423/A(E) XXVI. GP
Eingebracht am 24.10.2018
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EntschlieSSungsantrag
der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Integrierte Finanzierung für das Diabetes-Programm "Therapie aktiv"
Ziel des Antrags:
Signifikante Erhöhung der DMP-Einschreibequote für "Therapie aktiv" durch eine IGV-Finanzierung. Dadurch Einsparungen, bei gleichzeitig höherer Lebensqualität.
Geringe Einschreibequote (12%) bei Therapie aktiv
Für Österreich wird derzeit von 600.000 Diabetes-Erkrankten ausgegangen, wovon sich gerade einmal 72.975 Personen in strukturierter Versorgung (DMP) befinden (Stand: 1.10.2018 https://www.therapie-aktiv.at) Das hiesige Diabetes-DMP nennt sich „Therapie aktiv“ und ist für Diabetes-Typ-2-Erkrankte gedacht. „Therapie aktiv“ wird zwar in seiner Evaluierung (2015) positiv beurteilt, dennoch ist die Einschreiberate von 12% im internationalen Vergleich sehr niedrig. Als Vergleichswert: in Deutschland befinden sich etwa 60% der Diabetiker_innen in strukturierter Diabetes-Versorgung.
Evaluierung: https://www.therapie-
aktiv.at/cdscontent/load?contentid=10008.649643&version=1519316820
Problem: Fehlende Finanzierung aus einer Hand torpediert höhere Einschreibequote
Dass die Einschreibequote im internationalen Vergleich so niedrig ist, liegt nicht daran, dass das Programm schlecht ist. Im Gegenteil, die strukturierte Versorgung bringt laut der Programm-Evaluierung nicht nur bessere Versorgungsergebnisse (bessere Versorgung, weniger Komplikationen), sondern auch hohe jährliche Einsparungen (813 Euro pro Jahr für jeden DMP-Teilnehmer). Das Problem ist nur, dass die Einsparungen fast ausschließlich in den Spitälern anfallen, die von den Ländern (Landesgesundheitsfonds) finanziert werden. Die Kassen, die aber „Therapie aktiv“ organisieren, können froh sein, wenn sie die ambulanten Mehrkosten durch geringe Heilmittelkosten und Transportkosten decken können. Die fehlende „Finanzierung aus einer Hand“ hemmt also höchstwahrscheinlich die Kassen bei der verstärkten Einschreibung in das DMP. Die Schlusslichtposition bei der strukturierten Versorgung ist somit definitiv hausgemacht, weil seit Jahrzehnten bei einer Reform zur "Finanzierung aus einer Hand" geblockt wird.
Lösung: separate "Integrierte Finanzierung" für Diabetes-DMP-Versicherte
Da die Etablierung der "Finanzierung aus einer Hand" sicher noch dauern wird, eignet sich die Mini-Variante der "Finanzierung aus einer Hand", nämlich die "Integrierte Finanzierung". Dabei werden gewisse Indikationsgruppen aus der Regelfinanzierung (Gesamtvertrag/Honorarkatalog und LKF) herausgenommen und über eine eigene Finanzierungsschiene abgerechnet.
In der Praxis würde das für Therapie-aktiv-Teilnehmer_innen folgendermaßen aussehen: Es wird ein IGV-Finanzierungstopf aufgestellt, in den die Landesgesundheitsfonds und Krankenkassen jene Mittel einbringen, die sie für die IGV- Teilnehmer_innen im Normalfall (vor IGV) jährlich ausgeben. Laut Therapie-aktiv- Evaluierung fallen für Diabetiker_innen durchschnittlich 6.800 Euro stationäre Kosten (Landesgesundheitsfonds) und 2.000 Euro ambulante Kosten (Krankenkassen) an. Insgesamt würden also im IGV-Finanzierungstopf pro Teilnehmer_in durchschnittlich 8.800 Euro Finanzmittel zur Verfügung stehen. Da Therapie-aktiv-Teilnehmer_innen in der Versorgung günstiger sind als nicht-teilnehmende Diabetiker_innen, wäre durch den IGV-Topf eine leichte Überfinanzierung sichergestellt, was den Anreiz stärken würde, Diabetiker_innen in das DMP zu bringen. Die Diabetiker_innen würden nun endlich von nur einem Finanzierungs-Verantwortlichen (Idealfall: Krankenkassen) gesteuert werden, wodurch bei diesem für seine Bemühungen auch sämtliche Einsparungen ankommen würden.
Einsparungspotential
Zieht man die Angaben zu Einsparungen durch "Therapie aktiv" heran, ergeben sich Einsparungen von ca. 800 Euro pro Jahr und Versicherte/n. Für zusätzliche 100.000 Diabetiker_innen in "Therapie aktiv" würden somit ca. 80 Mio. Euro einspart werden, bei besserer Lebensqualität der Betroffenen wohlgemerkt.
DMP-Versicherte |
Jährliches Einsparungspotential |
1.000 |
€ 800.000 |
10.000 |
€ 8.000.000 |
100.000 |
€ 80.000.000 |
200.000 |
€ 160.000.000 |
300.000 |
€ 240.000.000 |
600.000 |
€ 480.000.000 |
Wer ist für die für die Steuerung von DMP-Diabetiker_innen geeignet
Im Idealfall würden die Krankenkassen (+KFAs) die Steuerung der DMP- Diabetiker_innen übernehmen. Als Steuerungsverantwortliche könnten aber auch PVE-Einheiten, Ambulatorien, Krankenanstalten, die Landesgesundheitsfonds (+PRIKRAF) oder private Krankenversicherungen, usw. herangezogen werden.
Diagnose-Dokumentation - Qualitätssicherung
Ein weiterer Schritt muss die ambulante ICD10-Diagnostizierung für Diabetes sein - Diagnosecodes E10-E14. Damit ist eine bessere Verknüpfbarkeit der spitalsambulanten und stationären Daten gegeben. Außerdem würde damit den Empfehlungen der IHS-Studie (Juni 2018) und des RH-Berichts (Juli 2018) zur ambulanten Qualitätsmessung teilweise entsprochen werden. Für die integrierte Diabetes-Finanzierung würde folglich auch die Qualitätsmessung leichter werden und wir hätten endlich den Anfang bei der ambulanten Qualitätsmessung gesetzt.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Regierungsvorlage vorzulegen, welche die integrierte Finanzierung für das
Diabetes-DMP "Therapie aktiv" ermöglicht. Folgende Grundstruktur soll dabei berücksichtigt werden:
• "Therapie-aktiv"-Teilnehmer_innen sollen aus der Regelfinanzierung (Krankenkasse => ambulant; Landesgesundheitsfonds => stationär) ausgenommen werden können.
• Im Gegenzug bekommt ein Verantwortlicher (z.B.: Krankenkasse) für diese "Therapie aktiv"-Teilnehmer_innen eine alters- und geschlechtsadjustierte IGV- Finanzierungspauschale, die sich aus den durchschnittlichen jährlichen ambulanten und stationären Kosten der Diabetes-Erkrankten ergibt, unabhängig, ob die Kosten mit Diabetes oder anderen Krankheiten verbunden sind (jährliche Ge- samt-Durchschnittskosten - siehe Therapie-aktiv-Evaluierung 2015).
• Der IGV-Verantwortliche rechnet sämtliche ambulante und stationäre Krankheitskosten der "Therapie aktiv"-Teilnehmer_innen aus der IGV- Finanzierungspauschale nach den bestehenden Verrechnungsmethoden (LKF. Honorarkatalog,...) mit den ambulanten und stationären Gesundheitsanbietern ab.
• Für "Therapie aktiv"-Teilnehmer_innen sollen außerdem die entsprechenden ICD- Codes kodiert (E10-E14) werden, wodurch eine bessere Verknüpfbarkeit mit den stationären Daten gegeben ist und die ambulante Qualitätsmessung für diese Indikation erleichtert wird.
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Gesundheitsausschuss vorgeschlagen.