398/A(E) XXVI. GP

Eingebracht am 26.09.2018
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

 

der Abgeordneten Reinhold Lopatka, Andreas Schieder, Roman Haider, Claudia Gamon, Alma Zadić

 

Kolleginnen und Kollegen

 

 

 

betreffend die aktuelle politische Situation in der Türkei

 

Am 24. Juni 2018 fanden in der Türkei Parlamentswahlen und auch Präsidentschaftswahlen statt. Für Recep Tayyip Erdogan bedeuteten diese Wahlen auch eine Machtkumulation, die es in der modernen Türkei so noch nicht gegeben hat. Mit dem 24. Juni traten auch Verfassungsänderungen, die im Rahmen eines Referendums im Jahr 2017 angenommen worden waren, in Kraft. Recep Tayyip Erdogan ist nun sowohl Staatsoberhaupt als auch Regierungschef mit allen Befugnissen. Mit dieser neuen Machtfülle ausgestattet, übertrifft er sogar den türkischen Staatsgründer Atatürk. Dennoch wird die AKP angesichts des Wahlergebnisses mit einer weiteren Partei ein Bündnis eingehen müssen.

Auch die wirtschaftlichen Probleme der Türkei sind mit der Wahl nicht verschwunden, im Gegenteil, sie werden noch zunehmen. Die Spannungen innerhalb und außerhalb des Landes wirken sich bereits jetzt negativ auf die Wirtschaft aus. Die türkische Lira hat seit Beginn des Jahres um ein Viertel an Wert verloren. Die Inflation liegt bei über elf Prozent, die Türkei ist sehr hoch verschuldet und auch die Kreditwürdigkeit des Landes wurde im März von der Ratingagentur Moody’s weiter gesenkt. Die Bonitätswächter bewerten das Land jetzt nur noch mit Ba2 nach zuvor Ba1. Experten warnen mittlerweile vor einer drohenden Zahlungsbilanzkrise.

Die türkische Gesellschaft ist gespalten. Während die einen Erdogan als „Heilsbringer“ verehren, bezeichnen ihn die anderen als Despoten. Es steht zu befürchten, dass sich gerade die Situation von Minderheiten, vor allem die Situation der Kurden, auch weiterhin verschärfen wird. Mit Sorge nimmt der österreichische Nationalrat die Berichte des Amtes des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte, des Menschenrechtskommissars des Europarats und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa über die Menschenrechtssituation in Syrien sowie in der Türkei zur Kenntnis, aus denen hervorgeht, dass sich die Menschenrechtssituation der kurdischen Zivilbevölkerung dramatisch verschlechtert hat und weiterhin Menschenrechtsverletzungen gegenüber der Zivilbevölkerung verübt werden. Diesen Berichten zufolge kommt es gegenüber der kurdischen Zivilbevölkerung zu schweren Übergriffen wie außergerichtlichen Tötungen, Entführungen, politisch motivierter Strafverfolgung, willkürlicher Inhaftierung und Folter sowie zu diskriminierenden Maßnahmen durch die Türkei und zu schweren Verletzungen von Grundfreiheiten einschließlich des Rechts auf ein faires Verfahren und des Rechts auf freie Meinungsäußerung.

Der letzte Fortschrittsbericht der Europäischen Kommission zur Türkei vom 17. April 2018 hat kein ermutigendes Bild über die Fortschritte der Türkei im immer noch laufenden EU-Beitrittsprozess gezeigt. Die Zusammenarbeit mit Erdogan bleibt für Europa schwierig. Seit dem Jahr 2015 hat sich auch die Lage der Grund- und Freiheitsrechte laufend verschlechtert. In Folge eines Anti-Terrorgesetzes konnte die Versammlungs- und Pressefreiheit maßgeblich eingeschränkt werden, auch die Länge der Verhängung von Untersuchungshaft wurde geändert., Darüber hinaus kam es zu Suspendierungen, Entlassungen und Verhaftungen im Justizbereich.

Es wurde auch bekannt, dass der bekannte Politiker und Journalist der republikanischen Volkspartei, Eren Erdem, inhaftiert wurde, die Gründe dafür sind der Öffentlichkeit noch unbekannt. Auch die kürzlich bekannt gewordene Verhaftung eines österreichischen Journalisten gibt zusätzlichen Anlass zur Sorge. 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres wird ersucht, sich im Lichte dieser Entwicklungen auch weiterhin für einen Abbruch der Beitrittsgespräche der Türkei zur Europäischen Union einzusetzen.

 

Des Weiteren wird die Bundesregierung ersucht, sich für die Verbesserung der Situation von Journalistinnen und Journalisten sowie Oppositionspolitikerinnen und Politikern einzusetzen sowie die besorgniserregende Menschenrechtssituation der kurdischen Zivilbevölkerung in bilateralen Kontakten anzusprechen und sich auf allen Ebenen für eine Verbesserung der Situation der Betroffenen einzusetzen.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Außenpolitischer Ausschuss