495/A XXVI. GP

Eingebracht am 22.11.2018
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag

 

der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Karl Nehammer, MSc, Mag. Dr. Rudolf Taschner, Wendelin Mölzer

 

Kolleginnen und Kollegen,

 

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Schulunterrichtsgesetz, BGBl. Nr. 472/1986, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 35/2018, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 43 wird folgender § 43a angefügt:

(Verfassungsbestimmung) § 43a. (1) Um die bestmögliche Entwicklung und Entfaltung aller Schülerinnen und Schüler sicherzustellen, ist diesen bis zum Ende des Schuljahres, in welchem sie das 10. Lebensjahr vollenden, das Tragen weltanschaulich oder religiös geprägter Bekleidung mit der eine Verhüllung des Hauptes verbunden ist, untersagt. Dies dient der sozialen Integration von Kindern gemäß den lokalen Gebräuchen und Sitten, der Wahrung der verfassungsrechtlichen Grundwerte und Bildungsziele der Bundesverfassung sowie der Gleichstellung von Mann und Frau.

(2) Bei Verstoß gegen das Verbot gemäß Abs. 1 hat die Schulleiterin bzw. der Schulleiter unverzüglich die jeweils zuständige Bildungsdirektion zu verständigen. Diese hat die Erziehungsberechtigten unverzüglich, jedenfalls innerhalb von 4 Schultagen, zu einem verpflichtenden Gespräch zu laden. In dem Gespräch sind die Gründe für den Verstoß zu erörtern. Zur Vermeidung weiterer Verstöße sind die Erziehungsberechtigten über ihre Verantwortung aufzuklären; dies ist schriftlich festzuhalten und der Schulleiterin bzw. dem Schulleiter zur Kenntnis zu bringen.

(3) Findet nach dem Gespräch ein weiterer Verstoß gegen das Verbot gemäß Abs. 1 statt, oder kommen die Erziehungsberechtigten der verpflichtenden Ladung nach nochmaliger Aufforderung nicht nach, so stellt dieser eine Verwaltungsübertretung durch die Erziehungsberechtigten dar und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 440 €, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen.“

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird ersucht, diesen Antrag unter Verzicht auf eine 1. Lesung dem Unterrichtsausschuss zu zuweisen.

Begründung:

Der neue § 43a SchUG ist eine Verfassungsbestimmung, die ein Verbot des Tragens weltanschaulicher oder religiös geprägter Bekleidung, die mit einer Verhüllung des Hauptes verbunden ist, für Schülerinnen und Schüler bis zur Vollendung des 10. Lebensjahres vorsieht.

 

Die Bestimmung beruht auf einer sorgfältigen Grundrechtsabwägung, wobei die Rechte des Kindes im Vordergrund stehen. Die Übereinkunft über die Rechte des Kindes (UN-Kinderrechtskonvention) garantiert Kindern zahlreiche Rechte, unter anderem die in Art. 28 und 29 festgeschriebenen Rechte auf Bildung und Entfaltung der Persönlichkeit. Die Kinderrechtskonvention findet in der österreichischen Bundesverfassung ihre Entsprechung in Art. 14 Abs. 5a B-VG und ihre einfachgesetzliche Umsetzung in § 2 SchOG. Als wesentliche Grundwerte von Bildungseinrichtungen sind in der Bundesverfassung (Art. 14 Abs. 5a B-VG) Demokratie, Humanität, Solidarität, Friede und Gerechtigkeit sowie Offenheit und Toleranz gegenüber den Menschen festgeschrieben.

Ziel der Erziehung in österreichischen Bildungseinrichtungen ist es, Kindern die bestmögliche geistige, seelische und körperliche Entwicklung zu ermöglichen und diese zu selbständigem Urteilen zu befähigen. Es soll somit auch eine erfolgreiche soziale Entwicklung und Integration (vgl. auch EGMR 10.1.2017, Osmanoglu ua. gegen Schweiz, in dem die besondere Rolle von Bildungseinrichtungen im Integrationsprozess hervorgehoben wurde) der Schülerinnen und Schüler in den Schulen sichergestellt werden.

 

Die Verhüllung des Körpers und eine Verhüllung des Hauptes sind bei Anhängern einiger islamischer Strömungen bzw. Richtungen oder Traditionen ab Erreichen der Geschlechtsreife Teil der geübten Praxis, bei anderen nicht. Bei jenen Personen, bei denen es Teil der geübten Praxis ist, kann ein Eingriff in das Grundrecht auf Religionsfreiheit vorliegen. Soweit Grundrechtseingriffe vorliegen, sind diese zulässig, wenn sie vorhersehbar sind, ein legitimes Ziel verfolgen und verhältnismäßig sind. Zu diesen Zielen zählen etwa der Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, der Gesundheit und der Moral sowie der Schutz der Rechte Dritter. Die Orientierung an religiösen Werten darf nicht im Widerspruch zu den Zielen der staatsbürgerlichen Erziehung stehen, die sich an den genannten Grundwerten des Art. 14 Abs. 5a B-VG, den Baugesetzen und Staatszielbestimmungen der Verfassung orientiert und die auch die Gleichstellung von Mann und Frau umfasst.

Die Verhüllung des Hauptes, das Tragen eines Kopftuches in einer von mehreren bestimmten Formen, zeigt das Erreichen der Geschlechtsreife an. Es macht damit mehrere Dinge für jeden öffentlich erkennbar, insbesondere den Stand der körperlichen Reife, die Konfession (die Art der Trageweise kann vor allem auch die Anhängerschaft zu einer bestimmten Gemeinschaft anzeigen), die Einhaltung von bestimmten religiösen Regelungen und damit innerfamiliäre Situationen.

Die vorliegende Regelung soll ebenso den Schutz von Musliminnen und Muslimen, die die Verhüllung aus persönlicher Überzeugung nicht praktizieren und jener Anhänger von Richtungen des Islam, in welchen die Verhüllung keine Praxis ist und damit eine freie Entscheidung über die Religionsausübung sichern als auch eine erfolgreiche Integration ermöglichen. Integration ist ein beidseitiger Prozess, der eine Mitwirkung der jeweiligen Zielgruppe bedingt. Das Tragen des islamischen Kopftuches bis Vollendung des 10. Lebensjahres kann zu einer frühzeitigen, insbesondere geschlechtlichen, Segregation führen, welche mit den österreichischen Grundwerten und gesellschaftlichen Normen nicht vereinbar ist.

 

Ziele dieser Bestimmung sind die Einhaltung des Schutzes der öffentlichen Ordnung durch Vermeidung einer Segregation nach Geschlecht und damit der Gleichberechtigung von Mann und Frau gemäß Art. 7 B-VG, der Schutz der Information über den persönlichen körperlichen Entwicklungsstand von Kindern, das Religionsbekenntnis bzw. die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ausrichtung des Islam und damit der Schutz der Rechte Dritter sowie die bestmögliche Integration. Auch im Zusammenhang mit der Religionsfreiheit und Elternrechten (Art.2 S.2 ZPEMRK) hat der Staat seine besondere Schutzfunktion wahrzunehmen um sozialen Druck auf Mädchen hintanzuhalten und deren freie Selbstbestimmung zu gewährleisten.

 

Der Begriff weltanschaulich und religiös geprägter Bekleidung stellt darauf ab, wie eine Bekleidung von einem objektiven Betrachter gesehen wird. Es kommt dabei nicht auf die persönliche Absicht des Trägers an. Entscheidend ist wie diese von Dritten rezipiert wird. Unter „Verhüllung des Hauptes“ ist jede Art von Bekleidung, welche das gesamte Haupthaar oder große Teile dessen verhüllt, umfasst. Aus dem Zusammenhang des Satzes ergibt sich, dass andere Verhüllungen des Hauptes, zB Verbände aus medizinischen Gründen oder Kopfbedeckungen aus Witterungsgründen und Ähnliches nicht von dieser Regelung umfasst sind.

 

In Umsetzung dessen soll bei Verstoß einer Schülerin bzw. eines Schülers gegen das Verbot die Schulleiterin bzw. der Schulleiter tätig werden und unverzüglich die jeweils zuständige Bildungsdirektion verständigen. Die Erziehungsberechtigten sind innerhalb eines kurzen Zeitraums von maximal 4 Schultagen zu einem Gespräch zu laden. Die Teilnahme an diesem ist verpflichtend. Bei diesem Gespräch werden die Erziehungsberechtigten über das Verbot und ihre Verantwortung für die Einhaltung aufgeklärt. Am Ende dieses Gesprächs wird von den Erziehungsberechtigten schriftlich festgehalten, dass sie über das Verbot und die daraus erwachsenden Konsequenzen aufgeklärt wurden und sich zur Einhaltung verpflichten. Erst nach Durchführung dieses aufklärenden Gesprächs und bei weiterem Verstoß gegen das Verbot liegt eine Verwaltungsübertretung vor, die mit einer Geldstrafe bzw. einer Ersatzfreiheitsstrafe zu sanktionieren ist. Eine Verwaltungsvertretung liegt ebenfalls vor, wenn die Erziehungsberechtigten der verpflichtenden Ladung nach nochmaliger Aufforderung nicht nachkommen. Das Verfahren folgt analog den Bestimmungen zu Schulpflichtverletzungen.