529/A(E) XXVI. GP

Eingebracht am 12.12.2018
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Erklärung zum Übereinkommen über die Verringerung der Mehrstaatigkeit und über die Wehrpflicht von Mehrstaatern

 

Gemäß Vereinbarungen zwischen der Europäischen Union und dem Vereinten Königreich sollen die Rechte jener drei Millionen Unionsbürger_innen in Großbritannien und die Rechte der Million Briten, die in Staaten der Europäischen Union residieren, arbeiten und studieren auch nach dem Austritt Großbritanniens geschützt sein. In Großbritannien erhalten die Unionsbürger_innen bei entsprechender Registrierung und Erfüllung bestimmter Kriterien einen sogenannten "settled status". Nicht völlig geklärt ist allerdings, wer zu diesem Status berechtigt ist. Zusätzlich verlieren sowohl Unionsbürger_innen in Großbritannien, als auch Britinnen und Briten in der EU diese Rechte, sobald sie länger als fünf Jahre das Land verlassen.

Einer Schlechterstellung von Unionsbürger_innen gegenüber Britinnen und Briten gilt es mit Rücksicht auf die Lebensentscheidungen der Menschen vor dem Brexit-Referendum möglichst zu verhindern. NEOS setzen sich dafür ein, diesen Anlass zu nutzen, um einen neuen Zugang zu Doppelstaatsbürgerschaften zu wählen.

Integration ist nicht Assimilation. Im Regelfall fühlen sich Menschen, die sich in einem anderen Staatsgebiet als ihrem Herkunftsland aufhalten, ihrem Herkunftsland ebenso verbunden wie der neuen Heimat. Dort genießen sie aber oft nicht die gleichen Rechte wie die Bürger_innen der neuen Heimat. Die Aufgabe der ursprünglichen Staatsbürgerschaft widerspricht im Regelfall der „doppelten Identität“ der Zuwandernden, ist aber auch oft mit dem Umstand verbunden, dass Rechte im Herkunftsland verloren gehen. Da aber Teilnahme- und Teilhaberechte mit der österreichischen Staatsbürgerschaft verbunden sind, muss die mehrfache Staatsangehörigkeit wesentlich erleichtert werden.

NEOS treten darüber hinaus dafür ein, dass die Vollendung des Europäischen Integrationsprozesses mit einer Anerkennung der Unionsbürgerschaft als vollwertige Staatsbürgerschaft verbunden sein soll. Bürger_innen sollen, gleichgültig aus welchem Mitgliedsstaat sie stammen, gleiche Rechte und Pflichten haben. Solange dies nicht erreicht ist, muss mehrfache Staatsangehörigkeit auf Basis eines begründeten Interesses möglich sein bzw. erleichtert werden. Gerade die Dualität von Unionsbürgerschaft und von De-facto-Verhinderung der mehrfachen Staatsangehörigkeit zeigt, wie widersinnig und widersprüchlich die bürokratischen Barrieren zur Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft für Zuwandernde sind. Gleiches gilt für eine/n (Auslands-)Österreicher_in, der/die seine/ihre Staatsbürgerschaft verliert, wenn eine andere Staatsangehörigkeit beantragt wird.

Zwar ist in Österreich mehrfache Staatsangehörigkeit grundsätzlich möglich; dies insbesondere, wenn die oder der Betroffene die Staatsangehörigkeit des Zweitstaats durch Abstammung (ab der Geburt) erwirbt. Ansonsten gelten restriktive Bedingungen, die kaum auf „fremde Staatsangehörige“ zutreffen (§ 28 StbG).

 

Die Bundesregierung hat bisher dagegen eingewandt, dass das Europarats-Abkommen zur Verringerung der Mehrstaatigkeit (SEV-Nr.: 043; auch: Übereinkommen über die Verminderung der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit und über die Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit, BGBl. Nr. 471/1975) in Kapitel I einer Erleichterung entgegensteht. Dies ist freilich nur ein Vorwand: Das Kapitel I kann seit der Vereinbarung zur Auslegung von Art. 12 Abs. 2 des Übereinkommens, die von den Vertragsparteien des Übereinkommens angenommen und vom Generalsekretär am 2. April 2007 unterzeichnet wurde, durch einseitige Willenserklärung eines Mitgliedsstaats außer Kraft gesetzt werden.

Von 47 Europarats-Mitgliedsstaaten haben lediglich 13 dieses Übereinkommen ratifiziert (Norwegen sowie zwölf der 28 EU-Mitgliedsstaaten). Davon haben zwei Staaten seither wieder den Ausstieg vollzogen und fünf weitere Staaten Kapitel I durch einseitige Willenserklärung außer Kraft gesetzt. Drei weitere Staaten hatten von Anfang an erklärt, Kapitel I nicht anzuwenden. Österreich ist damit europaweit einer von lediglich drei verbleibenden restriktiven Staaten (mit den Niederlanden und Norwegen). Die Erleichterung von mehrfachen Staatsbürgerschaften ist eine Anpassung der Rahmenbedingungen an die Anforderungen von Demokratien im 21. Jahrhundert.

Insbesondere zur Ermöglichung von Doppelstaatsbürgerschaften für Auslandsösterreicher_innen im Vereinigten Königreich, die vom Brexit betroffen sind (Regierungsprogramm, S. 33), ist es notwendig, Kapitel I des Übereinkommens nicht mehr anzuwenden.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG


Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, gemäß Art. 12 Abs. 2 des Übereinkommens über die Verringerung der Mehrstaatigkeit und über die Wehrpflicht von Mehrstaatern (SEV-Nr.: 043, vgl. BGBl. Nr. 471/1975) gegenüber dem Generalsekretär des Europarats eine Erklärung abzugeben, Kapitel I des Übereinkommens nicht anzuwenden."


In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für innere Angelegenheiten vorgeschlagen.