587/A(E) XXVI. GP

Eingebracht am 30.01.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen,

betreffend einen verbesserten Zugang zum Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderungen anstatt ungewollter Arbeitsunfähigkeit

Viele Menschen mit Behinderung kommen aufgrund festgestellter Arbeitsunfähigkeit nicht in den Genuss vorhandener Unterstützungsmöglichkeiten seitens des AMS. Grundlage dafür sind die Bestimmungen der §§ 273 ff des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG). Auch an dem Verfahren zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit üben die Behindertenanwaltschaften und Antidiskriminierungsstellen Kritik.[1]

Die Zahl der arbeitssuchenden Menschen mit Behinderungen ist zwar gesunken, wobei als Ursache die allgemeine Entwicklung des Arbeitsmarktes auszumachen ist. Trotz allem bleibt eine Ungerechtigkeit weiterhin bestehen: „Viele Menschen mit Behinderungen haben nicht einmal in der Theorie Zugang zum Arbeitsmarkt, da sie bereits als ,arbeitsunfähig' klassifiziert wurden. Das widerspricht ganz klar den formulierten Rechten der UN-BRK", weiß Christine Steger, Vorsitzende des Unabhängigen Monitoringausschusses. Insbesondere Menschen mit Lernschwierigkeiten würden strukturell von ihrem Recht auf Bildung und sozialversicherte Arbeit ausgeschlossen.[2]

Auch in diversen Medienberichten wird immer wieder von Fällen, bei denen Menschen gegen ihren Willen als arbeitsunfähig eingestuft werden, berichtet. So heißt es in einem Artikel aus dem „Standard" vom 25.4.2018:

Simone K. hat Trisomie 21 und wurde als arbeitsunfähig eingestuft. Die Folge: Sie erhält weder Arbeitslosengeld noch Hilfe bei der Jobsuche.

Sie würde gerne wieder arbeiten, sagt Simone K. (voller Name der Redaktion bekannt, Anm.). Die 35- jährige Tirolerin war sechs Jahre lang als Küchenhilfe in örtlichen Gaststätten tätig. Ebenso lange ist sie nun arbeitslos, ohne Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Mindestsicherung. Der Grund: Die junge Frau hat Trisomie 21 und wurde als "arbeitsunfähig" eingestuft. Das Arbeitsmarktservice (AMS) ist damit nicht mehr für sie zuständig, auch nicht das Sozialministeriumservice, das etwa Fördermaßnahmen wie das Jugendcoaching organisiert.

Die Einstufung sei eine große, lebenslange Hürde auf dem Weg zurück in den allgemeinen Arbeitsmarkt, kritisiert Markus Neuherz, Geschäftsführer des Dachverbands berufliche Integration Austria (Dabei Austria).Österreich habe zwar die Behindertenrechtskonvention der EU unterschrieben, wonach alle Menschen, auch jene mit Behinderungen, ein Recht auf Arbeit haben - "die österreichische Gesetzeslage widerspricht allerdings dieser Konvention", so Neuherz.

Nicht nur müssen Betroffene auf eigene Faust einen Job finden - das Unternehmen bekommt auch nur dann eine Förderung für die Einstellung von Menschen mit Behinderungen, wenn diese einen sogenannten Feststellungsbescheid vorweisen können. Diesen wiederum bekommen als "arbeitsunfähig" Eingestufte erst, wenn sie bereits arbeiten. Eine paradoxe Situation. Neuherz fordert flexiblere Gesetze. Viele "Arbeitsunfähige" landeten also in Tagesstrukturen (ehemalige Beschäftigungstherapie, Anm.), "wo sie weder arbeitslosen- noch pensionsversichert sind", sagt der Dabei-Austria-Geschäftsführer.[3]

Im Bericht des Anwalts für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderung, Dr. Hansjörg Hofer, ist daher auf Seite 50 folgende Anregung formuliert:

„Neufassung der Kriterien für die Feststellung der Arbeitsfähigkeit - Unterscheidung zwischen jüngeren Menschen mit Behinderung (bis zum 24. Lebensjahr) und älteren Menschen - im Bereich des Arbeitsmarktservice und des Sozialministeriumservice, um auch schwer beeinträchtigten Menschen den Zugang zu den Leistungen und Unterstützungsangeboten zu sichern; Einführung einer mindestens 2- jährigen Arbeitserprobung für jüngere Menschen mit Behinderung, bevor die Arbeits(un)fähigkeit festgestellt werden darf. "[4]

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, eine Neuregelung für die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit von Menschen mit Behinderungen unter Einbeziehung der Behindertenverbände, des Monitoringausschusses sowie der Behindertenanwaltschaft und unter Berücksichtigung der UN-Behindertenrechtskonvention auszuarbeiten. Weiters wird die Bundesministerin aufgefordert, Maßnahmen zu einem verbesserten Zugang zum Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderungen zu setzen."

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales vorgeschlagen.



[1]  https://www.ots.at/presseaussendung/OTS 20180731 OTS0006/resolution-der-behindertenwaltschaften-und- antidiskriminierungsstellen-zum-thema-arbeitsunfaehigkeit.

[2]  https://www.ots.at/presseaussendung/OTS 20181210 OTS0107/tag-der-menschenrechte-monitoringausschuss-fordert-inklusion-von- menschen-mit-behinderungen.

[3] https://derstandard.at/2000078563689/Arbeitsunfaehig-Schwerer-Weg-zurueck-in-den-Job.

[4] https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/III/III_00197/imfname_710771.pdf