415/A(E) XXVI. GP

Eingebracht am 24.10.2018
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

 

der Abgeordneten Mag. Thomas Drozda, Gabriele Heinisch-Hosek, Mag. Dr. Sonja Hammerschmid

Genossinnen und Genossen

 

betreffend Maßnahmenpaket zur Beseitigung der Ungleichstellung von Frauen im österreichischen Film

 

Zurückgehend auf eine parlamentarische Entschließung aus 2016 wurden im Mai 2018 die zentralen Ergebnisse des ersten „Film Gender Report 2012-2016“ vorgestellt. Der Bericht untersucht erstmals österreichweit und umfassend die Geschlechterverhältnisse im Filmschaffen und fördert eklatante und in allen Bereichen ungleiche Geschlechterverhältnisse in der Filmbranche zutage.

 

Einige Beispiele:

-    An der Filmakademie sind nur 10 Prozent der Professuren von Frauen besetzt.

-    Insgesamt werden Frauen für ihre Tätigkeit schlechter bezahlt.

-    Nur jeder fünfte Kinospielfilm wurde von einer Frau inszeniert.

-    Frauen erhielten für ihre Filme durchschnittlich weniger Förderung, im Bereich hoher Förderungen waren Frauen nicht vorhanden.

-    Obwohl Filme von Regisseurinnen auf österreichischen Filmfestivals im Verhältnis zu ihrer Programmierung überproportional häufig prämiert werden, erhalten sie im Durchschnitt weniger Preisgelder, wobei die Differenz mit zunehmender Höhe der Preisgelder steigt.

-    Weibliche Figuren leiden unter undifferenzierter Darstellung: So bestanden nur 53 Prozent der Filme den „Bechdel-Wallace-Test“ für weibliche Filmfiguren (mindestens 2 Frauen sprechen miteinander und über etwas anderes als einen Mann), jedoch 85 Prozent den für männliche Figuren. Filme von Teams mit hohem Frauenanteil stellen sowohl weibliche als auch männliche Figuren differenzierter dar als jene mit hohem Männeranteil.

 

Von Seiten des Österreichischen Filminstituts wurde bereits eine Reihe von Maßnahmen gesetzt: Die Gremien wurden mit größerer Ausgewogenheit besetzt, Workshops und eigene Weiterbildungsprogramme veranstaltet, Preise ausgelobt und ein „Gender-Incentive“ im Rahmen der Förderungen geschaffen. Wird ein Projekt in der Herstellung gefördert, das einen signifikanten Anteil an weiblichen Beschäftigten in den Stabstellen (Produktion, Regie, Buch, Kamera, Schnitt, Ausstattung, Kostüm) aufweist, erhält die Produktionsfirma dafür automatisch zusätzliche Fördermittel in der Höhe von 30.000 €, die für die Stoff- und Projektentwicklung von neuen Projekten mit entsprechenden Frauenanteil verwendet werden können. Darüber hinaus wurde im Filminstitut selbst ein eigener Bereich „Equality in Gender and Diversity“ definiert und mit Budget ausgestattet, der auch eine eigene sehr informative Website betreibt. Einreichungen müssen nach Geschlecht aufgeschlüsselt sein.

 

Dennoch weist der Bericht auf nach wie vor bestehenden Handlungsbedarf hin. Weniger aktiv in Sachen Gleichstellung als das Filminstitut waren andere Filmförderungsinstitutionen wie RTR oder FISA. So ist beispielsweise bei der Fernsehfilmförderung der Gender Pay Gap größer als im Kinobereich: Bei weniger als einem Drittel der Fernsehfilmprojekte waren Frauen für die Bereiche Regie und/oder Drehbuch verantwortlich, diese erhielten jedoch nur ein Fünftel der Honorare. Noch größer als bei Fernsehfilmen zeigte sich der Gender Pay Gap bei den geförderten Fernsehserien: Bei fast einem Drittel führten Frauen Regie und schrieben Drehbücher, erhielten aber nur knapp ein Zehntel der Regie-Honorare und ein Fünftel der Drehbuch-Honorare. Darüber hinaus war der ORF als ein wesentlicher Auftraggeber der heimischen Filmlandschaft nicht in den Auswertungen inkludiert, da er keine Daten übermittelt hatte. Die Ergebnisse des Berichts zeigen, dass die bereits bestehenden Bemühungen für mehr Gleichstellung auf alle fördernden Institutionen ausgedehnt und erweitert werden müssen.

 

Auf europäischer Ebene und in einzelnen Ländern Europas ist die Diskussion um Frauen im Film bereits weiter fortgeschritten. Der Europarat hat eigene Empfehlungen [CM/Rec(2017)9] beschlossen und festgestellt, dass Geschlechtergleichstellung eine unabdingbare Voraussetzung für die vollständige Verwirklichung der Menschenrechte ist. Der audiovisuelle Sektor hat wesentlichen Einfluss auf Geschlechterzuschreibungen, Klischees und Vorurteile. Er reflektiert unterschiedliche Geschlechterrollen, kann zu deren Verfestigung beitragen oder neue Sichtweisen präsentieren. In sechs „Recommendations“ fordert der Europarat die Mitgliedstaaten auf, wesentliche Maßnahmen für mehr Geschlechtergleichheit im audiovisuellen Sektor umzusetzen. Er hat dazu auch eigene Guidelines veröffentlicht.

 

Folgerichtig hat sich EURIMAGES – der Filmförderungsfonds des Europarates – ein Verhältnis von 50:50 zwischen Frauen und Männern bei den Förderungen mit dem Jahr 2020 als Ziel gesetzt. An der Spitze der europäischen Länder steht Schweden. Das Schwedische Filminstitut hat sich selbst eine 50:50 Quote vorgeschrieben, die erstmals 2014 erreicht wurde. Der Frauenanteil bei der Regie wurde dafür zwischen 2012 und 2016 verdoppelt. Andere Länder wie zum Beispiel Irland haben eigene Programme installiert, um die Zahl der Einreichungen von Frauen zu erhöhen. In Spanien ist gesetzlich festgelegt, dass alle Auswahlkommissionen paritätisch besetzt werden müssen. In Frankreich wiederum wird ein eigener Förderfonds für Filme von Frauen geschaffen.

 

In Deutschland wurde – initiiert von Maria Furtwängler – eine umfassende Studie zur Ermittlung von Geschlechterdarstellungen in deutschen TV- und Kinoproduktionen erstellt. Darin zeigt sich, dass – wenn man die Inhalte von Fernsehprogrammen und Kinofilmen betrachtet – Frauen deutlich unterrepräsentiert sind. Über alle Fernsehprogramme hinweg kommen auf eine Frau zwei Männer. Ein Drittel der Fernsehvollprogramme kommt ganz ohne weibliche Protagonistinnen aus. Wenn Frauen gezeigt werden, kommen sie häufiger im Kontext von Beziehung und Partnerschaft vor. Berücksichtigt man auch das Alter der ProtagonistInnen, so zeigt sich, dass Frauen mit zunehmendem Alter von den Bildschirmen verschwinden. Besonders augenscheinlich ist die Unausgewogenheit gerade im Kinderfernsehen. Hier ist nur eine von vier Figuren weiblich. Das zeigt, dass neben einer paritätischen Besetzung von Kommissionen und einer ausgewogenen Verteilung von Förderungen, besonders auch die Inhalte in den Fokus gerückt werden müssen.

 

Um das Ziel einer tatsächlichen Geschlechterausgewogenheit im österreichischen Filmschaffen zu erreichen – von der Ausbildung über die Filmproduktion und -gestaltung, über die Schließung der Lohnschere und eine gleiche Mittelverteilung an Frauen und Männer bis zur Prämierung und Sichtbarkeit der Filme in Kinos und Festivals und Ausgewogenheit bei den Inhalten – stellen die unterzeichneten Abgeordneten stellen folgenden

 

 

Antrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Der Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien wird aufgefordert initiativ zu werden und gemeinsam mit den betroffenen Ministerien, Institutionen, Gebietskörperschaften und dem ORF ein Maßnahmenpaket zur Beseitigung der Ungleichstellung von Frauen im österreichischen Film auszuarbeiten und dem Nationalrat vorzulegen. Dadurch sollen generell die Bemühungen intensiviert und bereits bestehende Maßnahmen für mehr Gleichstellung auf alle fördernden Institutionen ausgedehnt werden.

Zur gleichberechtigten Teilhabe von Frauen in der Filmbranche soll das Maßnahmenpaket jedenfalls folgende Punkte enthalten:

- die Umsetzung der „Recommendations on gender equality in the audiovisual sector“ des Europarates,

- ein institutionenübergreifendes Frauen-Förderkonzept mit verbindlichen Zielsetzungen und einem besonderen Schwerpunkt auf Nachwuchsförderung,

- Festlegung einer verbindlichen, ansteigenden Quote für Film- und Fernsehproduktionen von maßgeblich mit Frauen besetzen Filmteams für die gerechte Aufteilung der Förderbudgets bis zur Herstellung der Geschlechterparität,

- Erarbeitung eines Kriterienkatalogs zur transparenten Entscheidungsfindung über Förderbudgets, wobei Diversität und Aktualität ein wesentliches Förderkriterium sein muss,

- eine aktive Ermutigung von Frauen zur Bewerbung um Fördermittel,

- Regelungen zur Schaffung von familienfreundlichen Arbeitsbedingungen,

- Geschlechterparität in den Entscheidungsgremien und paritätische Besetzung der Aufsichtsorgane aller fördernden Institutionen,

- Initiativen für ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis bei Studierenden und Lehrenden an den einschlägigen Ausbildungsstätten,

- besondere Maßnahmen zur Bekämpfung des Leaky-Pipeline-Phänomens (absinkender Frauenanteil bei ansteigender Karriereleiter) inklusive Ermunterung von Frauen zur Aufnahme einer Ausbildung im Filmbereich und Unterstützung beim Übertritt von der Ausbildung in die Berufswelt,

- die Verpflichtung des ORF zur Übermittlung von nach Geschlecht aufgeschlüsselten Daten gemäß einem einheitlichen an der Vorgabe des ÖFI orientierten Schema.

Darüber hinaus soll die Datenerhebung über alle an der Filmförderung beteiligten Institutionen hinweg gemäß dem ÖFI Schema vereinheitlicht werden und der daraus erarbeitete „Film Gender Report“ alle drei Jahre periodisch mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen weitergeführt werden, um die Erfolge der gesetzten Maßnahmen zu evaluieren.“

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Kulturausschuss vorgeschlagen.