händler) nach der Systematik des Gesetzes als Befreiungs- bzw. Ausschlusstatbestand; sie schließt vor allem die grundsätzlich bereits an das bloße Inverkehrbringen bzw. den Vertrieb der Produkte geknüpfte Gewinnabschöpfung nach § 8 aus.

 

Zu § 8:

 

§ 8 Abs 1 sieht vor, dass die abgeschöpften Beträge einem beim Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz angesiedelten Fonds zufließen. Dieser Fonds vergibt Förderungen für Organisationen, die sich im Bereich Corporate Social Responsibility engagieren. Dazu zählt iS der auf eine Förderung der Rechtsdurchsetzung abzielenden Zweckwidmung des Fonds insbesondere auch die Förderung der klagsbefugten Verbände gem. §§ 7 f.

Die damit verwirklichte indirekte Beteiligung des klagsbefugten Verbands am abgeschöpften Gewinn und der damit verbundene Risikoausgleichsmechanismus sollten eine ausreichende wirtschaftliche Anreizwirkung zur Klagstätigkeit auf Verbandsseite sicherstellen. Sie vermeiden die Schwächen des Konzepts einer reinen Drittbegünstigung nach § 10 dUWG und § 34a dGWB, das in der deutschen Lehre starke Kritik erfahren hat.

 

Zu § 9:

 

Für die sachliche Zuständigkeit empfiehlt sich in Hinblick auf das Vorhandensein fachlicher Expertise und Erfahrung eine Beibehaltung der bisherigen Konzentration der Verbandsklagen bei den Gerichtshöfen erster Instanz als Handelsgerichten (§ 51 Abs 2 Z 10 JN). § 9 Abs 1 enthält daher eine eigene Zuständigkeitsregel nach dem Vorbild der Verbandsklage nach § 85a AMG, die für Klagen nach §§ 7 und 8 – wie für die sonstigen Verbandsklagen im österreichischen Recht – eine (streitwertunabhängige) Eigenzuständigkeit der Handelsgerichte anordnet. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach § 83c JN. Als (rein regelungstechnische) Alternative kommt eine Ergänzung in § 51 Abs 2 Z 10 JN in Betracht, der in der derzeitigen Fassung auf Verbandsklagen gem. § 14 UWG, §§ 28-30 KSchG und § 460 UGB beschränkt ist, etwa durch Einfügung des Passus „und nach den §§ 7 und 8 SZVG“ im Anschluss an die Formulierung „nach den §§ 28 bis 30 des Konsumentenschutzgesetzes“.

Abs 2 sieht analog zu § 30 Abs 2 KSchG für die Verbandsklagen nach §§ 28 ff KSchG vor, dass § 7 Abs 2 Satz 1 und § 8 Abs 2 JN nicht anzuwenden sind, sodass eine Mitwirkung fachmännischer Laienrichter aus dem Handelsstand ausscheidet (Entscheidung durch einen Senat aus drei Berufsrichtern).