348/A(E) XXVI. GP

Eingebracht am 26.09.2018
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

der Abgeordneten Nikolaus Scherak, Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Verbesserung der Unabhängigkeit, Qualität und Transparenz der Verwaltungsgerichtsbarkeit

Die Einrichtung eines zweistufigen Verwaltungsgerichts-Systems durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 war eine bedeutende Entwicklung für das Österreichische Justizsystem. In den vergangen vier Jahren haben sich allerdings auch zahlreiche Mängel und Verbesserungspotential herauskristallisiert.

Insbesondere das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) sieht sich derzeit verstärkt Kritik an seiner Unabhängigkeit und Transparenz ausgesetzt. Bereits im März letzten Jahres wurden, im Rahmen der Entscheidung zur 3. Piste in Schwechat, Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wegen Verdacht des Amtsmissbrauches gegen zwei beteiligte Richter eingeleitet. Vor kurzem wurde außerdem bekannt, dass die WKStA Ermittlungen gegen den Gerichtspräsidenten führt. Dieser soll Bedienstete des BVwG angewiesen haben, in ihrer Dienstzeit Artikel für ein privates Fachmagazin zu bearbeiten. Des Weiteren steht die Besetzungspolitik an den Verwaltungsgerichten, inklusive potentieller politischer Einflussnahme, insbesondere durch die Praxis der sogenannten Kreuzreihung, schon seit langem in der Kritik. Auch hier verfasste die WKStA nach Prüfung des Anfangsverdachtes bereits einen Vorhabensbericht. Darüber hinaus bestehen Zweifel über die ausreichende Qualifikation von angehenden Verwaltungsrichter_innen. Viele Kandidat_innen bringen zwar exzellentes materielles Fachwissen aus der Verwaltungspraxis mit, verfügen aber über keinerlei Erfahrung an einem Gericht. Aus diesem Grund wären eine vertiefte und grundlegende Ausbildung und Heranführung an das Richteramt ratsam.

Probleme wie diese könnten Zweifel an der Unabhängigkeit der Verwaltungsgerichte sowie an der Qualität ihrer Entscheidungen aufkommen lassen. Aus rechtsstaatlicher Sicht ist daher eine Reihe von Verbesserungsmaßnahmen nötig, um die Unabhängigkeit, Professionalität und Transparenz der österreichischen Verwaltungsgerichtsbarkeit zu gewährleisten. Die Einführung eines spezifischen Ausbildungslehrganges für Richter_innen der Verwaltungsgerichte, die Stärkung der Personalsenate bzw. Personalausschüsse bei deren Auswahl, sowie Transparenz der Auswahlentscheidung wären hierbei die wichtigsten Schritte. Weiters muss das Prinzip öffentlicher Verhandlungen für die Verwaltungsgerichte gewährleistet sowie die Dienstvoraussetzungen an jene der Richter_innen an den ordentlichen Gerichten angeglichen werden. Die Notwendigkeit dieser Maßnahmen wurde bereits im Evaluierungsbericht der Group Of States Against Corruption (GRECO) des Europarates ausdrücklich erwähnt.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz wird aufgefordert, einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der die Angleichung der Auswahl, Ausbildung und Dienstvoraussetzungen von Verwaltungsrichter_innen an jene der ordentlichen Richter_innen vorsieht, sowie Vereinheitlichungen im Dienstrecht der Landesverwaltungsrichter_innen und die Einführung eines transparenten Auswahlprozesses enthält. Des Weiteren soll der Entwurf die einschlägigen Anregungen des vierten GRECO Evaluierungsberichts berücksichtigen.

Der Gesetzesentwurf soll dabei insbesondere folgende Punkte beinhalten:

·        Eine eindeutige Regelung der Vorauswahl von Verwaltungsrichterkandidat_innen anhand objektivierbarer, standardisierter Kriterien.

·        Die Verbindlichkeit der Besetzungsvorschläge der Personalsenate bzw. Personalausschüsse bei der Ernennung von Verwaltungsrichter_innen.

·        Die verpflichtende, öffentliche Begründung der Ernennung oder Ablehnung von Bewerber_innen für Verwaltungsrichter_innenstellen.

·        Die Einbindung der Personalsenate bzw. Personalausschüsse bei der Ernennung der Gerichtspräsident_innen bzw. Vizepräsident_innen.

·        Öffentliche Hearings vor der Besetzung der Posten des/der Gerichtspräsidents/-in und des/der Vizepräsidents/-in.

·        Die Einführung eines Systems periodischer Leistungsbeurteilung von Richter_innen, einschließlich der Gerichtspräsident_innen, und die Berücksichtigung der Resultate solcher Beurteilungen vor allem für die Karriereentwicklung.

·        Ein bundeseinheitlich vorgegebener Rahmen für das Dienst- und Disziplinarrecht der Landesverwaltungsrichter_innen mit dem Ziel, die größtmögliche Unabhängigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu gewährleisten.

·        Ein Ausbildungslehrgang für Interessent_innen und neu ernannte Verwaltungsrichter_innen.

·        Einen Berufsverhaltenskodex, der insbesondere Verhaltensregeln bei Geschenkannahme, Interessenkonflikten und Pensionsaktivitäten beinhaltet.

·        Weiters ist die Öffentlichkeit von Verfahren in der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu garantieren und lediglich eine begrenzte Anzahl von klar definierten Ausnahmemöglichkeiten festzulegen."

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verfassungsausschuss vorgeschlagen.