542/A(E) XXVI. GP

Eingebracht am 13.12.2018
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Entschließungsantrag

 

der Abgeordneten Petra Wimmer

Genossinnen und Genossen

 

betreffend Entwicklung einer langfristigen Planung bzw. Strategie, die allen in der Istanbul-Konvention definierten Formen von Gewalt die nötige Bedeutung beimisst, und die eine kontinuierliche und langfristige Finanzierung nachhaltiger und umfassender Maßnahmen vorsieht

 

Der GREVIO-(Basis)Evaluierungsbericht stellt in Kapitel II.A.13 ff fest:

 

„Österreich kann auf eine lange Geschichte politischer Maßnahmen im Bereich der Gewalt gegen Frauen zurückblicken. Vorangetrieben durch die österreichische Frauenbewegung und unterstützt durch engagierte politische AkteurInnen, wurden in den 1970er-Jahren die ersten Frauenhäuser und Anlaufstellen für Opfer von Vergewaltigungen in Wien eröffnet. Von Beginn an unternahmen diese neuen Einrichtungen Anstrengungen im Bereich der Bewusstseinsbildung und arbeiteten eng mit wichtigen staatlichen Behörden, einschließlich der Exekutive, zusammen und legten damit das Fundament für eine interinstitutionelle Kooperation. Als in den 1980er-Jahren das Bewusstsein für das Ausmaß der von Männern ausgeübten Gewalt gegen Frauen stieg, entstanden immer mehr Hilfseinrichtungen von Frauen für Frauen. Basierend auf feministischen Interventionsprinzipien, waren die meisten Anlaufstellen auf Opfer häuslicher Gewalt und Vergewaltigung sowie auf die unmittelbaren Sicherheitsbedürfnisse von Frauen und ihren Kindern ausgerichtet. Dies bedeutete, einer großen Anzahl von Frauen und Kindern Sicherheit zu bieten. Doch im Zuge der Frauenhausbewegung stellte sich schnell heraus, dass der Umzug in ein Frauenhaus und der dortige Verbleib mit einem Bruch und großen Ängsten einherging, was dazu führte, dass eine Änderung der Vorgehensweise gefordert wurde.

 

Im Anschluss an Entwicklungen auf nationaler und internationaler Ebene Anfang der 1990er-Jahre und der Angelobung der ersten Frauenministerin zu dieser Zeit wurde eine interministerielle und interinstitutionelle Arbeitsgruppe gegründet, die in Folge das österreichische Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie erarbeitete – die erste Rechtsvorschrift in Europa, die es ermöglichte, dem (vermeintlichen) Täter häuslicher Gewalt das Betreten des eigenen Wohnsitzes zu untersagen. Dieses seit 1997 geltende Gesetz wurde in Österreich zum Eckpfeiler in der Prävention und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Es diente als Modell für mehrere Mitgliedsstaaten des Europarates, in denen Betretungsverbote sowie einstweilige Verfügungen nun weithin genutzt werden, um Frauen und Kinder vor Missbrauch zu schützen. In den Artikeln 52 und 53 der Istanbul-Konvention wurden diese zu einem internationalen Standard erhoben, zu dessen Einhaltung nun alle Vertragsstaaten der Konvention verpflichtet sind.

 

GREVIO begrüßt die Vorreiterrolle, die die österreichische Regierung eingenommen hat, indem sie die Last vom Opfer auf den Täter verlagert hat. Außerdem stellt GREVIO zufrieden fest, dass Österreich das Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie stetig verbessert und angepasst hat und damit auf Lücken und Probleme in der Umsetzung, die im Laufe der Jahre sichtbar wurden, reagiert hat (siehe Kapitel VI für weitere Details).

 

Zugleich entwickelte Österreich mehrere Aktionspläne und Strategien, wovon manche bundesweite Anwendung finden und andere auf ein bestimmtes Bundesland beschränkt sind. Unter den derzeit geltenden nationalen Aktionsplänen und Strategien hebt GREVIO insbesondere den Nationalen Aktionsplan zum Schutz von Frauen vor Gewalt (2014-16) (NAP) und die Nationale Strategie zur schulischen Gewaltprävention (2014-16) hervor. Indem die genannte Strategie den Aktionsplan insbesondere in Bezug auf Maßnahmen in den Bereichen Sexualerziehung, gesunde Sexualbeziehungen und Gleichstellung von Frauen und Männern ergänzt, verstärken diese beiden politischen Maßnahmen das Engagement Österreichs in der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Viele der vorgeschlagenen Maßnahmen entsprechen den Anforderungen der Istanbul-Konvention, insbesondere im Bereich des materiellen Rechts. GREVIO begrüßt diesen Schritt hin zu einer umfassenderen Kriminalisierung aller Formen von Gewalt (siehe Kapitel V für weitere Details). Darüber hinaus begrüßt GREVIO die Tatsache, dass im Rahmen des NAP bereits in einem der ersten Schritte die interministerielle Arbeitsgruppe zum Schutz von Frauen vor Gewalt (IMAG) institutionalisiert wurde, um umfassendere und besser koordinierte politische Maßnahmen zu gewährleisten.

 

GREVIO zeigt sich jedoch etwas darüber besorgt, dass der NAP viele einmalige Aktionen, Projekte und Forschungsinitiativen umfasst. Wenngleich diese Maßnahmen wichtig sind, so führen einzelne Maßnahmen von kurzer Dauer nicht zu einem nachhaltigen und umfassenden Lösungsansatz. Außerdem zielen die meisten Maßnahmen des NAP vorrangig auf häusliche Gewalt ab und vernachlässigen die anderen in der Istanbul-Konvention definierten Formen von Gewalt. Während die sowohl vor als auch nach Einführung des NAP geltenden politischen Maßnahmen und Gesetze in Österreich den starken politischen Willen der österreichischen Regierung zur Bekämpfung der häuslichen Gewalt in all ihren Ausprägungen bezeugen, so scheinen andere Formen der Gewalt gegen Frauen weniger Beachtung zu finden.“

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

Entschließungsantrag

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend wird im Sinne der Empfehlung des Absatzes 18 des GREVIO-Berichts dringend aufgefordert, eine langfristige Planung bzw. Strategie zu entwickeln, die allen in der Istanbul-Konvention definierten Formen von Gewalt die nötige Bedeutung beimisst, und die eine kontinuierliche und langfristige Finanzierung nachhaltiger und umfassender Maßnahmen vorsieht.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Gleichbehandlungsausschuss vorgeschlagen.