557/A(E) XXVI. GP

Eingebracht am 13.12.2018
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Entschließungsantrag

 

des Abgeordneten Mario Lindner,

Genossinnen und Genossen

 

betreffend Konversionstherapien stoppen

 

Konversions- oder „reparative Therapien“ sind Versuche, die sexuelle Orientierung von Personen zu verändern. Sie gehören zu „Therapie“-Formen, die von internationalen, wie österreichischen Organisationen und Berufsverbänden seit langem abgelehnt werden. Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde hat in einer Stellungnahme aus dem Jahr 2013 festgestellt: „So genannte Konversions- bzw. „reparative“ Verfahren umfassen alle Versuche durch selbsterklärte oder zertifizierte Therapeutinnen und Therapeuten (bzw. „Helfer“ im weitesten Sinne) und Laien, Homosexualität in asexuelles oder heterosexuelles Verhalten umzuwandeln (Wolf, 2011). Sie vermitteln den Eindruck, dass Homosexualität eine sexuelle Fehlentwicklung bzw. Erkrankung wäre, die durch Interventionen korrigiert werden könnte. Viele internationale Organisationen wie z.B. die American Psychiatric Association oder die American Psychological Association (American Psychological Association, 2000; American Psychiatric Association, 2000) haben sich klar gegen diese Therapieverfahren ausgesprochen (Wagner & Rossel, 2006). Hintergrund sind u.a. Risiken von reparativen Therapien wie z.B. Depressionen, Angsterkrankungen, selbstdestruktives Verhalten bis hin zu Suizidalität (Beckstead & Morrow, 2004; Shidlo & Schroeder, 2002).“[1]

 

Auch die Österreichische Gesellschaft für Psychatrie, Psychotherapie und Psychosomatik gemeinsam mit der Bundesfachgruppe Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin sprach sich im April 2018 in einer Stellungnahme klar gegen derartige Konversionstherapien aus und begründete dies neben menschenrechtlichen Aspekten vor allem durch „die potentiellen Risiken von reparativen Therapien“, die von Verunsicherung und Irritation bis zu psychiatrischen Störungen wie Depressionen, Angsterkrankungen, selbstdestruktivem Verhalten und Suizidalität reichen können.“[2] Dieser österreichische Berufsverband folgte damit unter anderem den Beschlüssen der World Medical Organisation (WMA), die auf ihrer jährlichen Versammlung 2013 beschloss, dass Konversions- bzw. „reparative Therapien“ als Verstoß gegen die Menschenrechte zu betrachten seien und als unrechtfertigbare Praktiken „subject to sanctions and penalties“ sein sollten.[3] Auch andere Organisationen wie die American Psychiatric Association und zahlreiche andere Verbände haben sich klar gegen derartige Praktiken ausgesprochen.

 

Obwohl die Debatte über derartige „Therapie“-Formen bisher vor allem in den USA ablief – und solche Praktiken in mehreren Bundesstaaten verboten wurden – erreicht sie immer stärker auch Europa. Oft wird dabei erst in diesen Debatten öffentlich, welche Problemfelder sich in diesem Bereich in den einzelnen Staaten offenbaren.

 

So beschloss Malta im Jahr 2016 ein Gesetz, das die Werbung für Konversionstherapie, sowie deren Durchführung an besonders schützenswerten Personen (z.B. Minderjährige) unter Strafe stellte. Großbritannien veröffentlichte im Juli 2018 ein nationales LGBT-Survey, das ergab, dass fünf Prozent der befragten LGBT-Personen mit Konversions- oder „reparativen Therapien“ konfrontiert wurden und zwei Prozent aktiv davon betroffen waren. Formen dieser Praktiken würden demnach von pseudo-psychologischen Behandlungen bis zu Extremfällen, wie Eingriffen und „corrective rape“ reichen.[4] Als Reaktion darauf kündigte die britische Regierung ein Verbot derartiger Praktiken an.

 

Im Sinne des bestmöglichen Schutzes von LGBT-Personen und insbesondere von LGBT-Jugendlichen ist auch in Österreich ein proaktiver Umgang mit Konversions- und „reparativen Therapien“ notwendig. Gerade in Hinblick auf die, von nationalen und internationalen Berufsverbänden kritisierten, Langzeitfolgen für Betroffene ist es auch hierzulande nötig, nicht erst dann gesetzliche Regelungen zu erlassen, wenn es für Betroffene zu spät ist.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung wird aufgefordert unverzüglich dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zur Beschlussfassung zu übermitteln, mit der die Ausübung von Konversions- und „reparativen Therapieformen“ an Minderjährigen verboten wird.“

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Gleichbehandlungsausschuss vorgeschlagen.



[1] https://www.dgppn.de/_Resources/Persistent/23c8aa3e5d35b4fc50d3e5cbb879cb92cce33a2d/DGPPN-Referat_Stellungnahme_zu_Konversionstherapien.pdf

[2] http://www.oegpp.at/news/aktuelles/detail/news/konversions-bzw-reparative-verfahren-bei-menschen-mit-verschiedener-sexueller-orientierung/

[3] https://www.wma.net/news-post/wma-condemns-portrayal-of-homosexuality-as-a-disease/

[4] https://www.gov.uk/government/publications/national-lgbt-survey-summary-report/national-lgbt-survey-summary-report