390/A(E) XXVI. GP

Eingebracht am 26.09.2018
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Dr. Harald Troch und GenossInnen

betreffend die gravierende Verschlechterung der Menschenrechtssituation in Ägypten seit der Machtübernahme durch Abdel Fattah Al-Sisi

 

Amnesty International hat schwere Menschenrechtsverstöße durch das ägyptische  Regime aufgezeigt.

Auch die deutsche Heinrich-Böll-Stiftung hat jüngst festgestellt, dass sich die Menschenrechtssituation in Ägypten seit der Machtübernahme durch Abdel Fattah Al-Sisi gravierend verschlechtert habe.

 

Die ägyptische Initiative für Persönlichkeitsrechte (EIPR) und das ADALAH-Zentrum für Recht und Freiheit stellen in ihrem gemeinsamen Jahresbericht zur Todesstrafe fest, dass nach ägyptischem Recht – einschließlich Strafgesetzbuch, Drogengesetzen, Militärrecht und Anti-Terror-Gesetzen – die Todesstrafe für mehr als 100 Straftaten verhängt werden kann. Dem Bericht zufolge wurden 2017 mindestens 340 Menschen zum Tode verurteilt, darunter 71 ZivilstInnen von Militärgerichten. Mindestens 29 Menschen wurden hingerichtet.

 

Angemerkt sei in diesem Zusammenhang, dass der österreichische Nationalrat auf Initiative des Menschenrechtsausschusses mehrmals die österreichische   Bundesregierung aufgefordert hat, weltweit aktiv gegen die Todesstrafe aufzutreten.

 

Weitere dramatische Punkte:

Zehntausende Menschen sind als politische Gefangene in Ägypten in Haft. Im Oktober 2014 unterzeichnete Al-Sisi ein Dekret, das die Zuständigkeit von Militärgerichten ausdehnt. Seitdem wurden in unfairen Prozessen tausende ZivilstInnen von Militärgerichten angeklagt.

Der UN-Kommissar für Menschenrechte kritisierte im Mai 2017, dass der Ausnahmezustand, die hohe Zahl von Verhaftungen, Berichte über Folter und willkürliche Festnahmen zu einer Radikalisierung in den Gefängnissen beitragen.

 

Die Menschenrechtsorganisation „Ägyptische Kommission für Rechte und Freiheiten“ (ECRF) stellt fest, dass erst mit der Machtübernahme Al-Sisis das „Verschwinden lassen“ weite Verbreitung gefunden hat – also die Praxis der Sicherheitskräfte, Menschen nach ihrer Festnahme über Wochen den Kontakt mit der Außenwelt zu unterbinden.

 

Die Rechte von LGBTI-Personen werden gröblich missachtet, ihnen droht soziale Ächtung und strafrechtliche Verfolgung. Einvernehmliche sexuelle Handlungen zwischen Gleichgeschlechtlichen werden als „Sexuelle Ausschweifung“ strafrechtlich verfolgt und können mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft werden.

 

Auch die Frauenrechte werden grob missachtet: Sexuelle Übergriffe und Gewalt gegen Frauen sind weit verbreitet, aber die Täter bleiben meist straffrei.

 

Auch die Religionsfreiheit wird verletzt: Die christliche Minderheit ist oft religiös motivierten Übergriffen ausgesetzt, häufig gehen die Behörden nicht gegen die Täter vor. Auch andere Konfessionen, darunter Bahá’í und Schiiten, sind betroffen.

 

Die Meinungs- und Versammlungsfreiheit wurde de facto drastisch eingeschränkt. Mitte März 2018 waren 29 JournalistInnen und BloggerInnen in Haft. Bereits im November 2013 unterzeichnete Al-Sisi das Gesetz 107/2013, das die Versammlungsfreiheit weitgehend einschränkt und für nicht genehmigte Demonstrationen Gefängnisstrafen bis zu fünf  Jahren vorsieht. Hunderte wurden unter diesem Gesetz angeklagt. Im Gegensatz zu dem allen sei ein Bericht der „Salzburger Nachrichten“ vom 21.09.2018 erwähnt, welcher den Titel „Ägypten wird das gelobte Land“ hatte.

 

Im Text heißt es unter anderem: „Nun setzen die EU-Staaten auf Ägypten. Gastgeber Sebastian Kurz betonte nach dem Gipfel, Ägypten setzt nicht auf Flüchtlingszentren‘, das Land sei aber, vorbildlich im Kampf gegen illegale Migration‘. In den vergangenen zwei Jahren sei von dort aus kein Schiff mehr illegal in Richtung Europa aufgebrochen.“

 

Im Kurier vom 21.09.2018 ist zu lesen: „Bundeskanzler Kurz lobte, dass Ägypten seit 2016 mit der EU zusammenarbeite. Seit mehr als zwei Jahren hat kein einziges Flüchtlingsschiff mehr Richtung Europa abgelegt. Vergangenen Sonntag sondierte Kurz mit Tusk gemeinsam die Möglichkeiten einer längeren Kooperation mit dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah Al-Sisi. Tusk will am Sonntag am Rande der UNO-Generalversammlung in New York neuerlich mit Al-Sisi zusammentreffen.“

 

Im gleichen Artikel ist zu lesen: „Luxemburgs Premier Xavier Bettel warnte vor einer Entmenschlichung der Migrationsdebatte. Wir sind nicht auf einem Markt. Wir reden über Menschen, nicht über Teppiche oder Waren.‘“

 

Die unterzeichneten Abgeordneten sprechen sich keineswegs dagegen aus, dass auch  mit der ägyptischen Führung über die Flüchtlingsfrage gesprochen wird. Diese Gespräche, dieser Dialog sollte aber jedenfalls auch mit der Menschenrechtsfrage verknüpft werden. Dies ist bei anderen Ländern und den Kontakten mit deren Regierungen sehr wohl – teilweise mit Erfolg – gepflogen worden.

 

 

 

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die österreichische Bundesregierung und insbesondere der Bundeskanzler und die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres werden ersucht,

-   sowohl in bilateralen Kontakten wie auch im Rahmen der Europäischen Union bei Gesprächen und Verhandlungen mit der ägyptischen Regierung bzw. dessen Präsidenten nicht nur über Flüchtlingspolitik, sondern mit mindestens gleicher Intensität die Menschenrechtsfragen anzusprechen und

-   sich in der Europäischen Union für eine echte und faire Partnerschaft mit afrikanischen Staaten, insbesondere mit Ägypten einzusetzen, und in dieser Partnerschaft auf eine grundlegende Verbesserung der Menschenrechtssituation zu drängen.

 

 

Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Menschenrechte